Goetz von Berlichingen | Page 9

Johann Wolfgang von Goethe
zusammen trugen, einander alles waren, und wie ich damals w?hnte, so sollt's unser ganzes Leben sein! War das nicht all mein Trost,, wie mir diese Hand weggeschossen ward vor Landshut, und du mein pflegtest und mehr als Bruder für mich sorgtest? Ich hoffte, Adelbert wird künftig meine rechte Hand sein. Und nun-Weislingen. Oh!
G?tz. Wenn du mir damals gefolgt h?ttest, da ich dir anlag, mit nach Brabant zu ziehen, es w?re alles gut geblieben. Da hielt dich das unglückliche Hofleben und das Schlenzen und Scherwenzen mit den Weibern. Ich sagt es dir immer, wenn du dich mit den eiteln garstigen Vetteln abgabst und ihnen erz?hltest von mi?vergnügten Ehen, verführten M?dchen, der rauhen Haut einer Dritten, oder was sie sonst gerne h?ren: "Du wirst ein Spitzbub", sagt ich, "Adelbert."
Weislingen. Wozu soll das alles?
G?tz. Wollte Gott, ich k?nnt's vergessen, oder es w?r anders! Bist du nicht ebenso frei, so edel geboren als einer in Deutschland, unabh?ngig, nur dem Kaiser untertan, und du schmiegst dich unter Vasallen? Was hast du von dem Bischof? Weil er dein Nachbar ist? dich necken k?nnte? Hast du nicht Arme und Freunde, ihn wieder zu necken? Verkennst den Wert eines freien Rittersmanns, der nur abh?ngt von Gott, seinem Kaiser und sich selbst! Verkriechst dich zum ersten Hofschranzen eines eigensinnigen neidischen Pfaffen!
Weislingen. La?t mich reden.
G?tz. Was hast du zu sagen?
Weislingen. Du siehst die Fürsten an, wie der Wolf den Hirten. Und doch, darfst du sie schelten, da? sie ihrer Leut und L?nder Bestes wahren? Sind sie denn einen Augenblick vor den ungerechten Rittern sicher, die ihre Untertanen auf allen Stra?en anfallen, ihre D?rfer und Schl?sser verheeren? Wenn nun auf der andern Seite unsers teuern Kaisers L?nder der Gewalt des Erbfeindes ausgesetzt sind, er von den St?nden Hülfe begehrt, und sie sich kaum ihres Lebens erwehren: ist's nicht ein guter Geist, der ihnen einr?t, auf Mittel zu denken, Deutschland zu beruhigen, Recht und Gerechtigkeit zu handhaben, um einen jeden, Gro?en und Kleinen, die Vorteile des Friedens genie?en zu machen? Und uns verdenkst du's, Berlichingen, da? wir uns in ihren Schutz begeben, deren Hülfe uns nah ist, statt da? die entfernte Majest?t sich selbst nicht beschützen kann.
G?tz. Ja! ja! Ich versteh! Weislingen, w?ren die Fürsten, wie Ihr sie schildert, wir h?tten alle, was wir begehren. Ruh und Frieden! Ich glaub's wohl! Den wünscht jeder Raubvogel, die Beute nach Bequemlichkeit zu verzehren. Wohlsein eines jeden! Da? sie sich nur darum graue Haare wachsen lie?en! Und mit unserm Kaiser spielen sie auf eine unanst?ndige Art. Er meint's gut und m?cht gern bessern. Da kommt denn alle Tage ein neuer Pfannenflicker und meint so und so. Und weil der Herr geschwind etwas begreift, und nur reden darf, um tausend H?nde in Bewegung zu setzen, so denkt er, es w?r auch alles so geschwind und leicht ausgeführt. Nun ergehn Verordnungen über Verordnungen, und wird eine über die andere vergessen; und was den Fürsten in ihren Kram dient, da sind sie hinterher, und gloriieren von Ruh und Sicherheit des Reichs, bis sie die Kleinen unterm Fu? haben. Ich will darauf schw?ren, es dankt mancher in seinem Herzen Gott, da? der Türk dem Kaiser die Waage h?lt.
Weislingen. Ihr seht's von Eurer Seite.
G?tz. Das tut jeder. Es ist die Frage, auf welcher Licht und Recht ist, und eure G?nge scheuen wenigstens den Tag.
Weislingen. Ihr dürft reden, ich bin der Gefangne.
G?tz. Wenn Euer Gewissen rein ist, so seid Ihr frei. Aber wie war's um den Landfrieden? Ich wei? noch, als ein Bub von sechzehn Jahren war ich mit dem Markgrafen auf dem Reichstag. Was die Fürsten da für weite M?uler machten, und die Geistlichen am ?rgsten. Euer Bischof l?rmte dem Kaiser die Ohren voll, als wenn ihm wunder wie! die Gerechtigkeit ans Herz gewachsen w?re; und jetzt wirft er mir selbst einen Buben nieder, zur Zeit da unsere H?ndel vertragen sind, ich an nichts B?ses denke. Ist nicht alles zwischen uns geschlichtet? Was hat er mit dem Buben?
Weislingen. Es geschah ohne sein Wissen.
G?tz. Warum gibt er ihn nicht wieder los?
Weislingen. Er hat sich nicht aufgeführt, wie er sollte.
G?tz. Nicht wie er sollte? Bei meinem Eid, er hat getan, wie er sollte, so gewi? er mit Eurer und des Bischofs Kundschaft gefangen ist. Meint Ihr, ich komm erst heut auf die Welt, da? ich nicht sehen soll, wo alles hinaus will?
Weislingen. Ihr seid argw?hnisch und tut uns unrecht.
G?tz. Weislingen, soll ich von der Leber weg reden? Ich bin euch ein Dorn in den Augen, so klein ich bin, und der Sickingen und Selbitz nicht weniger, weil wir fest entschlossen sind, zu sterben eh, als jemanden die Luft zu verdanken, au?er Gott, und unsere Treu und Dienst zu leisten, als dem Kaiser. Da ziehen sie nun um mich herum, verschw?rzen mich bei Ihro Majest?t und ihren Freunden und meinen Nachbarn, und spionieren nach Vorteil über mich. Aus dem Wege wollen sie mich
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