Gebete für Israeliten | Page 4

A.A. Wolff
genugsam danken, die du
heute wiederum mir und allen denen, die mir lieb und teuer sind,
erwiesen hast. Du hast nicht nur über meine Schritte gewacht, vor
Gefahren mich beschirmt, zu meinem Werke mich gestärkt, und mit
allem mich gesegnet, dessen ich bedarf, sondern du hast auch mit so
mancher Gabe mich erfreut, mit so mancher Freude mich erquickt; aber
auch selbst durch das, was mir für einen Augenblick Kummer und
Schmerz verursachte, hast du mich zu dir hingezogen und mich
innerlich glückselig gemacht. O! wie demütiget es mich, wenn ich alles
dessen gedenke und dann vor meiner Seele alles das vorüberziehen
lasse, was ich heute gedacht und getan. Wie oft habe ich nicht dein
vergessen, wie oft wurde ich nicht von sündiger Lust erfüllt, für die
meine Seele keinen Raum gehabt, wenn der Gedanke, daß du
allgegenwärtig seiest, und daß du mein Inneres erforschest, mich ganz
erfüllt hätte; ach, und wie wenig geben die Werke, die ich vollführt,
wohl Zeugnis davon, daß ich von Liebe zu dir beseelt bin, die mich
eifrig und treu in meinem Berufe, unverdrossen und liebevoll gegen
meinen Nächsten hätte machen sollen. O, reuevoll schaue ich auf den
verflossenen Tag zurück, und mit aufrichtiger Buße flehe ich um deine
väterliche Vergebung. Ich will daher selbst, ehe mein Auge sich zum
Schlafe schließt, allen denen vergeben, die mir zuwider gehandelt, und
mich zu kränken und zu verletzen gesucht haben. Nimm du mich in
deinen gnädigen Schutz, schenke mir und den Meinigen nächtliche

Ruhe, daß wir durch einen ungestörten und erquickenden Schlaf für den
kommenden Tag gestärkt werden, der dir durch einen gerechten und
frommen Wandel geheiligt sein möge! Ja, laß die Nacht ihren
erquickenden Schatten über alle ausbreiten, daß der Müde und
Bekümmerte Kraft und Trost und der Gekränkte und Leidende
Beruhigung und Stärkung in dem Segen des Schlafes finde; und jedem,
der auf dem Schmerzenslager stöhnend klagt, der in Krankheit oder
Bekümmernis ängstlich fragt:»Ist wohl die Nacht bald vorbei?«[7] dem
führe lindernde Hoffnung, Geduld und inniges Vertrauen auf dich zu,
auf dich, für den »die Nacht leuchtet gleich dem Tage!« Bewahre mich
vor Gefahr und Unglück und laß mich nach der Erquickung der Nacht
mit dem innigen Verlangen, dir zu dienen, erwachen!»In deine Hand
befehle ich meinen Geist, du beschirmst mich, wahrhafter und gnädiger
Gott!«[8]
Amen!
[Fußnote 6: Ps. 25, 5.]
[Fußnote 7: Jes. 21, 11.]
[Fußnote 8: Ps. 139, 12.]

II. Gebete für jeden Tag der Woche.

Am Sonntage.

Morgengebet.
6. Eine neue Woche hast du, o gnadenvoller Vater, für mich erscheinen
lassen, und eine neue Zeit schenkst du mir wieder, um für mein Wohl
zu leben und zu wirken. O, so beseele mich denn mit Ernst und
Freudigkeit, auf daß ich das Werk vollführe, das du mir angewiesen.
Laß mich die neue Woche damit beginnen, daß ich die heiligen

Vorsätze ausführe, die ich gestern gefaßt habe, laß es mir trotz meiner
Schwäche gelingen, durch meine Fürsorge und Arbeit das Wohl meiner
Brüder zu fördern und zum Wohle der menschlichen Gesellschaft
mitzuwirken. Verleihe mir vor allem deinen Beistand, daß ich denen
ein gutes Beispiel gebe, in deren Mitte ich wirke; stärke mich, daß ich
auf reinen Wandel achte, jedes meiner Worte wohl bedenke und auf
jede meiner Handlungen wohl aufmerksam sei, und in der Freude wie
im Schmerze mich als ein gottesfürchtiges und gottergebenes Kind
zeige, das stets deinen Willen zu erfüllen sucht. Stehe mir zur Seite bei
den Mühen und Arbeiten dieser Woche, daß die Mühsal des Tages mir
zum Segen werde, und die Freuden, die du mir bereitest, mich
unaufhörlich erinnern an den Dank, den ich dir schulde. Stärke mich,
daß ich die Widerwärtigkeiten und Unannehmlichkeiten duldend
ertrage und selbst denen mich liebevoll erweise, die mich in dieser
Woche zu betrüben suchen. Lehre mich deine Weisheit anbeten und
deine Güte auch in der schmerzlichen Stunde preisen, die dein Wille
mir auferlegen sollte, und jede glückliche, freudenreiche Stunde im
Irdischen erinnere mich an die Ewigkeit, der ich entgegengehe.
Herr!»laß mit jedem Morgen mich deine Gnade erfahren; denn auf dich
hoffe ich; tue mir den Weg kund, den ich zu wandern habe, denn es
sehnt sich mein Herz nach dir!«[9]
Amen.
[Fußnote 9: Ps. 143, 8.]

Betrachtung über 1. Buch Mosis 1, 3-4.
7. Allmächtiger, allweiser Schöpfer! Am ersten Schöpfungstage nähert
sich meine Seele dir und danket dir, daß du die Finsternis hast
schwinden lassen und wiederum, wie einst, da du über die leblose
Natur das: »Werde Licht!« riefst, mich von deinem Licht umstrahlt sein
läßt, das allem um mich her Kraft spendet und Reiz verleiht. Ach Herr,
mein Gott! du, der du so unendlich bist, der du dich hüllest in Licht wie
in ein Gewand (Ps. 104), zerstreue du die Finsternis, die noch über so
viele ausgebreitet ist, auf daß das Licht der Liebe die Herzen aller

Lebenden erleuchte und erwärme! Hilf
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 56
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.