Gyges und sein Ring | Page 5

Friedrich Hebbel
mich ehrst, so schl?gst du mir's nicht ab.
Kandaules. Du wei?t nicht, was du tust! Kennst du die Lyder? Ihr Griechen seid ein kluges Volk, ihr la?t Die andern alle spinnen und ihr webt. Das gibt ein Netz, wovon kein einz'ger Faden Euch selbst geh?rt, und das doch euer ist! Wie leicht w?r's zugezogen und wie rasch Die ganze Welt gefangen, wenn der Arm Des Fischers nur ein wenig st?rker w?re, Der es regieren soll. Da aber fehlt's! Ihr k?nnt durch keine Kunst die Nervenstr?nge Uns aus dem Leibe haspeln, darum stellen Wir uns viel blinder, als wir wirklich sind, Und gehn zu unsrem eignen Spa? hinein: Ein kleiner Ruck macht uns ja wieder frei.
Gyges. Wir feiern diese Spiele auch.
Kandaules. Ja, ja! So unter euch! Da ringt der Dorier Mit dem Ionier, und mischt am Ende Gar der B?otier sich mit hinein, So glaubt ihr, Ares selber schaue zu Und merke sich mit Schaudern jeden Streich. Gyges, und wenn du alle Preise dort Errungen h?ttest, warnen m��?t' ich dich, Hier auch nur um den letzten mitzuk?mpfen. Denn wild und blutig ging es immer her, Doch w��rbest du, der Grieche und mein G��nstling, Auch nur um einen Zweig der Silberpappel, Wie man sie heut zu Tausenden verstreut: Du k?mst mit deinem Leben nicht davon.
Gyges. Nun habe ich dein ja, du kannst mir's jetzt Nicht l?nger vorenthalten!
Kandaules. Nimmst du's so? Dann mu? ich schweigen!
Gyges. Herr, ich kam nicht blo?, Zu bitten!
(Er zieht einen Ring hervor.)
Nimm! Es ist ein K?nigsring! Du siehst ihn an, du findest nichts an ihm, Du staunst, da? ich ihn dir zu bieten wage, Du wirst ihn nehmen, wie vom Kind die Blume, Nur um die arme Einfalt nicht zu kr?nken, Die dir sie brach, nicht, weil sie dir gef?llt. Unscheinbar ist er, das ist wahr, und schlicht, Und dennoch kannst du f��r dein K?nigreich Ihn dir nicht kaufen, noch ihn mit Gewalt Trotz aller deiner Macht, dem Tr?ger rauben, Wenn er ihn dir nicht willig reichen will. Tr?gst du ihn so,
(mit Zeichen und Geb?rden)
da? das Metall nach vorn Zu sitzen kommt, so ist er blo? ein Schmuck, Vielleicht auch keiner, aber drehst du ihn So weit herum, da? dieser kleine Stein, Der dunkelrote, um sich blitzen kann, So bist du pl?tzlich unsichtbar und schreitest, Wie G?tter in der Wolke, durch die Welt. Darum verschm?h ihn nicht, denn noch einmal: Es ist ein K?nigsring, und diesen Tag Ersah ich l?ngst, ihn dir zu ��bergeben, Du bist der einz'ge, der ihn tragen darf!
Kandaules. Von unerh?rten Dingen kam auch uns Die Kunde zu, man sprach von einem Weibe, Medea hie? sie, welche K��nste trieb, Die selbst den Mond herab zur Erde zogen, Doch nie vernahm ich noch von diesem Ring. Woher denn hast du ihn?
Gyges. Aus einem Grabe, Aus einem Grabe in Thessalien!
Kandaules. Du hast ein Grab erbrochen und entweiht?
Gyges. Nein, K?nig, nein! Erbrochen fand ich's vor! Ich kroch nur blo? hinein, um mich vor R?ubern Zu bergen, die in gro?er ��berzahl Mir auf der F?hrte waren und mich hetzten, Als ich in abenteuerlichem Triebe Das ?de Waldgebirge j��ngst durchstrich. Die Aschenkr��ge waren umgesto?en, Die Scherben lagen traurig durcheinander, Und in dem falben Strahl der Abendsonne, Der durch die Ritzen des Gem?uers drang, Sah ich ein W?lkchen blassen Staubes schweben, Das vor mir aufstieg, als der letzte Rest Der Toten, und so seltsam mich bewegte, Da? ich, um meinesgleichen, meine V?ter Vielleicht, nicht unwillk��rlich einzuatmen, Den Odem lange anhielt in der Brust.
Kandaules. Nun? Und die R?uber?
Gyges. Hatten meine Spur Verloren, wie's mir schien, denn fern und ferner Verhallten ihre Stimmen, und ich glaubte Mich schon gesichert, wenn ich auch noch nicht Mein d?mmriges Asyl verlie?. Als ich Nun so auf meinen Knieen kauerte, Erblickte ich auf einmal diesen Ring, Der aus dem w��sten Tr��mmerhaufen mir Mit seinem Stein, wie ein Lebendiges, Fast an ein scharfes Schlangen-Auge mahnend, Entgegenfunkelte. Ich hob ihn auf, Ich blies die Asche von ihm ab, ich sprach: "Wer trug dich einst am l?ngst zerst?ubten Finger?" Und, um zu sehen, ob's ein Mann gewesen, Steckt' ich ihn an. Doch das war kaum geschehn, So schrie man drau?en: "Halt! dort mu? er sein! Siehst du das Grab? Heran, heran, Gef?hrten, Wir haben ihn!" und rasch erschien der Trupp. Ich aber, um nicht wehrlos, wie ein Tier, Das man in eine H?hle trieb, geschlachtet Zu werden, sprang hervor und st��rzte ihnen Entgegen, hoch in meiner Hand das Schwert. Die Sonne war dem Untergange nah Und strahlte, wie die Kerze, welche bald Erl?schen soll, noch einmal doppelt hell. Doch sie, als w?r' f��r sie allein die Nacht Schon eingebrochen, st��rmten, grimmig fluchend, An mir vorbei und reihten sich ums Grab. Das ward nun streng durchsucht, und als sie mich Nicht fanden, h?hnten sie: "Was tut's, er trug Wohl auch nichts bei sich, als das trotz'ge Auge, Das uns mit seinem kecken Blick
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