Hansi | Page 5

Ida Frohnmeyer
gro?er, warmer Liebe umfasse. Ach, und sie war ja froh, wenn sie Liebe schenken durfte ...
?Hansi,? sagte Elise, ?komm, Bubele, wir haben dich gesucht, weil man zur Bescherung geht. Du kannst jetzt nicht dableiben, aber dein sch?nes B?umle zünden wir morgen wieder an, gelt??
?Nicht wahr, es ist wundersch?n?? Hansi kletterte von seiner Kiste herunter. Dann fa?te er mit seinem kalten H?ndchen die braune, warme Hand des M?dchens, und als er in ihr gutes Gesicht schaute, kam auch über ihn eine gro?e, helle Freude.
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Die alte Bodenkammer
Wohl jeder tr?gt in sich verborgen die Erinnerung an einen Ort, über dem der Stern der Kindheit mit besonders hellem Glanze leuchtet.
Vielleicht ist es ein Garten, ein weltfremder, drin prunkende Pfingstrosen und hohe Malvenstauden stehen; oder ein trauliches Zimmerchen mit herabgelassenen Vorh?ngen, und man sieht sich selbst klein und schmal an Mutters Knie lehnen und ihren Geschichten lauschen. Wieder zaubert die Erinnerung schneeige Berge, leuchtende Seen oder auch einen alten Hof, eine Scheuer -- eine Bodenkammer.
Sie lag nicht in unserm Haus. Bei uns war alles hell und neu und sauber, sogar auf dem Boden. Aber im Nachbarhaus, schr?g über der Stra?e, war eine richtige alte Bodenkammer, durch deren halbblindes Fenster das Licht nur sp?rlich eindringen konnte. Gegen Abend wurde es daher düster und sch?n gruselig. Man hockte so nahe wie m?glich zusammen auf der riesigen alten Kiste und erz?hlte sich Geistergeschichten, bis einem vor Angst beinahe die Stimme versagte. Ich hatte an unserer K?chin eine sehr ergiebige Quelle und wu?te u. a. von ?den M?dchen, die noch Erbsen einlegen wollten? und von dem fürchterlichen Telegramm ?Habe acht auf den Sarg? zu erz?hlen.
Anni, die ?lteste unserer kleinen Schar, behandelte Hauffs ?Gespensterschiff?. Wir kannten ja die Geschichte l?ngst auswendig, aber Anni sorgte für Variationen, so da? wir immer neuen Grund zum Kreischen fanden.
Die andern zwei erz?hlten nie. Dem dicken Gretchen fiel nichts ein und das kleine Elschen z?hlte noch gar nicht recht mit. Sie mu?te sich überhaupt geschmeichelt fühlen, da? wir gro?en acht- und neunj?hrigen M?dels sie mittun lie?en. Wenn man erst fünf Jahre alt ist und noch nicht einmal lesen kann!
Sie, Klein-Elschen, war übrigens manchmal recht angenehm. Wenn man statt der Puppen gerne ein lebendiges Kindchen gehabt h?tte, lie? sie sich geduldig in einen gro?en Schal wickeln und herumschleppen. Ja, sie nahm sogar mit sichtlichem Vergnügen den Schnuller in den Mund, den wir dem richtigen Baby entwendet hatten. Mit unserer Moral war es überhaupt etwas lax bestellt. Wurde in unserm Haushalt irgend ein Mangel entdeckt, so unternahm das für die Sache am meisten Bef?higte einen Beutezug nach unten, wir nannten es einen Ausgang in die Stadt.
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Die Bodenkammer war sehr ger?umig. Wir hatten uns in einer Ecke ein ganz behagliches Wohnzimmerchen eingerichtet, dessen Hauptstolz ein dreibeiniges Sofa -- an Stelle des vierten Beines stand eine Kiste -- und eine wacklige Kinderbettlade bildete. Wir waren auch im Besitz einer Truhe, deren Deckel so schwer war, da? wir ihn nur mit Lebensgefahr aufheben konnten. Lange war es uns überhaupt nicht gelungen, und wir hatten uns schon darein ergeben, nie etwas von den darin verborgenen Sch?tzen zu Gesicht zu bekommen. Aber einmal packte uns die Neugierde so m?chtig, da? sie uns wahre Riesenkr?fte zu verleihen schien; unter St?hnen und ?chzen gelang es uns, den Deckel zurückzuschlagen. Eine dicke Staubdecke war das erste, was sich den vier neugierig gesenkten Kinderk?pfen darbot. Sie lag über einer Menge Bücher und vergilbter Bl?tter und hatte sich auf einem rundlichen, mit einem Tuch bedeckten Gegenstand, der in der untersten Tiefe sichtbar ward, angesammelt. Was stak wohl unter dem Tuch?
?Ein Ball!? riet das kleine Elschen. ?Ein Goldklumpen!? meinte Gretchen mit bed?chtiger Stimme.
?Wir wollen es herausholen,? schlug Anni vor. ?Steig' du hinein, Mixi, du bist die Dünnste.?
Dagegen lie? sich nichts einwenden. Ich hockte zwischen den staubigen Büchern nieder und fing an, das runde Ding aus seiner Umhüllung zu sch?len. Ich versuchte dabei mit Kopf und Schultern den andern die Aussicht zu verdecken. Mu?te ich in die staubige Kiste kriechen, so wollte ich wenigstens die Entdeckerfreude erst allein genie?en.
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Die letzte Hülle fiel und -- -- ein Totensch?del grinste mich an aus leeren Augenh?hlen ... in dem Oberkiefer staken noch ein paar gelbliche Z?hne.
Ein eisiges Grauen packte mich, aber ich lie? den Sch?del nicht fallen. Langsam, wie von einer unsichtbaren Hand gezogen, richtete ich mich auf und hielt meinen Spielgef?hrten den unheimlichen Fund entgegen.
Anni stie? einen gellenden Schrei aus. Das sonst etwas schwerf?llige Gretchen flüchtete mit ein paar j?hen S?tzen. Nur Elschen blieb stehen und tippte mit seinen rosigen Fingerchen auf den bleichen Sch?del. Sie lachte dazu und sagte: ?Was für ein komischer alter Mann!?
Die kalte Hand des Grauens lie? mich los. Ich lachte, lachte, da? mir beinahe die Tr?nen kamen. Dabei entglitt mir der Sch?del und rollte mit merkwürdigem Ton über den Fu?boden. Elschen hob ihn beinahe mitleidig auf und wickelte ihn in ihr Schürzchen.
Wir drei andern standen etwas
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