Hinzelmeier | Page 7

Theodor W. Storm
grundlose Pistole ihres Schusses samt ihrer Vorladung. Die Erde machte einen f��rchterlichen Seitensprung durch den Himmel. Hinzelmeier st��rzte in die Knie; der Teufel aber flog wie eine Bombe durch die Luft, von einem Planetensystem in das andere, wo ihn die Anziehungskraft unseres Weltk?rpers nicht mehr erreichen konnte. Hinzelmeier blickte ihm eine Weile nach; als er aber immer weiter und weiter flog und gar nicht damit aufh?ren wollte, so gingen ihm endlich die Augen ��ber. Sobald daher die Erde sich insoweit beruhigt hatte, da? mit zwei Beinen wieder auf ihr zu stehen war, sprang er auf und blickte um sich her. Zu seinen F��?en g?hnte ihn der schwarze ausgebrannte M?rser an; von Zeit zu Zeit quoll eine Wolke braunen Rauchs heraus und zog sich tr?ge an den Felsen hin. Aber schon brach die Sonne durch den Dunst und vergoldete ��berall die Spitzen des Gesteins. Da nahm Hinzelmeier seine Tabakspfeife aus der Tasche und die blauen Wolken vor sich hinblasend, rief er triumphierend: "Den Stein des Ansto?es habe ich aus der Welt geschossen; wohlan! der Stein der Weisen kann mir nicht entgehen!"
Dann setzte er seine Wanderung fort und Krahirius flog zu seinen H?uptern.

Die Rosenjungfrau
Aber er wanderte hin und her, kreuz und quer, er wurde m��der und m��der, sein R��cken wurde gekr��mmt; aber immer fand er doch den Stein der Weisen nicht. So waren neun Jahre dahingegangen, als er eines Abends in ein Wirtshaus einkehrte, welches am Eingange einer gro?en Stadt gelegen war. Krahirius nahm sich mit der Klaue die Brille herunter und putzte sie an seinen Fl��geln; dann setzte er sie wieder auf und h��pfte in die K��che. Als die Hausleute ihn sahen, lachten sie ��ber seine Brille, nannten ihn? Herr Professor? und warfen ihm die fettsten Bissen vor.
"Wenn Ihr der Herr des Vogels seid", sagte der Wirt zu Hinzelmeier, "so ist nach Euch gefragt worden."
"Freilich bin ich das--" sagte Hinzelmeier.
"Wie hei?t Ihr denn?"
"Ich hei?e Hinzelmeier."
"Ei, ei", sagte der Wirt, "Ihren Herrn Sohn, den Gemahl der sch?nen Frau Abel, den kenne ich recht wohl."
"Das ist mein Vater", sagte Hinzelmeier verdrie?lich, "und die sch?ne Frau Abel ist meine Mutter."
Da lachten die Leute und sagten, der Herr sei au?erordentlich spa?haft. Hinzelmeier aber sah vor Zorn in einen blanken Kessel.
Da starrte ihm ein gr?mliches Angesicht entgegen, voll Runzeln und Hahnepf?tchen und er gewahrte nun wohl, da? er abscheulich alt geworden sei.
"Ja. ja!" rief er und sch��ttelte sich, als gelte es aus einem schweren Traum zu kommen; "wo war es doch? Ich war ja dicht davor." Dann erkundigte er sich bei dem Wirte, wer nach ihm gefragt habe.
"Es war nur eine arme Dirne", sagte der Wirt, "sie trug ein wei?es Kleid und ging mit nackten F��?en."
"Das war die Rosenjungfrau!" rief Hinzelmeier.
"Ja", antwortete der Wirt, "ein Str?u?erm?del mag es wohl sein, sie hatte aber nur noch eine Rose in ihrem K?rbchen."
"Wohin ist sie gegangen?" rief Hinzelmeier.
"Wenn Ihr sie sprechen m��?t", sagte der Wirt, "so werdet Ihr sie schon in der Stadt an einer Stra?enecke finden k?nnen."
Als Hinzelmeier das geh?rt hatte, schritt er eilig zum Hause hinaus und in die Stadt hinein; Krahirius, die Brille auf dem Schnabel, flog kr?chzend hinterher. Es ging aus einer Stra?e in die andere und an allen Ecksteinen standen Blumenm?dchen; aber sie trugen plumpe Schnallenschuhe und boten schreiend ihre Ware feil. Das waren keine Rosenjungfrauen.--Endlich, als schon die Sonne hinter den H?usern hinab war, gelangte Hinzelmeier an ein altes Haus, aus dessen offener T��r ein zartes Leuchten auf die d?mmerige Gasse herausdrang. Krahirius warf den Kopf zur��ck und schlug ?ngstlich mit den Fl��geln; Hinzelmeier aber achtete dessen nicht und trat ��ber die Schwelle in einen weiten Hausflur, der ganz von rotem Schimmer erf��llt war. Tief im Hintergrunde, auf der untersten Stufe einer Wendeltreppe, sah er ein blasses M?dchen sitzen; in einem K?rbchen, das sie auf ihrem Scho?e hielt, lag eine rote Rose, aus deren Kelch das zarte Licht hervorbrach. Das M?dchen schien erm��det; denn sie setzte eben die Lippen von einem irdenen Wasserkruge, der ihr von einem kleinen Knaben mit beiden H?nden vorgehalten wurde. Ein gro?er Hund, der neben ihr an der Treppe lag und wie das Kind, hier zu Hause zu geh?ren schien, legte den Kopf an ihr wei?es Gewand und leckte ihre nackten F��?e.--"Das ist sie!" sagte Hinzelmeier; und seine Schritte wurden unsicher vor Hoffen und Erwarten. Und als die Jungfrau nun ihr Antlitz gegen ihn erhob, da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen und er erkannte mit einem Mal das M?dchen aus der Bauernk��che; nur trug sie heute nicht das bunte Nfieder und das Rot auf ihren Wangen war nur der Abglanz von dem Rosenlichte.
"O du!" rief Hinzelmeier, "nun wird noch alles, alles gut!"
Sie streckte die Arme nach ihm aus; sie wollte l?cheln, aber die Tr?nen sprangen ihr in die Augen. "Wo ist Er denn so lange in der Welt umhergelaufen?" sagte sie.
Und als er nun in ihre
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