sich mit den geistigen Strömungen
bekannt zu machen wünschen, welche draußen in der großen Welt vor
sich gehen, wie ich höre, -- und wo Sie Ihren Sohn so lange umher
ziehen ließen. Aber -- --
=Frau Alving.= Aber --?
=Pastor Manders= (spricht leiser). Aber man spricht nicht darüber, Frau
Alving. Man braucht doch wahrhaftig nicht Allen und Jedem
Rechenschaft über das abzulegen, was man innerhalb seiner vier
Wände liest oder denkt.
=Frau Alving.= Nein, gewiß nicht; dieser Ansicht bin ich auch.
=Pastor Manders.= Bedenken Sie doch nur, welche Rücksichten Sie
diesem Asyl schulden, das Sie zu errichten beschlossen zu einer Zeit,
als Ihre Ansichten über geistige Dinge so grundverschieden waren von
Ihren jetzigen; -- so weit i c h es zu beurtheilen vermag.
=Frau Alving.= Ja, ja, das räume ich vollkommen ein. Aber wir wollten
ja vom Asyl -- -- --
=Pastor Manders.= Wir wollten vom Asyl reden, ja. Also -- Vorsicht,
beste Frau! Und nun gehen wir zu den Geschäften über. (Oeffnet den
Umschlag und nimmt eine Anzahl Papiere heraus.) Sehen Sie diese
hier?
=Frau Alving.= Sind das die Documente?
=Pastor Manders.= Ja, und in vollkommenster Ordnung. Sie können
glauben, es hat schwer gehalten, sie zu rechter Zeit zu bekommen. Ich
habe förmlich eine Pression üben müssen. Die Behörden sind beinahe
peinlich gewissenhaft, wo es sich um Entscheidungen handelt. (Sucht
in dem Papierbündel.) Sehen Sie, hier ist die gerichtlich bestätigte
Uebergabsurkunde des Gehöftes Solvik, Vorwerk des Ritterguts
Rosenvold, mit den darauf befindlichen Neubauten an Häusern,
Schullokalen, Lehrerwohnung und Kapelle. Und hier ist die
Anerkennung der Legate und Stiftungsurkunde. Wollen Sie gefälligst
sehen -- (Liest.) Die Statuten des Kinderasyls »Zu Hauptmann Alvings
ewigem Gedächtnis« --
=Frau Alving= (blickt lange auf das Papier). -- Also d a s ist es.
=Pastor Manders.= Ich habe die Bezeichnung H a u p t m a n n und
nicht Kammerherr gewählt. Hauptmann klingt prunkloser.
=Frau Alving.= Ja, ja; ganz wie Sie meinen.
=Pastor Manders.= Und hier ist das Sparkassebuch über das
rententragende Kapital, welches ausgesetzt ist, um die Betriebskosten
des Asyls zu decken.
=Frau Alving.= Besten Dank; aber haben Sie die Güte, es der
Bequemlichkeit wegen zu behalten.
=Pastor Manders.= Sehr gern. Ich halte es für das Beste, wenn wir das
Geld vorläufig in der Sparkasse liegen lassen. Der Zinsfuß ist zwar
nicht sehr verlockend, vier Procent bei sechsmonatlicher Kündigung.
Wenn man dann später zu einer guten Pfandobligation kommen könnte,
-- es müßte natürlich erste Priorität und ein Papier von unzweifelhafter
Sicherheit sein, -- so könnten wir weiter darüber reden.
=Frau Alving.= Ja, ja, lieber Pastor Manders, alles das verstehn Sie am
besten.
=Pastor Manders.= Auf alle Fälle werde ich die Augen offen halten. --
Und nun noch etwas, über das ich schon mehre Mal mit Ihnen sprechen
wollte.
=Frau Alving.= Und das wäre?
=Pastor Manders.= Soll das Asylgebäude versichert werden oder nicht?
=Frau Alving.= Gewiß muß es versichert werden.
=Pastor Manders.= Sachte, sachte, beste Frau. Betrachten wir die Sache
ein wenig näher.
=Frau Alving.= Ich habe stets alles versichert, sowohl die Gebäude und
den Hausrath wie auch die Scheunenvorräthe und die
Ackergeräthschaften.
=Pastor Manders.= Selbstverständlich. Auf Ihrer eigenen Besitzung.
Das thue auch ich natürlicherweise. Aber sehen Sie, hier ist es eine
ganz andere Sache. Das Asyl soll doch gleichsam einer höheren
Lebensaufgabe geweiht sein.
=Frau Alving.= Ja, aber deshalb -- --
=Pastor Manders.= Für meine eigene Person würde ich natürlich nicht
das Geringste darin finden, wenn wir uns gegen alle Möglichkeiten
sichern --
=Frau Alving.= Nun, das sollte ich auch denken.
=Pastor Manders.= -- aber wie verhält es sich mit der Stimmung des
Volkes hier in der Gegend? Diese müssen Sie ja besser kennen als ich.
=Frau Alving.= Hm -- die Stimmung --
=Pastor Manders.= Giebt es hier eine beträchtliche Anzahl von
Meinungsberechtigten -- von w i r k l i c h Meinungsberechtigten, die
Anstoß daran nehmen könnten?
=Frau Alving.= Ja, was verstehen Sie denn eigentlich unter wirklich
Meinungsberechtigten?
=Pastor Manders.= Nun, ich denke in erster Reihe an Männer, die so
weit in unabhängiger und einflußreicher Stellung sind, daß man nicht
gut unterlassen kann, ihrer Meinung ein gewisses Gewicht beizulegen.
=Frau Alving.= Deren giebt es hier Mehrere, die sich vielleicht daran
stoßen könnten, wenn -- --
=Pastor Manders.= Nun, sehen Sie nur! In der Stadt haben wir eine
ganze Menge von dieser Sorte. Denken Sie nur an all die Anhänger
meines Amtsbruders! Man könnte wirklich leicht dahin kommen es so
aufzufassen, als wenn weder Sie, verehrte Frau, noch ich das rechte
Vertrauen auf eine Vorsehung hätten.
=Frau Alving.= Aber was Sie anbetrifft, lieber Herr Pastor, so wissen
Sie doch für alle Fälle selbst, daß -- --
=Pastor Manders.= Ja, ich weiß, ich weiß; -- ich habe meine gute
Ueberzeugung, das ist wahr. Aber trotzdem würden wir eine falsche
und unvortheilhafte Auslegung nicht hindern können. Und diese könnte
wieder sehr leicht einen hemmenden Einfluß auf
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