Hamlet, Prinz von Dannemark | Page 4

William Shakespeare
du deinen edeln Vater im Staube suchest. Du weissest ja, es ist das allgemeine Schiksal; alle, welche leben, m��ssen sterben--
Hamlet.?Ja, Madame, es ist das allgemeine Schiksal.
K?nigin.?Wenn es denn so ist, warum scheint es dir denn so ausserordentlich?
Hamlet.?Scheint, Madame? Nein, es ist; bey mir scheint nichts. Es ist nicht blo? dieser schwarze Rok, meine liebe Mutter, nicht das Gepr?nge einer Gewohnheits-m?ssigen Trauer, noch das windichte Zischen erk��nstelter Seufzer, nicht das immer-thr?nende Auge, noch das niedergeschlagene Gesicht, noch irgend ein anders ?usserliches Zeichen der Traurigkeit, was den wahren Zustand meines Herzens sichtbar macht. Diese Dinge scheinen, in der That; denn es sind Handlungen, die man durch Kunst nachmachen kan; aber was ich innerlich f��hle, ist ��ber allen Ausdruk; jenes sind nur die Kleider und Verzierungen des Schmerzens.
K?nig.?Es ist ein r��hmlicher Beweis eurer guten Gem��ths-Art, Hamlet, da? ihr euern abgelebten Vater so beweinet: Aber ihr m��sset nicht vergessen, da? euer Vater auch einen Vater verlohr, und dieser Vater den seinigen; den ��berlebenden verband die kindliche Pflicht, mit Ziel und Maa? um seinen verstorbnen zu trauern: Aber in hartn?kiger Betr��bni? immerfort zu beharren, ist unm?nnliche Schwachheit oder gottlose Unzufriedenheit mit den F��gungen des Himmels; ein Zeichen eines ungeduldigen, feigen Gem��ths, oder eines schwachen und ungebildeten Verstandes. Denn warum sollen wir etwas, wovon wir wissen da? es seyn mu?, und da? es so gemein ist als irgend eine von den allt?glichen Sachen die immer vor unsern Sinnen schweben, aus verkehrtem kindischem Eigensinn, zu Herzen nehmen? Fy! Es ist ein Vergehen gegen den Himmel, ein Vergehen gegen den Gestorbnen, ein Vergehen gegen die Natur; h?chst ungereimt in den Augen der Vernunft, welche kein gemeineres Thema kennt, als den Tod von V?tern, und von der ersten Leiche bis zu dem der eben izt gestorben ist, uns immer zugeruffen hat, es m��sse so seyn. Wir bitten euch also, werfet diese zu nichts dienende Traurigkeit in sein Grab, und sehet k��nftig uns als euern Vater an; denn die Welt soll es wissen, da? ihr unserm Thron der n?chste seyd, und da? die Liebe, die der z?rtlichste Vater zu seinem Sohne tragen kan, nicht gr?sser ist als diejenige, welche wir euch gewiedmet haben. Was euer Vorhaben, nach der Schule zu Wittenberg zur��k zu gehen betrift, so stimmt es gar nicht mit unsern W��nschen ein, und wir bitten euch davon abzustehen, und unter unsern liebesvollen Augen hier zu bleiben, unser erster H?fling, unser Neffe, und unser Sohn.
K?nigin.?La? deine Mutter keine Fehlbitte thun, Hamlet; ich bitte dich, bleibe bey uns, geh nicht nach Wittenberg.
Hamlet.?Ich gehorche euch mit dem besten Willen, Madame.
K?nig.?Nun, das ist eine sch?ne liebreiche Antwort; seyd wie wir selbst in D?nnemark! Kommet, Madame; diese gef?llige und ungezwungne Einstimmung Hamlets ist mir so angenehm, da? dieser Tag ein festlicher Tag der Freude seyn soll--Kommt, folget mir--
(Sie gehen ab.)
Dritte Scene.
Hamlet (bleibt allein.)?O da? dieses allzu--allzu--feste Fleisch schmelzen und in Thr?nen aufgel?st zerrinnen m?chte! Oder da? Er, der Immerdaurende, seinen Donner nicht gegen den Selbst-Mord gerichtet h?tte! O Gott! o Gott! Wie ekelhaft, schaal, abgestanden und ungeschmakt kommen mir alle Freuden dieser Welt vor! Fy, fy, mir graut davor! Es ist ein unges?uberter Garten, wo alles in Saamen schie?t, und mit Unkraut und Disteln ��berwachsen ist. Da? es dahin gekommen seyn soll! Nur zween Monate todt! Nein, nicht einmal so viel; nicht so viel--Ein so vortrefflicher K?nig--gegen diesen, wie Apollo gegen einen Satyr: Der meine Mutter so z?rtlich liebte, da? kein rauhes L��ftchen sie anwehen durfte--Himmel und Erde! Warum mu? mir mein Ged?chtni? so getreu seyn? Wie, hieng sie nicht an ihm, als ob selbst die Nahrung ihrer Z?rtlichkeit ihren Hunger vermehre?--und doch, binnen einem Monat--Ich will, ich darf nicht dran denken--Gebrechlichkeit, dein Nam' ist Weib! Ein kleiner Monat! Eh noch die Schuhe abgetragen waren, in denen sie meines armen Vaters Leiche folgte, gleich der Niobe lauter Thr?nen--Wie? Sie--eben sie--(o Himmel! ein vernunftloses Thier w��rde l?nger getraurt haben) mit meinem Oheim verheyrathet--Meines Vaters Bruder; aber meinem Vater gerade so gleich als ich dem Hercules. Binnen einem Monat!--Eh noch das Salz ihrer heuchelnden Thr?nen ihre rothen Augen zu j��ken aufgeh?rt, verheyrathet!--So eilfertig, und in ein blutsch?nderisches Bette!-- Nein, es ist nichts Gutes, und kan zu nichts Gutem ausschlagen. Aber--o brich du, mein Herz, denn meine Zunge mu? ich schweigen heissen.
Vierte Scene.?(Horatio, Bernardo und Marcellus treten auf.)
Horatio.?Heil, Gn?digster Prinz!
Hamlet.?Ich erfreue mich, euch wohl zu sehen--Ihr seyd Horatio, oder ich vergesse mich selbst.
Horatio.?Ich bin Horatio, Gn?diger Herr, und euer dem��thiger Diener auf ewig.
Hamlet.?Sir, mein guter Freund; das soll k��nftig das Verh?ltni? unter uns seyn. Und was f��hrt euch von Wittenberg hieher, Horatio?--Ist das nicht Marcellus? --
Marcellus.?Ja, Gn?digster Herr.
Hamlet.?Ich bin erfreut euch zu sehen; guten Morgen, Sir
(zu Bernardo)
--Aber, im Ernste, Horatio, was bringt euch von Wittenberg hieher?
Horatio.?Ein Ansto? von Landstreicherey, mein Gn?digster Herr.
Hamlet.?Das m?chte ich euern Feind nicht sagen h?ren, auch sollt ihr meinen Ohren die Gewalt nicht anthun, sie zu Zeugen einer solchen Aussage gegen euch
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