Eheherrn bemerkte, welche mit geneigtem Haupte vor dem Schreine niedergekniet waren. Unwillk��rlich hielt er den Atem an, um nicht bemerkt zu werden; und nun h?rte er die Stimmen seiner Eltern in leisem Gesange:
Rinke, ranke, Rosenschein, Tu dich auf, du goldner Schrein! Tu dich auf und schlie? uns ein, Rinke, ranke, Rosenschein!
W?hrend des Gesanges erstarrte in dem Laubwerk das Leben des Gew��rmes; die goldenen T��ren gingen langsam auf und zeigten in dem Innern des Schrankes einen kristallenen Becher, in welchem eine halberschlossene Rose auf schlankem Schafte stand. Allm?hlich ?ffnete sich der Kelch; weiter und weiter, bis eins der schimmernden Bl?tter sich abl?ste und zwischen die Knieenden hinabfiel. Ehe es aber den Boden erreichte, zerstob es klingend in der Luft und f��llte das Gemach mit rosenrotem Nebel. Ein starker Rosenduft quoll durch das Schl��sselloch; der Knabe pre?te sein Auge an die ?ffnung, aber er gewahrte nichts, als dann und wann ein Leuchten, das in der roten D?mmerung aufbrach und wieder verschwand. Nach einer Weile h?rte er Schritte an der T��r; er wollte aufspringen, aber ein heftiger Schmerz an der Stirn raubte ihm die Besinnung.
Die Rose
Als Hinzelmeier aus der Bet?ubung erwachte, lag er in seinem Bette; Frau Abel sa? neben ihm und hielt seine Hand in der ihren. Sie l?chelte, da er die Augen zu ihr aufschlug und der Abglanz einer Rose lag auf ihrem Antlitz. "Du hast zu viel erlauscht, um nicht noch mehr erfahren zu m��ssen", sagte sie. "Nur darfst du f��r heute dein Bett nicht verlassen; aber w?hrenddessen will ich dir das Geheimnis deiner Familie mitteilen. Du bist jetzt gro? genug, um es zu wissen."
"Erz?hle nur, Mutter", sagte Hinzelmeier und legte den Kopf zur��ck in die Kissen; und dann erz?hlte Frau Abel:
"Weit von dieser kleinen Stadt liegt der uralte Rosengarten, von dem die Sage geht, er sei am sechsten Sch?pfungstage mit erschaffen worden. Innerhalb seiner Mauer stehen tausend rote Rosenb��sche, welche nie zu bl��hen aufh?ren; und jedes Mal, wenn in unserem Geschlechte, welches in vielen Zweigen durch alle L?nder der Welt verbreitet, ein Kind geboren wird, springt eine neue Knospe aus den Bl?ttern. Jeder Knospe ist eine Jungfrau zur Pflegerin bestellt, welche den Garten nicht verlassen darf, bis die Rose von dem geholt worden, durch dessen Geburt sie entsprossen ist. Eine solche Rose, welche du vorhin gesehen hast, besitzt die Kraft, ihren Eigent��mer zeitlebens jung und sch?n zu erhalten. Daher vers?umt denn nicht leicht Jemand, sich seine Rose zu holen; es kommt nur darauf an, den rechten Weg zu finden; denn der Eing?nge sind viele und oft verwunderliche. Hier f��hrt es durch einen dicht verwachsenen Zaun, dort durch ein schmales Winkelpf?rtchen, mitunter"--und Frau Abel sah ihren Eheherrn, der eben ins Zimmer trat, mit schelmischen Augen an--"mitunter auch durch's Fenster!"
Herr Hinzelmeier l?chelte und setzte sich neben das Bett seines Sohnes. Dann erz?hlte Frau Abel weiter:
"Auf diese Weise wird die gr??te Zahl der Jungfrauen aus ihrer Gefangenschaft erl?st und verl??t mit dem Besitzer der Rose den Garten. Auch deine Mutter war eine Rosenjungfrau und pflegte sechzehn Jahre lang die Rose deines Vaters. Wer aber an dem Garten vor��bergeht ohne einzukehren, der darf niemals dahin zur��ck; nur der Rosenjungfrau ist es nach dreimal drei Jahren gestattet, in die Welt hinaus zu gehen, um den Rosenherrn zu suchen und sich durch die Rose aus der Gefangenschaft zu erl?sen. Findet sie in dieser Zeit ihn nicht, so mu? sie in den Garten zur��ck und darf erst nach wiederum dreimal drei Jahren noch einmal den Versuch erneuern; aber Wenige wagen den ersten, fast Keine den zweiten Gang; denn die Rosenjungfrauen scheuen die Welt und wenn sie ja in ihren wei?en Gew?ndern hinausgehen, so gehen sie mit niedergeschlagenen Augen und zitternden F��?en; und unter hundert solcher K��hnen hat kaum eine einzige den wandernden Rosenherrn gefunden. F��r diesen aber ist dann die Rose verloren; und w?hrend die Jungfrau zu ewiger Gefangenschaft zur��ckgegangen ist, hat auch er die Gnade seiner Geburt verscherzt und mu? wie die gew?hnliche Menschheit k��mmerlich altern und vergehen.--Auch du, mein Sohn, geh?rst zu den Rosenherren und kommst du in die Welt hinaus, dann vergi? den Rosengarten nicht."
Herr Hinzelmeier neigte sich zur Frau Abel und k��?te ihre seidenen Haare; dann sagte er, freundlich des Knaben andere Hand ergreifend: "Du bist jetzt gro? genug! M?chtest du wohl in die Welt hinaus und eine Kunst erlernen?"
"Ja", sagte Hinzelmeier, "aber es m��?te eine gro?e Kunst sein; so eine, die sonst noch niemand hat erlernen k?nnen!"
Frau Abel sch��ttelte sorgenvoll den Kopf; der Vater aber sagte: "Ich will dich zu einem weisen Meister bringen, der viele Meilen von hier in einer gro?en Stadt wohnt; da magst du dir selbst eine Kunst erw?hlen."
Da war Hinzelmeier zufrieden.
Einige Tage darauf packte Frau Abel einen gro?en Koffer mit unz?hlig vielen Kleidern und Hinzelmeier selber legte noch ein Rasierzeug hinein, damit er den Bart, wenn er k?me, sogleich wieder abschneiden k?nne. Dann fuhr eines Tages der
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