Einige Gedichte | Page 5

Friedrich von Schiller
des Donners schweben Und grenzen an die Sternenwelt, Soll eine Stimme sein von oben, Wie der Gestirne helle Schar, Die ihren Sch?pfer wandelnd loben Und führen das bekr?nzte Jahr. Nur ewigen und ernsten Dingen Sei ihr metallner Mund geweiht, Und stündlich mit den schnellen Schwingen Berühr im Fluge sie die Zeit, Dem Schicksal leihe sie die Zunge, Selbst herzlos, ohne Mitgefühl, Begleite sie mit ihrem Schwunge Des Lebens wechselvolles Spiel. Und wie der Klang im Ohr vergehet, Der m?chtig t?nend ihr entschallt, So lehre sie, da? nichts bestehet, Da? alles Irdische verhallt.
Jetzo mit der Kraft des Stranges Wiegt die Glock mir aus der Gruft, Da? sie in das Reich des Klanges Steige, in die Himmelsluft. Ziehet, ziehet, hebt! Sie bewegt sich, schwebt, Freude dieser Stadt bedeute, Friede sei ihr erst Gel?ute.

Das M?dchen aus der Fremde
In einem Tal bei armen Hirten Erschien mit jedem jungen Jahr, Sobald die ersten Lerchen schwirrten, Ein M?dchen, sch?n und wunderbar.
Sie war nicht in dem Tal geboren, Man wu?te nicht, woher sie kam, Und schnell war ihre Spur verloren, Sobald das M?dchen Abschied nahm.
Beseligend war ihre N?he, Und alle Herzen wurden weit, Doch eine Würde, eine H?he Entfernte die Vertraulichkeit.
Sie brachte Blumen mit und Früchte, Gereift auf einer andern Flur, In einem andern Sonnenlichte, In einer glücklichern Natur.
Und teilte jedem eine Gabe, Dem Früchte, jenem Blumen aus, Der Jüngling und der Greis am Stabe, Ein jeder ging beschenkt nach Haus.
Willkommen waren alle G?ste, Doch nahte sich ein liebend Paar, Dem reichte sie der Gaben beste, Der Blumen allersch?nste dar.

Das M?dchen von Orleans
Das edle Bild der Menschheit zu verh?hnen, Im tiefsten Staube w?lzte dich der Spott; Krieg führt der Witz auf ewig mit den Sch?nen, Er glaubt nicht an den Engel und den Gott; Dem Herzen will er seine Sch?tze rauben, Den Wahn bekriegt er und verletzt den Glauben.
Doch, wie du selbst aus kindlichem Geschlechte, Selbst eine fromme Sch?ferin wie du, Reicht dir die Dichtkunst ihre G?tterrechte, Schwingt sich mit dir den ew'gen Sternen zu. Mit einer Glorie hat sie dich umgeben; Dich schuf das Herz, du wirst unsterblich leben.
Es liebt die Welt, das Strahlende zu schw?rzen Und das Erhabne in den Staub zu ziehn; Doch fürchte nicht! Es gibt noch sch?ne Herzen, Die für das Hohe, Herrliche entglühn. Den lauten Markt mag Momus unterhalten, Ein edler Sinn liebt edlere Gestalten.

Das Spiel des Lebens
Wollt ihr in meinen Kasten sehn? Des Lebens Spiel, die Welt im kleinen, Gleich soll sie eurem Aug erscheinen; Nur mü?t ihr nicht zu nahe stehn, Ihr mü?t sie bei der Liebe Kerzen Und nur bei Amors Fackel sehn.
Schaut her! Nie wird die Bühne leer: Dort bringen sie das Kind getragen, Der Knabe hüpft, der Jüngling stürmt einher, Es k?mpft der Mann, und alles will er wagen.
Ein jeglicher versucht sein Glück, Doch schmal nur ist die Bahn zum Rennen: Der Wagen rollt, die Achsen brennen, Der Held dringt kühn voran, der Schw?chling bleibt zurück, Der Stolze f?llt mit l?cherlichem Falle, Der Kluge überholt sie alle.
Die Frauen seht ihr an den Schranken stehn, Mit holdem Blick, mit sch?nen H?nden Den Dank dem Sieger auszuspenden.

Das verschleierte Bild zu Sais
Ein Jüngling, den des Wissens hei?er Durst Nach Sais in ?gypten trieb, der Priester Geheime Weisheit zu erlernen, hatte Schon manchen Grad mit schnellem Geist durcheilt, Stets ri? ihn seine Forschbegierde weiter, Und kaum bes?nftigte der Hierophant Den ungeduldig Strebenden. "Was hab ich, Wenn ich nicht alles habe?" sprach der Jüngling, "Gibts etwa hier ein Weniger und Mehr? Ist deine Wahrheit wie der Sinne Glück Nur eine Summe, die man gr??er, kleiner Besitzen kann und immer doch besitzt? Ist sie nicht eine einzge, ungeteilte? Nimm einen Ton aus einer Harmonie, Nimm eine Farbe aus dem Regenbogen, Und alles, was dir bleibt, ist nichts, solang Das sch?ne All der T?ne fehlt und Farben."
Indem sie einst so sprachen, standen sie In einer einsamen Rotonde still, Wo ein verschleiert Bild von Riesengr??e Dem Jüngling in die Augen fiel. Verwundert Blickt er den Führer an und spricht: "Was ists, Das hinter diesem Schleier sich verbirgt?" "Die Wahrheit", ist die Antwort.--"Wie?" ruft jener, "Nach Wahrheit streb ich ja allein, und diese Gerade ist es, die man mir verhüllt?"
"Das mache mit der Gottheit aus", versetzt Der Hierophant. "Kein Sterblicher, sagt sie, Rückt diesen Schleier, bis ich selbst ihn hebe. Und wer mit ungeweihter, schuldger Hand Den heiligen, verbotnen früher hebt, Der, spricht die Gottheit--"--"Nun?"-- "Der sieht die Wahrheit."
"Ein seltsamer Orakelspruch! Du selbst, Du h?ttest also niemals ihn gehoben?" "Ich? Wahrlich nicht! Und war auch nie dazu Versucht."--"Das fass ich nicht. Wenn von der Wahrheit Nur diese dünne Scheidewand mich trennte--" "Und ein Gesetz", f?llt ihm sein Führer ein. "Gewichtiger, mein Sohn, als du es meinst, Ist dieser dünne Flor--für deine Hand Zwar leicht, doch zentnerschwer für dein Gewissen."
Der Jüngling ging gedankenvoll nach Hause, Ihm raubt des Wissens brennende Begier Den Schlaf, er w?lzt sich
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