Ein Ring | Page 6

Paul Heyse
seligste Zeit meines Lebens.
Auch dadurch wurde das Gl��ck nicht etwa getr��bt, da? ich mir Vorw��rfe gemacht h?tte. Ich verstand nicht, da? es S��nde h?tte sein k?nnen, das Liebensw��rdige zu lieben und das Sch?ne sch?n zu finden. Meinen Pflichten als Gattin und Mutter wurde ich darum nicht untreu, wenn ich in dem Umgang mit diesem reizenden jungen Freunde mein Herz lebhafter schlagen f��hlte. Ich wollte und hoffte auch wirklich nichts weiter, als da? es immer so fortgehen m?chte, er einen Tag wie den andern ��ber meine Schwelle treten, um sich dann zu mir zu setzen und eine Stunde lang ganz ernsthaft mit mir zu plaudern. Ich h?re noch, wie er beim Eintreten sagte: Guten Tag, Madame Herz. Wie geht es ihnen? Und dann beim Scheiden: Leben Sie wohl! Auf Wiedersehen!
Das waren die einzigen deutschen S?tze, die ich ihm beigebracht hatte, und die er mit so drolligem Akzent von sich gab, da? die unartigen M?dchen immer dar��ber lachten.
Und so ging der Winter hin. Keines von uns machte sich Gedanken ��ber die Zukunft.
Ende M?rz aber kam das Ungl��ck.
Es war bei einem Diner im Hause Guaita, zu dem auch die Herren von der franz?sischen Gesandtschaft geladen waren. Die Frau vom Hause, die mein Faible f��r ihn kannte, hatte ihm den Platz neben mir angewiesen. Ich erschrak aber heftig, als er mir den Arm bot, mich zu Tisch zu f��hren.
Denn er war totenbla?, und auf meine Frage, ob er sich krank f��hle, sch��ttelte er nur stumm den Kopf. Erst als wir nebeneinander Platz genommen hatten, fl��sterte er mir zu, er habe vor einer Stunde sein Todesurteil vernommen. Sein Chef habe ihm mitgeteilt, da? er, der Gesandte, nach Konstantinopel versetzt sei. Er, Gaston, m��?te schon in der folgenden Nacht dorthin vorausreisen, um allerhand Pr?liminarien abzumachen und gewisse Weisungen f��r das Gesandtschaftshotel pers?nlich zu ��berbringen. Leider k?nne der Gesandte ihm nur vierundzwanzig Stunden bewilligen, um sich zur Abreise zu r��sten und sein Zelt in Frankfurt abzubrechen.
Du kannst denken, lieb Kind, wie diese Er?ffnung auf mich wirkte. Ich war einer Ohnmacht nahe, und nur ein Glas Sherry, das Gaston mich auszutrinken n?tigte, gab mir wieder ein wenig Contenance.
Aber der Rest des Diners verlief so traurig, wie eine Henkersmahlzeit. Wir sprachen fast nichts miteinander und a?en kaum einen Bissen. Zuletzt kamen wir ��berein, da? er morgen noch einmal kommen sollte, um Abschied zu nehmen. Am n?chsten Abend war eine Soiree, ich entsinne mich nicht, bei wem, nur da? schon ausgemacht war, Herz sollte diesmal die M?dchen hinbegleiten und ich zu Hause bleiben. Um halb neun fuhren sie zusammen fort. Wenn Gaston um neun kam, traf er mich allein, und da er um zehn zu seinem Chef bestellt war, um noch Briefe und Depeschen in Empfang zu nehmen, blieb eine volle Stunde, die uns geh?rte. Ich werde Ihnen Briefe an Wiener Damen mitgeben, mit denen ich befreundet bin: Frau Arnstein und Eskeles und die Baronin Pereira. Da Sie sich einige Zeit in der Kaiserstadt aufhalten sollen, kann Ihnen die Einf��hrung bei diesen sehr angesehenen Damen vielleicht irgendwie n��tzlich sein, und jedenfalls wird es Ihnen wohltun, mit irgend jemand von Ihrer alten Frankfurter Freundin sprechen zu k?nnen.
So ��berstanden wir dies martervolle Diner. Aber die folgende Nacht und der Tag darauf vermehrten nur meinen Schmerz, der manchmal zu v?lliger Verzweiflung wurde. Jetzt erst kam mir so recht zum Bewu?tsein, da? ich ihn liebte, immer geliebt hatte, und wie ich ihn liebte! Von ihm getrennt zu werden, stand mir vor Augen wie der schlimmste Tod, mein Leben hernach wie eine W��ste, in der nichts Gr��nes, Tr?stliches f��r mich sprie?en k?nnte!
Und so schrieb ich die Empfehlungsbriefe unter str?menden Tr?nen und erwartete die letzte Stunde wie eine zum Tode Verurteilte.
Um halb neun kam Herz mit den Kindern, mir gute Nacht zu sagen. Sie fanden mich bla? und angegriffen. Du hast Fieber, Frau, sagte Herz. Du mu?t fr��h zu Bett gehen.--Freilich hatte ich den ganzen Tag wie im Fieber zugebracht, es brannte und gl��hte mir im Blut, wenn ich an den Abend dachte, an den Abgrund, in den mich's dann fortrei?en konnte. Aber obwohl mir bei dem Gedanken schwindelte, f��rchtete ich's doch nicht und sehnte es herbei. Mir war wie einem Fieberkranken, der am Rande eines tiefen Meeres hingeht. Blo? um sich endlich zu k��hlen, m?cht' er sich hineinst��rzen, wenn ihm die Wellen auch ��ber den Kopf zusammenschl��gen, da? er in eine bodenlose Tiefe vers?nke.
Gleich nachdem die anderen fortgefahren waren--ich lag auf dem Sofa und z?hlte die Minuten--, da klopft's. Ich fahre auf und denke: Sollt' er's schon sein?--Ich hatte meiner Kammerjungfer gesagt, ich sei f��r niemand zu Hause, blo? wenn der Vicomte k?me, der verreise, und ich h?tte ihm noch Briefe mitzugeben.--Aber wie ich Herein! rufe und die T��r sich ?ffnet, wer tritt ��ber die Schwelle? Der Ebi.
Sie haben mir erlaubt, Madame Herz, wenn ich mit dem Trauerspiel fertig w?r', sollt' ich kommen und's Ihnen
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