zur andern ruhte
eine alte Lanze in zwei Mauerlöchern, auf welcher sitzend der
schwarze Alektryo Nachts zu schlafen pflegte. Der Hühnerstall war der
einzige Raum in dem alten Schloße, der noch bewohnbar unter Dach
und Fach stand.
Zu Olims Zeiten, wo Dieses und Jenes geschehen ist, war dieses Schloß
eines der herrlichsten und deutlichsten in ganz Deutschland; aber die
Franzosen haben es so übel mitgenommen, daß sie es recht abscheulich
zurückließen. Ihr König Hahnri hatte gesagt, jeder Franzose solle
Sonntags ein Huhn, und wenn keines zu haben sei, ein Hinkel in den
Topf stecken und sich eine Suppe kochen. Darauf hielten sie streng,
und sahen sich überall um, wie jeder zu seinem Huhn kommen könne.
Als sie nun zu Haus mit den Hühnern fertig waren, machten sie nicht
viel Federlesens und hatten bald mit diesem, bald mit jenem Nachbarn
ein Hühnchen zu pflücken. Sie sahen die Landkarte wie einen
Speisezettel an, wo etwas von Henne, Huhn oder Hahn stand, das
strichen sie mit rother Tinte an und giengen mit Küchenmesser und
Bratspieß darauf los. So giengen sie über den Hanebach, steckten
Groß--und Kleinhüningen in den Topf, und kamen dann auch bis in das
Hanauer Land. Als sie nun Gockelsruh, das herrliche Schloß der
Raugrafen von Hanau, im Walde fanden, wo damals der Großvater
Gockels wohnte, statuirten sie ein Exempel, schnitten allen Hühnern
die Hälse ab, steckten sie in den Topf und den rothen Hahn auf das
Dach, das heißt, sie machten ein so gutes Feuerchen unter den Topf,
daß die lichte Lohe zum Dach herausschlug und Gockelsruh darüber
verbrannte. Dann giengen sie weiter nach Hünefeld und Hunhaun und
sind noch lang unterwegs geblieben.
Als sie abgespeist hatten, gieng Gockels Großvater, der mit seiner
Familie und dem Stamm-, Erb--und Wappen-Hahn und Hinkel im
Walde versteckt gewesen, um das Desert zu besehen, es war eine
Wüste. Nichts war ihm geblieben, er konnte sein Schloß nicht mehr
herstellen und übergab es daher gratis an die
Verschönerungs-Commission der vier Jahrszeiten, des Windes und des
Wetters, welche es auch in Jahr und Tag mit Gras und Kraut und Moos
und Epheu und Büschen und Bäumen so reichlich austapezierten, daß
es ein rechtes Paradies aller Waldvögelein und andern Wildpretts
ward.--Er selbst zog nach Gelnhausen und nahm die Stelle eines
Erb-Hühner--und Fasanenministers bei dem dortigen König an. Sein
Sohn trat nach ihm in dieselbe Stelle, und nach dessen Absterben unser
Gockel, der gewiß auch als Hühnerminister mit Tod abgegangen wäre,
wenn ihn nicht sein Menschen--oder vielmehr Hühnergefühl
gezwungen hätte, noch lebendig von Gelnhausen Abschied zu nehmen.
Dieses aber gieng folgendermaßen zu.
Der König Eifrasius von Gelnhausen überließ sich der Leidenschaft des
Eieressens so unmäßig, daß keine Brut Hühner mehr aufkommen
konnte. Dies war gegen den Eid Gockels und gegen das Landesgesetz,
Artikel Hühnerzucht. Gockel machte eine allerunterthänigste
vergebliche Vorstellung nach der andern. Eifrasius errichtete den
rührenden Eierorden verschiedener Grade und ließ von seinem
Leibredner eine Rede dabei halten, die einer Schmeichelei so ähnlich
sah, wie ein Ei dem andern. Er sagte, Eifrasius esse nur allein so viele
Eier, um die Hühner zu vermindern, damit die Franzosen nicht ins
Land kämen. Dabei machte er bekannt, daß man künftig nicht Ihro
Majestät, sondern Ihre Eießtät König Eifrasius sagen solle und vieles
Aehnliche. Auch wußte er sehr viele hinreißende Stellen großer Dichter
in seiner Rede anzubringen, z. B.:
Ein Huhn und ein Hahn, Meine Rede geht an; Eine Kuh und ein Kalb,
Meine Rede ist halb; Eine Katze und eine Maus, Meine Rede ist aus!
und weiter
Ein Ei, un oeuf, Ein Ochs, un boeuf, Une vache, eine Kuh, Fermez la
porte, mach die Thür zu!
womit er den König ganz bezauberte. Nach dieser Rede wurden alle
anwesenden Anhänger und Schmeichler des Königs ganz eigelb im
Gesicht und steckten gelbe Cocarden auf; Gockel von Hanau aber
wurde vor Zorn und Schrecken und Unwill und Schaam ganz grün und
blau und roth, und kriegte ordentlich einen rothen Kamm und schüttelte
den Federbusch, wie ein Hahn, auf seinem bordirten Hut und scharrte
mit den Füßen und hackte mit den Spornen. Da zog der König Eifrasius
eben in der Kirche an ihm vorüber, sah ihn sehr ungnädig an und
sprach: "in Gnaden entlassen, das Hühnerministerium ist bis auf ein
Weiteres aufgehoben."--Somit hatte Gockel seinen Abschied.
Gockel war voll Ehrgefühl, er zeigte sogleich seiner Frau an, daß er am
folgenden Morgen mit ihr und Gackeleia nach seinem Stammschloße
Gockelsruh aus Gelnhausen so wegziehen werde, wie seine Großeltern
hineingezogen waren. Er befahl ihr, jene alten Kleider aus dem Kasten
zu nehmen und im Hühnerministerium zurecht zu legen, wo sie sich
morgen umkleiden wollten. Frau Hinkel war schier untröstlich über die
alten seltsamen Kleider und meinte, alle Hunde würden ihr nachlaufen.
Das Entsetzlichste aber war ihr, daß Gockel am hellen lichten Tage vor
der Wachparade vorbei und über den Gemüßmarkt in diesem Aufzug
aus der Stadt hinaus wollte,
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