Goetz von Berlichingen | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
glaub wohl. Siehst du, da war ein Schneider von Stuttgart, der war ein trefflicher Bogenschütz, und hatte zu K?ln auf'm Schie?en das Beste gewonnen.
Karl. War's viel?
Elisabeth. Hundert Taler. Und darnach wollten sie's ihm nicht geben.
Maria. Gelt, das ist garstig, Karl?
Karl. Garstige Leut!
Elisabeth. Da kam der Schneider zu deinem Vater und bat ihn, er m?chte ihm zu seinem Geld verhelfen. Und da ritt er aus und nahm den K?lnern ein paar Kaufleute weg, und plagte sie so lang, bis sie das Geld herausgaben. W?rst du nicht auch ausgeritten?
Karl. Nein! da mu? man durch einen dicken, dicken Wald, sind Zigeuner und Hexen drin.
Elisabeth. Ist ein rechter Bursch, fürcht sich vor Hexen!
Maria. Du tust besser, Karl! leb du einmal auf deinem Schlo? als ein frommer christlicher Ritter. Auf seinen eigenen Gütern findet man zum Wohltun Gelegenheit genug. Die rechtschaffensten Ritter begehen mehr Ungerechtigkeit als Gerechtigkeit auf ihren Zügen.
Elisabeth. Schwester, du wei?t nicht, was du redst. Gebe nur Gott, da? unser Junge mit der Zeit braver wird, und dem Weislingen nicht nachschl?gt, der so treulos an meinem Mann handelt.
Maria. Wir wollen nicht richten, Elisabeth. Mein Bruder ist sehr erbittert, du auch. Ich bin bei der ganzen Sache mehr Zuschauer, und kann billiger sein.
Elisabeth. Er ist nicht zu entschuldigen.
Maria. Was ich von ihm geh?rt, hat mich eingenommen. Erz?hlte nicht selbst dein Mann so viel Liebes und Gutes von ihm! Wie glücklich war ihre Jugend, als sie zusammen Edelknaben des Markgrafen waren!
Elisabeth. Das mag sein. Nur sag, was kann der Mensch je Gutes gehabt haben, der seinem besten treusten Freunde nachstellt, seine Dienste den Feinden meines Mannes verkauft, und unsern trefflichen Kaiser der uns so gn?dig ist, mit falschen widrigen Vorstellungen einzunehmen sucht.
Karl. Der Vater! der Vater! Der Türner bl?st 's Liedel: "Heisa, mach 's Tor auf."
Elisabeth. Da kommt er mit Beute.
(Ein Reiter kommt.)
Reiter. Wir haben, gejagt! wir haben gefangen! Gott grü? Euch, edle Frauen.
Elisabeth. Habt ihr den Weislingen?
Reiter. Ihn und drei Reiter.
Elisabeth. Wie ging's zu, da? ihr so lang ausbleibt?
Reiter. Wir lauerten auf ihn zwischen Nürnberg und Bamberg, er wollte nicht kommen, und wir wu?ten doch, er war auf dem Wege. Endlich kundschaften wir ihn aus: er war seitw?rts gezogen, und sa? geruhig beim Grafen auf dem Schwarzenberg.
Elisabeth. Den m?chten sie auch gern meinem Mann feind haben.
Reiter. Ich sagt's gleich dem Herrn. Auf! und wir ritten in Haslacher Wald. Und da war's kurios: wie wir so in die Nacht reiten, hüt just ein Sch?fer da, und fallen fünf W?lf in die Herd und packten weidlich an. Da lachte unser Herr und sagte: "Glück zu, liebe Gesellen! Glück überall und uns auch!" Und es freuet' uns all das gute Zeichen. Indem so kommt der Weislingen hergeritten mit vier Knechten.
Maria. Das Herz zittert mir im Leibe.
Reiter. Ich und mein Kamerad, wie's der Herr befohlen hatte, nistelten uns an ihn, als w?ren wir zusammengewachsen, da? er sich nicht regen noch rühren konnte, und der Herr und der Hans fielen über die Knechte her und nahmen sie in Pflicht. Einer ist entwischt.
Elisabeth. Ich bin neugierig, ihn zu sehn. Kommen sie bald?
Reiter. Sie reiten das Tal herauf, in einer Viertelstund sind sie hier.
Maria. Er wird niedergeschlagen sein.
Reiter. Finster genug sieht er aus.
Maria. Sein Anblick wird mir im Herzen weh tun.
Elisabeth. Ah!--Ich will gleich das Essen zurecht machen. Hungrig werdet ihr doch alle sein.
Reiter. Rechtschaffen.
Elisabeth. Nimm den Kellerschlüssel und hol vom besten Wein! Sie haben ihn verdient. (Ab.)
Karl. Ich will mit, Tante.
Maria. Komm, Bursch. (Ab.)
Reiter. Der wird nicht sein Vater, sonst ging' er mit in Stall!
(G?tz. Weislingen. Reitersknechte.)
G?tz (Helm und Schwert auf den Tisch legend). Schnallt mir den Harnisch auf, und gebt mir mein Wams. Die Bequemlichkeit wird mir wohl tun. Bruder Martin, du sagtest recht--Ihr habt uns in Atem erhalten, Weislingen.
Weislingen (antwortet nichts, auf und ab gehend).
G?tz. Seid gutes Muts. Kommt, entwaffnet Euch. Wo sind Eure Kleider? Ich hoffe, es soll nichts verlorengegangen sein. (Zum Knecht.) Frag seine Knechte, und ?ffnet das Gep?cke, und seht zu, da? nichts abhanden komme. Ich k?nnt Euch auch von den meinigen borgen.
Weislingen. La?t mich so, es ist all eins.
G?tz. K?nnt Euch ein hübsches saubres Kleid geben, ist zwar nur leinen. Mir ist's zu eng worden. Ich hatt's auf der Hochzeit meines gn?digen Herrn des Pfalzgrafen an, eben damals, als Euer Bischof so giftig über mich wurde. Ich hatt' ihm, vierzehn Tag vorher, zwei Schiff auf dem Main niedergeworfen. Und ich geh mit Franzen von Sickingen im Wirtshaus zum Hirsch in Heidelberg die Trepp hinauf. Eh man noch ganz droben ist, ist ein Absatz und ein eisen Gel?nderlein, da stund der Bischof und gab Franzen die Hand, wie er vorbeiging, und gab sie mir auch, wie ich hintendrein kam. Ich lacht in meinem Herzen, und ging zum Landgrafen von Hanau, der mir gar ein lieber Herr war, und sagte: "Der Bischof hat mir die Hand geben, ich wett, er hat mich nicht gekannt." Das h?rt'
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