Faust: Der Tragoedie, part 2 | Page 5

Johann Wolfgang von Goethe
nicht münzt, das, meint
ihr, gelte nicht.
KAISER: Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt, Was willst du jetzt
mit deiner Fastenpredigt? Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es
fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.
MEPHISTOPHELES: Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer; Es liegt schon da, doch
um es zu erlangen, Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen? Bedenkt
doch nur: in jenen Schreckensläuften, Wo Menschenfluten Land und
Volk ersäuften, Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte, Sein
Liebstes da--und dortwohin versteckte. So war's von je in mächtiger
Römer Zeit, Und so fortan, bis gestern, ja bis heut. Das alles liegt im
Boden still begraben, Der Boden ist des Kaisers, der soll's haben.
SCHATZMEISTER: Für einen Narren spricht er gar nicht schlecht,
Das ist fürwahr des alten Kaisers Recht.
KANZLER: Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen: Es geht nicht
zu mit frommen rechten Dingen.
MARSCHALK: Schafft' er uns nur zu Hof willkommne Gaben, Ich
wollte gern ein bißchen Unrecht haben.

HEERMEISTER: Der Narr ist klug, verspricht, was jedem frommt;
Fragt der Soldat doch nicht, woher es kommt.
MEPHISTOPHELES: Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich
betrogen, Hier steht ein Mann! da, fragt den Astrologen! In Kreis' um
Kreise kennt er Stund' und Haus; So sage denn: wie sieht's am Himmel
aus?
GEMURMEL: Zwei Schelme sind's--Verstehn sich schon-- Narr und
Phantast--So nah dem Thron-- Ein mattgesungen--Alt Gedicht-- Der
Tor bläst ein--Der Weise spricht--
ASTROLOG: Die Sonne selbst, sie ist ein lautres Gold, Merkur, der
Bote, dient um Gunst und Sold, Frau Venus hat's euch allen angetan,
So früh als spat blickt sie euch lieblich an; Die keusche Luna launet
grillenhaft; Mars, trifft er nicht, so dräut euch seine Kraft. Und Jupiter
bleibt doch der schönste Schein, Saturn ist groß, dem Auge fern und
klein. Ihn als Metall verehren wir nicht sehr, An Wert gering, doch im
Gewichte schwer. Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt, Zum Silber
Gold, dann ist es heitre Welt; Das übrige ist alles zu erlangen: Paläste,
Gärten, brüstlein, rote Wangen, Das alles schafft der hochgelahrte
Mann, Der das vermag, was unser keiner kann.
KAISER: Ich höre doppelt, was er spricht, Und dennoch überzeugt's
mich nicht.
GEMURMEL: Was soll uns das?--Gedroschner Spaß--
Kalenderei--Chymisterei-- Das hört' ich oft--Und falsch gehofft-- Und
kommt er auch--So ist's ein Gauch--
MEPHISTOPHELES: Da stehen sie umher und staunen, Vertrauen
nicht dem hohen Fund, Der eine faselt von Alraunen, Der andre von
dem schwarzen Hund. Was soll es, daß der eine witzelt, Ein andrer
Zauberei verklagt, Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt, Wenn
ihm der sichre Schritt versagt. Ihr alle fühlt geheimes Wirken Der ewig
waltenden Natur, Und aus den untersten Bezirken Schmiegt sich herauf
lebend'ge Spur. Wenn es in allen Gliedern zwackt, Wenn es unheimlich
wird am Platz, Nur gleich entschlossen grabt und hackt, Da liegt der

Spielmann, liegt der Schatz!
GEMURMEL: Mir liegt's im Fuß wie Bleigewicht-- Mir krampft's im
Arme--Das ist Gicht-- Mir krabbelt's an der großen Zeh'-- Mir tut der
ganze Rücken weh-- Nach solchen Zeichen wäre hier Das allerreichste
Schatzrevier.
KAISER: Nur eilig! du entschlüpfst nicht wieder, Erprobe deine
Lügenschäume Und zeig uns gleich die edlen Räume. Ich lege Schwert
und Zepter nieder Und will mit eignen hohen Händen, Wenn du nicht
lügst, das Werk vollenden, Dich, wenn du lügst, zur Hölle senden!
MEPHISTOPHELES: Den Weg dahin wüßt' allenfalls zu finden--
Doch kann ich nicht genug verkünden, Was überall besitzlos harrend
liegt. Der Bauer, der die Furche pflügt, Hebt einen Goldtopf mit der
Scholle, Salpeter hofft er von der Leimenwand Und findet
golden-goldne Rolle Erschreckt, erfreut in kümmerlicher Hand. Was
für Gewölbe sind zu sprengen, In welchen Klüften, welchen Gängen
Muß sich der Schatzbewußte drängen, Zur Nachbarschaft der Unterwelt!
In weiten, altverwahrten Kellern Von goldnen Humpen, Schüsseln,
Tellern Sieht er sich Reihen aufgestellt; Pokale stehen aus Rubinen,
Und will er deren sich bedienen, Daneben liegt uraltes Naß.
Doch--werdet ihr dem Kundigen glauben-- Verfault ist längst das Holz
der Dauben, Der Weinstein schuf dem Wein ein Faß. Essenzen solcher
edlen Weine, Gold und Juwelen nicht alleine Umhüllen sich mit Nacht
und Graus. Der Weise forscht hier unverdrossen; Am Tag erkennen,
das sind Possen, Im Finstern sind Mysterien zu Haus.
KAISER: Die lass' ich dir! Was will das Düstre frommen? Hat etwas
Wert, es muß zu Tage kommen. Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht
genau? Schwarz sind die Kühe, so die Katzen grau. Die Töpfe drunten,
voll von Goldgewicht-- Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht.
MEPHISTOPHELES: Nimm Hack' und Spaten, grabe selber, Die
Bauernarbeit macht dich groß, Und eine Herde goldner Kälber, Sie
reißen sich vom Boden los. Dann ohne Zaudern, mit Entzücken Kannst
du dich selbst, wirst die Geliebte schmücken; Ein leuchtend Farb--und
Glanzgestein erhöht Die Schönheit wie
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