legen auch
immer die Uniform aus der Gegend des anderen an. Also nun nicht
ängstlich ... rasch, rasch, ich fliege aus, und neben der Bank hier ist
frei.«
Hulda wollte noch ein paar Einschränkungen machen, aber Effi war
schon den nächsten Kiesweg hinauf, links hin, rechts hin, bis sie mit
einem Male verschwunden war.
»Effi, das gilt nicht; wo bist du? Wir spielen nicht Versteck, wir spielen
Anschlag«, und unter diesen und ähnlichen Vorwürfen eilten die
Freundinnen ihr nach, weit über das Rondell und die beiden seitwärts
stehenden Platanen hinaus, bis die Verschwundene mit einem Male aus
ihrem Versteck hervorbrach und mühelos, weil sie schon im Rücken
ihrer Verfolger war, mit »eins, zwei, drei« den Freiplatz neben der
Bank erreichte.
»Wo warst du?«
»Hinter den Rhabarberstauden; die haben so große Blätter, noch größer
als ein Feigenblatt ...«
»Pfui ...«
»Nein, pfui für euch, weil ihr verspielt habt. Hulda, mit ihren großen
Augen, sah wieder nichts, immer ungeschickt.« Und dabei flog Effi
von neuem über das Rondell hin, auf den Teich zu, vielleicht weil sie
vorhatte, sich erst hinter einer dort aufwachsenden dichten
Haselnußhecke zu verstecken, um dann, von dieser aus, mit einem
weiten Umweg um Kirchhof und Fronthaus, wieder bis an den
Seitenflügel und seinen Freiplatz zu kommen. Alles war gut berechnet;
aber freilich, ehe sie noch halb um den Teich herum war, hörte sie
schon vom Hause her ihren Namen rufen und sah, während sie sich
umwandte, die Mama, die, von der Steintreppe her, mit ihrem
Taschentuch winkte. Noch einen Augenblick, und Effi stand vor ihr.
»Nun bist du doch noch in deinem Kittel, und der Besuch ist da. Nie
hältst du Zeit.«
»Ich halte schon Zeit, aber der Besuch hat nicht Zeit gehalten. Es ist
noch nicht eins; noch lange nicht«, und sich nach den Zwillingen hin
umwendend (Hulda war noch weiter zurück), rief sie diesen zu: »Spielt
nur weiter; ich bin gleich wieder da.«
Schon im nächsten Augenblick trat Effi mit der Mama in den großen
Gartensaal, der fast den ganzen Raum des Seitenflügels füllte.
»Mama, du darfst mich nicht schelten. Es ist wirklich erst halb. Warum
kommt er so früh? Kavaliere kommen nicht zu spät, aber noch weniger
zu früh.«
Frau von Briest war in sichtlicher Verlegenheit; Effi aber schmiegte
sich liebkosend an sie und sagte: »Verzeih, ich will mich nun eilen; du
weißt, ich kann auch rasch sein, und in fünf Minuten ist Aschenputtel
in eine Prinzessin verwandelt. So lange kann er warten oder mit dem
Papa plaudern.«
Und der Mama zunickend, wollte sie leichten Fußes eine kleine eiserne
Stiege hinauf, die aus dem Saal in den Oberstock hinaufführte. Frau
von Briest aber, die unter Umständen auch unkonventionell sein konnte,
hielt plötzlich die schon forteilende Effi zurück, warf einen Blick auf
das jugendlich reizende Geschöpf, das, noch erhitzt von der Aufregung
des Spiels, wie ein Bild frischesten Lebens vor ihr stand, und sagte
beinahe vertraulich: »Es ist am Ende das beste, du bleibst, wie du bist.
Ja, bleibe so. Du siehst gerade sehr gut aus. Und wenn es auch nicht
wäre, du siehst so unvorbereitet aus, so gar nicht zurechtgemacht, und
darauf kommt es in diesem Augenblick an. Ich muß dir nämlich sagen,
meine süße Effi ...«, und sie nahm ihres Kindes beide Hände, »... ich
muß dir nämlich sagen ...«
»Aber Mama, was hast du nur? Mir wird ja ganz angst und bange.«
»... Ich muß dir nämlich sagen, Effi, daß Baron Innstetten eben um
deine Hand angehalten hat.«
»Um meine Hand angehalten? Und im Ernst?«
»Es ist keine Sache, um einen Scherz daraus zu machen. Du hast ihn
vorgestern gesehen, und ich glaube, er hat dir auch gut gefallen. Er ist
freilich älter als du, was alles in allem ein Glück ist, dazu ein Mann von
Charakter, von Stellung und guten Sitten, und wenn du nicht nein sagst,
was ich mir von meiner klugen Effi kaum denken kann, so stehst du mit
zwanzig Jahren da, wo andere mit vierzig stehen. Du wirst deine Mama
weit überholen.«
Effi schwieg und suchte nach einer Antwort. Aber ehe sie diese finden
konnte, hörte sie schon des Vaters Stimme von dem angrenzenden,
noch im Fronthause gelegenen Hinterzimmer her, und gleich danach
überschritt Ritterschaftsrat von Briest, ein wohlkonservierter Fünfziger
von ausgesprochener Bonhomie, die Gartensalonschwelle - mit ihm
Baron Innstetten, schlank, brünett und von militärischer Haltung.
Effi, als sie seiner ansichtig wurde, kam in ein nervöses Zittern; aber
nicht auf lange, denn im selben Augenblick fast, wo sich Innstetten
unter freundlicher Verneigung ihr näherte, wurden an dem mittleren der
weit offenstehenden und von wildem Wein halb überwachsenen
Fenster die rotblonden Köpfe der Zwillinge sichtbar, und Hertha, die
Ausgelassenste, rief in den Saal hinein: »Effi, komm.«
Dann duckte sie sich, und beide Schwestern sprangen von der
Banklehne, darauf sie gestanden, wieder in den Garten hinab, und man
hörte nur noch ihr leises Kichern
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