Grevinde | Page 7

Hermann Heiberg
einmal liebt, besitzt sie die Treue eines Kindes und die Opferfreudigkeit eines Engels."
"Also ist sie wirklich das, was ich vermutete--" stie? Graf Axel erfreut heraus.
"Ich danke Ihnen, Frau Gr?fin. Wahrlich, also ein Kleinod, nicht nur sch?ner als fast irgend ein Weib, sondern innerlich von edelster Art, ein nur der Gl?tte bedürfender Diamant--"
"Sie finden Imgjor so sch?n?" fiel die Gr?fin ein.
"Ja, gn?dige Gr?fin! Ich sah nie etwas gleiches, weder auf Bildern, noch im Leben, und ich glaube auch, einem sch?neren weiblichen Wesen kaum je wieder begegnen zu k?nnen--"
"Dann müssen Sie Lucile kennen lernen! Nun, sie kommt ja n?chstens. Da k?nnen Sie sich entscheiden!"
Axel machte eine Verneigung, dann sagte er:
"K?nnen, wollen Sie mir also--ich bitte, noch einmal auf Komtesse Imgjor zurückkommen zu dürfen--bei meiner Werbung behilflich sein, Frau Gr?fin?"
"Natürlich! Doch auf meine Weise und erst, wenn Sie sich wirklich entschieden haben. Es mu? die Bekanntschaft mit Lucile vorangehen. Und eins ist gleich zu sagen, da ich Sie bereits als einen vertrauenswerten Freund betrachte: direkt kann ich Ihnen bei Imgjor nicht helfen!"
"Darf ich den Grund wissen?"
Der Gr?fin Züge ver?nderten sich durch einen Ausdruck von düsterem Ernst. Dann sprach sie in einem sanft gekr?nkten Ton:
"Mich--mich--meidet sie eher, denn da? sie mich sucht--"
"Wie, Frau Gr?fin? Imgjor--Sie--Ich bitte--erkl?ren Sie--?"
Aber was er noch sagen und was sie ihm vielleicht erwidern wollte, wurde nicht gesprochen, weil sich gerade der Graf n?herte und ihnen schon aus der Ferne in d?nischer Sprache einige Worte hinüberrief.
"Hesterne staae beredt!" (Die Pferde stehen bereit!)
Und da es sich um einen Reitausflug nach dem Geh?lz von M?nkegjor handelte, verabschiedeten sie sich sehr bald von der Gr?fin und nahmen den Weg vorn vors Schlo?, woselbst der Reitknecht mit den beiden wei?en Hengsten ihrer wartete.--
* * * * *
Der Rest der Woche und die H?lfte der folgenden verliefen Graf Axel sehr rasch, ja, die Tage flogen f?rmlich dahin. Bald nahm ihn die Gr?fin gefangen, indem sie mit ihm in langen Gespr?chen auf weitausgedehnten Spazierg?ngen philosophierte oder ihn zu einer Partie Schach heranzog. Zu anderer Zeit mu?te er dem Grafen in seine mit vielen interessanten Dingen angefüllten Gem?cher folgen oder Wagen und Reitausflüge mit ihm und dem Grafen Knut unternehmen. Dazwischen lagen die Mahlzeiten mit ihren Leckerbissen, Weinen und anregenden Gespr?chen.
Graf Knut--ein früherer d?nischer Reiteroberst--besa? im Dorf, abseits, ein h?chst malerisch belegenes Herrenhaus mit Garten und Park, das er nebst einem nicht unbedeutenden Kapital von einer verstorbenen Tante geerbt hatte.
Er führte ein sorgenfreies, ?u?erst behagliches Leben und geh?rte zu jenen Menschen, die schon durch ihre blo?e Anwesenheit eine angenehme Atmosph?re um sich verbreiten. Er war ein sehr konzilianter, ma?voll veranlagter Mann, der in allen die Menschheit besch?ftigenden Fragen jederzeit einen vermittelnden Standpunkt einnahm und zudem stets aufgelegt war, sich an den Abwechslungen, die ihm dargeboten wurden, zu beteiligen.
Nicht nur das zu der ungeheuren Herrschaft geh?rende Gebiet: die Vorwerke, die Fischteiche, die Waldungen und die F?rstereien wurden w?hrend dieser Woche durchmessen und in Augenschein genommen, sondern auch das eigentliche Gut mit all' seinen Einzelheiten und das zu dessen Fü?en hingelagerte Kneedeholm.
Dem Prediger, dem Ortsvorsteher und Apotheker, aber auch, aus Gründen kluger Ueberlegung, dem Doktor Prest?, stattete Axel Besuche ab, und wenn der Abend kam, wurde geplaudert, musiziert, etwas vorgelesen oder eine Partie gemacht.
An all' diesem nahm Imgjor garnicht teil oder sie gab nur die Zuh?rerin ab. Entweder hielt sie sich für sich auf ihrem Zimmer auf oder sie durchschweifte, allein oder von einem Reitknecht gefolgt, zu Pferde die Umgegend. Auch machte sie viele Spazierg?nge ins Dorf, besuchte hier die Bauern und fühlte sich unter ihnen offenbar am glücklichsten.
Und da? sie sich so absonderte, ward von ihrer Umgebung als so selbstverst?ndlich angesehen, da? sie auch jetzt bei des Grafen Anwesenheit zu einer Aenderung ihres Verhaltens garnicht angefordert wurde.
Der Graf schien auf demselben Standpunkt wie seine Gemahlin zu stehen.
Eine Ann?herung zwischen ihr und Axel mu?te sich nach und nach ergeben. Jeder Zwang war von Uebel.
Am Freitag der folgenden Woche traf endlich Lucile ein.
Alle fuhren ihr in einem mit zwei schwarzen und zwei wei?en Rennern bespannten, offenen Gef?hrt bis zur Landstra?e entgegen. Sie kam mit der Post, ebenso wie Graf Dehn; sie hatte es so gewollt.
Komtesse Lucile Lavard war eine ungemein schlanke Dame mit einer au?erordentlich vornehmen Haltung. Ihr Gesicht besa? eine vollendete Regelm??igkeit; sie glich einer edlen R?merin, die den Sch?nheitspreis davongetragen. Die Nase war leicht gebogen, die schwarzen Augen glühten in einem dunklen Feuer, die Lippen waren sein geschnitten. Gleich der Abendr?te Anhauch lagen sauste Farben auf den weichen Wangen, und ihre Z?hne blitzten in dem Wei? der Fischgr?te.
Die Gr?fin hatte recht, sie war blendend sch?n und zugleich von einer Liebenswürdigkeit, die etwas wahrhaft Bestrickendes besa?.--
Als man das Schlo? erreicht hatte, zog sich Axel absichtlich zurück und wanderte ins Dorf.
Mitten in diesem lag, zurückgelehnt, der Besitz des Grafen Kunt, ein zweist?ckiges, schneewei? angestrichenes Haus mitten unter Grün und Tannen.
Er fand den Besitzer in seinem Garten bei den Blumen, und nachdem
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