Faust: Der Tragoedie, part 2 | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
wirkten Grobe Nicht auch
im Lande, Wie kämen Feine Für sich zustande, So sehr sie witzten?
Des seid belehret! Denn ihr erfröret, Wenn wir nicht schwitzten.
PULCINELLE: Ihr seid die Toren, Gebückt geboren. Wir sind die
Klugen, Die nie was trugen; Denn unsre Kappen, Jacken und Lappen
Sind leicht zu tragen; Und mit Behagen Wir immer müßig,
Pantoffelfüßig, Durch Markt und Haufen Einherzulaufen, Gaffend zu
stehen, Uns anzukrähen; Auf solche Klänge Durch Drang und Menge
Aalgleich zu schlüpfen, Gesamt zu hüpfen, Vereint zu toben. Ihr mögt
uns loben, Ihr mögt uns schelten, Wir lassen's gelten.

PARASITEN: Ihr wackern Träger Und eure Schwäger, Die
Kohlenbrenner, Sind unsre Männer. Denn alles Bücken, Bejahndes
Nicken, Gewundne Phrasen, Das Doppelblasen, Das wärmt und kühlet,
Wie's einer fühlet, Was könnt' es frommen? Es möchte Feuer Selbst
ungeheuer Vom Himmel kommen, Gäb' es nicht Scheite Und
Kohlentrachten, Die Herdesbreite Zur Glut entfachten. Da brät's und
prudelt's, Da kocht's und strudelt's. Der wahre Schmecker, Der
Tellerlecker, Er riecht den Braten, Er ahnet Fische; Das regt zu Taten
An Gönners Tische.
TRUNKNER: Sei mir heute nichts zuwider! Fühle mich so frank und
frei; Frische Lust und heitre Lieder, Holt' ich selbst sie doch herbei.
Und so trink' ich! Trinke, trinke! Stoßet an, ihr! Tinke, Tinke! Du
dorthinten, komm heran! Stoßet an, so ist's getan. Schrie mein
Weibchen doch entrüstet, Rümpfte diesem bunten Rock, Und, wie sehr
ich mich gebrüstet, Schalt mich einen Maskenstock. Doch ich trinke!
Trinke, trinke! Angeklungen! Tinke, Tinke! Maskenstöcke, stoßet an!
Wenn es klingt, so ist's getan. Saget nicht, daß ich verirrt bin, Bin ich
doch, wo mir's behagt. Borgt der Wirt nicht, borgt die Wirtin, Und am
Ende borgt die Magd. Immer trink' ich! Trinke, trinke! Auf, ihr andern!
Tinke, Tinke! Jeder jedem! so fortan! Dünkt mich's doch, es sei getan.
Wie und wo ich mich vergnüge, Mag es immerhin geschehn; Laß mich
liegen, wo ich liege, Denn ich mag nicht länger stehn.
CHOR: Jeder Bruder trinke, trinke! Toastet frisch ein Tinke, Tinke!
Sitzet fest auf Bank und Span! Unterm Tisch dem ist's getan.
SATIRIKER: Wißt ihr, was mich Poeten Erst recht erfreuen sollte?
Dürft' ich singen und reden, Was niemand hören wollte.
AGLAIA: Anmut bringen wir ins Leben; Leget Anmut in das Geben.
HEGEMONE: Leget Anmut ins Empfangen, Lieblich ist's, den Wunsch
erlangen.
EUPHRASYNE: Und in stiller Tage Schranken Höchst anmutig sei das
Danken.

ATROPOS: Mich, die älteste, zum Spinnen Hat man diesmal
eingeladen; Viel zu denken, viel zu sinnen Gibt's beim zarten
Lebensfaden. Daß er euch gelenk und weich sei, Wußt' ich feinsten
Flachs zu sichten; Daß er glatt und schlank und gleich sei, Wird der
kluge Finger schlichten. Wolltet ihr bei Lust und Tänzen Allzu üppig
euch erweisen, Denkt an dieses Fadens Grenzen, Hütet euch! Er
möchte reißen.
KLOTHO: Wißt, in diesen letzten Tagen Ward die Schere mir vertraut;
Denn man war von dem Betragen Unsrer Alten nicht erbaut. Zerrt
unnützeste Gespinste Lange sie an Licht und Luft, Hoffnung
herrlichster Gewinste Schleppt sie schneidend zu der Gruft. Doch auch
ich im Jugendwalten Irrte mich schon hundertmal; Heute mich im
Zaum zu halten, Schere steckt im Futteral. Und so bin ich gern
gebunden, Blicke freundlich diesem Ort; Ihr in diesen freien Stunden
Schwärmt nur immer fort und fort.
LACHESIS: Mir, die ich allein verständig, Blieb das Ordnen zugeteilt;
Meine Weife, stets lebendig, Hat noch nie sich übereilt. Fäden kommen,
Fäden weifen, Jeden lenk' ich seine Bahn, Keinen lass' ich
überschweifen, Füg' er sich im Kreis heran. Könnt' ich einmal mich
vergessen, Wär' es um die Welt mir bang; Stunden zählen, Jahre
messen, Und der Weber nimmt den Strang.
HEROLD: Die jetzo kommen, werdet ihr nicht kennen, Wärt ihr noch
so gelehrt in alten Schriften; Sie anzusehn, die so viel übel stiften, Ihr
würdet sie willkommne Gäste nennen. Die Furien sind es, niemand
wird uns glauben, Hübsch, wohlgestaltet, freundlich, jung von Jahren;
Laßt euch mit ihnen ein, ihr sollt erfahren, Wie schlangenhaft verletzen
solche Tauben. Zwar sind sie tückisch, doch am heutigen Tage, Wo
jeder Narr sich rühmet seiner Mängel, Auch sie verlangen nicht den
Ruhm als Engel, Bekennen sich als Stadt- und Landesplage.
ALEKTO: Was hilft es euch? ihr werdet uns vertrauen, Denn wir sind
hübsch und jung und Schmeichelkätzchen; Hat einer unter euch ein
Liebeschätzchen, Wir werden ihm so lang die Ohren krauen, Bis wir
ihm sagen dürfen, Aug' in Auge: Daß sie zugleich auch dem und jenem
winke, Im Kopfe dumm, im Rücken krumm, und hinke Und, wenn sie

seine Braut ist, gar nichts tauge. So wissen wir die Braut auch zu
bedrängen: Es hat sogar der Freund, vor wenig Wochen, Verächtliches
von ihr zu der gesprochen!-- Versöhnt man sich, so bleibt doch etwas
hängen.
MEGÄRA: Das ist nur Spaß! denn, sind sie erst verbunden, Ich nehm'
es auf und weiß; in allen Fällen, Das schönste Glück durch Grille zu
vergällen; Der Mensch
Continue reading on your phone by scaning this QR Code

 / 59
Tip: The current page has been bookmarked automatically. If you wish to continue reading later, just open the Dertz Homepage, and click on the 'continue reading' link at the bottom of the page.