des Grafen auf den Sprechenden. Aber zum Glück bemerkte Teut ihn nicht, und als die M?nner nach l?ngerer Auseinandersetzung schieden, ging jener unter dem Eindruck, da? Clairefort, selbst machtlos zum Handeln, die dargebotene Hand aufs dankbarste ergriffen habe.
Wohlan denn! Teut war beiden n?her getreten als kaum anderen Menschen je zuvor; er liebte Ange und die Kinder, die deshalb ein Recht auf ihn gewonnen hatten. Er wollte handeln--handeln wie ein Mann, aber auch wie ein kluger, besonnener Mann!
* * * * *
Seit Stunden ging Teut in seinem Zimmer auf und ab. Immer neue Gedanken durchkreuzten sein Gehirn. Oft warf er sich in einen Stuhl, schlug nach seiner Gewohnheit, wenn ihn etwas erregte, heftig mit den Hacken seiner Reitstiefel aneinander und strich lebhaft seinen langen, blonden Schnurrbart. Die Backenknochen seines stark markierten, mageren Gesichtes traten scharf hervor, und fortw?hrend lie? er das Glas, das in seinem linken Auge steckte, fallen, um es im n?chsten Augenblick wieder an seinen Platz zu schieben. Wenn dies, der neueren Zeit angeh?rende Monocle nicht sein Gesicht verunziert, und wenn er nicht den Husarenrock getragen h?tte, würde man geglaubt haben, einen Ritter früherer Zeiten vor sich zu sehen. Diese hohe, wettergebr?unte und schon etwas stark gefurchte Stirn, diese blitzenden, unheimlich kühnen Augen, dieser sarkastische Mund und dieser halbschlanke, gro?e, starke, geschmeidige K?rper erinnerten an die Gestalt eines Recken vergangener Jahrhunderte.
"Der Teufel werde klug aus der Geschichte!" murmelte er, endlich sein Sinnen unterbrechend, griff in eine Kiste mit schweren Cigarren, entzündete eine, verschluckte den Rauch und stie? ihn in einer m?chtigen S?ule wieder von sich.
In diesem Augenblick ?ffnete sein Diener Jamp die Thür und überreichte die Rechnung eines Blumenh?ndlers in H?he von einigen hundert Thalern. Es war der aufgesummte Betrag für die frischblühenden Bouquets, welche Ange ausnahmslos jeden Tag in ihren Zimmern fand. Teut prüfte, zog das Schubfach und fügte der Zahlung ein reichliches Trinkgeld bei. Nun schlo? sich wieder die Thür und nun waren auch Teuts Gedanken wieder bei Ange. Er rief sich die letzte Unterredung mit Clairefort ins Ged?chtnis zurück und alles das, was vorhergegangen war. Oft erschien ihm wie ein Traum, was er in den letzten zehn Monaten erlebt, vornehmlich das, was er an sich selbst erfahren hatte.
Als jüngerer Offizier, kurz bevor ihm das Verm?gen seines Vaters und seiner Geschwister zugefallen war, hatte er um ein junges M?dchen aus bürgerlichem Stande geworben und seine Heiratspl?ne unter Umst?nden aufgeben müssen, die ihm das weibliche Geschlecht ver?chtlich gemacht hatten. Er sah fortan in den Frauen nur ein Spielzeug, fast weniger als das.
Nun war er Ange Clairefort begegnet und liebte sie nach acht Tagen mit einer brennenden Leidenschaft.
Wenige Tage nach dem erw?hnten Gespr?ch ritt er mit Ange aus. Es war ein wundervoller Herbsttag, einer jener Tage, an denen Frühling und Sommer noch einmal auf die verlangende Erde zurückzueilen und alle ihre Sch?nheit reifer und gemilderter zugleich über die Welt auszustr?men scheinen.
Die Sonne funkelte in den B?umen, verwandelte mattes Gelb in gl?nzendes Gold und braune Bl?tter in goldkupfernes Metall. Die ganze Natur durchstr?mte sie mit einer durchsichtigen Helle, mit einer Klarheit, als sei jedes unreine St?ubchen von erfrischenden Lüften fortgeweht, und als seien diese selbst herabgestiegen aus kühlen, stillen Himmelsh?hen.
Teut war kein Mensch, der sich jemals in Gefühls?u?erungen erging. Er empfand alles Sch?ne und Gute, aber es lag nicht in seiner Natur oder es fehlte ihm der Drang, seine Empfindungen in Worte zu übersetzen.
Anders Ange. Die sanften Farben auf ihren Wangen glühten, sie sog die Luft ein, hielt das seit einer Viertelstunde rasch dahintrabende Pferd an und warf einen fragenden Blick auf ihren Begleiter. Sie hatten, seitdem sie das Haus verlassen, kein Wort gewechselt. Niemals war Teut so stumm gewesen wie heute.
"Drüben!" sagte er und zeigte auf ein kleines unter den B?umen verstecktes H?uschen. Er hielt nicht, wie Ange, sein Pferd an.
"Weiterreiten?" fragte sie, als ob sie ihn nicht verstanden. Sie ?rgerte sich über seine formlose Art, die sie ihm schon h?ufig im stillen vorgeworfen hatte. Teut nickte, ohne etwas hinzuzufügen.
So erreichten sie beide--Ange in einer etwas unbehaglichen Stimmung--das Wirtshaus. Ehe der Stallknecht herbeieilen konnte, war Teut herabgesprungen und hatte Ange vom Pferde gehoben. Es war, als ob Christophorus das Jesukindlein über den Flu? tragen wolle. Wie ein zartes Püppchen lag sie ihm im Arm, und wie ein Riese setzte er sie nieder.
"Drüben ist eine herrliche Aussicht. Wollen wir gehen?" fragte er artig und reichte ihr den Arm.
Aber sie dankte, schürzte das Reitkleid und schritt neben ihm durch einen linksseitig einbiegenden, mit B?umen besetzten Weg. Nach wenigen Augenblicken berührten sie eine Kirche und einen Gottesacker. Es sah recht verwildert dort aus. Aus der zerbrochenen eisernen Einfriedigung hingen Schlingpflanzen in den Farben des Herbstes, und Unkraut wucherte auf den Gr?bern. Dann stiegen sie eine leichte Anh?he empor und schritten auf einen Eichenwald zu. Kleines, kurzes Gebüsch dr?ngte sich über den Fu?pfad, es ging unregelm??ig bergauf, bergab.
Endlich umfing sie der Herbstwald und
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