Ein Ring | Page 3

Paul Heyse
Hand--und darum will ich ihm, als ein Muster von nachsichtigem Ehemann, den Gefallen tun und er mag im Hause bleiben, bis er mal was ganz Verr��cktes anstellt und dich durch seine Narrheit kompromittiert. Dann hat er sich's selbst zuzuschreiben, wenn wir geschiedene Leute sind.
Der Ebi aber nahm sich wohl in acht, irgend so was anzustellen, was mir auch nur unbequem gewesen w?re.
Er sa? die meiste Zeit ganz still in seinem St��bchen, das wir ihm einger?umt hatten, las durch eine gro?e Brille in allerlei hebr?ischen Schriften, denn bevor er die Kaufmannschaft lernte, war er ein Bocher gewesen und wu?te im Talmud Bescheid, und dazwischen schrieb er allerlei auf gro?en Bogen, was er niemand zeigte. Marianne behauptete, er mache Gedichte. Ich f��rchtete, wenn ich ihn danach fragte, w��rde er sie mir zeigen wollen, und sie seien am Ende an mich gerichtet.
��brigens machte er sich im Hause n��tzlich, wo er nur konnte, f��hrte meinen Viktor spazieren, blieb, wenn die T?chter Musikstunden hatten, als Anstandsw?chter dabei und lie? sich zu jeder Kommission, die ihm einer auftrug, bereit finden, so da? wir ohne unseren alten Ebi ein paar Dienstboten mehr h?tten halten m��ssen. Er a? nie mit uns, sondern in einem kleinen koscheren Gasthause, da er die Speisegesetze hielt, und nur zum Tee kam er manchmal, wo er dann immer sehr reinlich gekleidet erschien, in einem langen schwarzen Rock, der ein bi?chen an den Kaftan oder Schubbiz erinnerte, wie ihn die richtigen polnischen Juden tragen, eine wei?e Krawatte umgekn��pft, das Haar sorgf?ltig frisiert. Sch?n sah er dann erst recht nicht aus, eher komisch, aber bei alledem auch wieder ehrw��rdig, mit der gro?en Nase in dem glattrasierten gelblichen Gesicht, dem feinen blassen Munde und den kleinen, tiefliegenden Augen, die aber, wenn er sich einmal in Eifer sprach, ganz merkw��rdig leuchteten.
Man f��hlte ��berhaupt, da? ein ganz eigener Geist in ihm steckte, der die Menschen gr��ndlich durchschaute, und vor vielem, was der gro?en Menge imponiert, gar keinen Respekt hatte, am wenigsten vor dem goldenen Kalbe. So gesteh' ich auch, da? mir seine stumme Huldigung heimlich schmeichelte und ich jede Gelegenheit ergriff, mich g��tig gegen ihn zu erweisen. Er nahm es als eine besondere Ehre auf, da? ich ihn bat, sich in mein Stammbuch einzuschreiben. Am anderen Tage brachte er mir's wieder, ich las, was er geschrieben, in seiner Gegenwart: "Werde, was du bist, dann bist du, was n?tig ist." Er war aber nicht zu bewegen, mir den Sinn, der mir dunkel blieb, zu erkl?ren. Herz lachte wieder, da ich's ihm zeigte. Er sagte aber nur, es sei die feinste Schmeichelei, und ich w��rde eitel werden, wenn ich's verst��nde.
Damals hatte ich eine Haush?lterin, Mamsell Zipora, keine ��ble Person und nicht viel ��ber vierzig, die sich in der Zeit, wo sie in unserm Dienste stand, auf rechtem oder unrechtem Wege ein ganz artiges S��mmchen erspart, auch eine Erbschaft zu erwarten hatte. Die hatte sich's in den Kopf gesetzt, den Ebi zu heiraten, und ich beg��nstigte ihr Projekt, da mir's doch manchmal unheimlich war, wenn die Augen meines Verehrers so schw?rmerisch auf mich gerichtet waren, wie die Katholen (so sagte die Tante immer f��r die Katholiken) zu ihrer Gottesmutter aufblicken. Ebi aber blieb unersch��tterlich. Wenn das gute Wesen ihre Karten gar zu offen vor ihn hinlegte, mit Schmeicheln und Streicheln und allerhand aufdringlichen Liebesdiensten wie ein K?tzchen um ihn herumstrich, zog er die dicken, schwarzen Brauen zusammen und sagte im Tone des tiefsten Abscheues: Ich bitt' Sie, Mamsell Zipora, kriechen Sie von mer 'runter!
Worauf die so schn?de Abgewiesene mit einem Ausrufe heftigster Kr?nkung fortrannte, ohne jedoch die Belagerung ein f��r allemal aufzugeben.
Ich machte ihm einmal Vorstellungen ��ber seine Herzensk?lte. Er sah mich wehm��tig an. Madame Herz, sagte er, verzeihen Sie, jeder Mensch hat sein Schicksal. Den meisten kommt's von b?sen Menschen, ich hab' meine Not mit den guten--die mir nicht lassen meine Ruh'. Was ich lieb', das bekomme ich nicht, und was mich liebt, das mag ich nicht. Glauben Sie, Madame Herz: Wenn der Mensch ein Schlemihl ist, nimmt sich der Ungl��ck en K��tsch und fahrt em nach.
Die Marianne, die ihn einmal in seinem Zimmer aufgesucht hatte mit irgendeinem Auftrage, erz?hlte mir sehr belustigt, sie habe ihn beim Schreiben an einem gro?en Hefte betroffen und wohl gesehen, da? es Verse seien mit dazwischengeschriebenen Namen, und habe ihn gefragt, was f��r ein St��ck er dichte. Er habe es ihr aber nicht gestehen wollen.
Beim n?chsten Begegnen fragt' ich ihn selbst darum. Da er mir nun nichts abschlagen konnte, gestand er mit einem sch��chternen Err?ten, es sei ein Trauerspiel, die Tochter Jephthas, das dichte er aber nicht, um es irgendeinem Theater anzubieten, da er wohl wisse, er verstehe sich nicht auf die richtige dramatische Kunst, sondern nur f��r sich, zu seinem eignen Vergn��gen.
Das m��ssen Sie uns aber mitteilen, Ebi, sagt' ich. Wenn's fertig ist, m��ssen Sie mir's vorlesen. Versprechen Sie mir's!
Er err?tete noch tiefer,
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