einen Roman, wenn ihr wollt; oder auch, wenn das nicht zuviel gesagt ist, als ein Gedicht. Was ich hier sage, ist wahr, deshalb kann es nicht sterben: und wenn es irgendwie vergehen sollte, so wird es wieder auferstehen zu ewigem Leben.?
So stellt Poe, v?llig unabh?ngig von Th. Gautier, sein L'art pour l'art-Prinzip auf. Gr?sser als Gautier, der die Sch?nheit nur mit dem Auge des Malers sah, stellt er seine Forderung, und auch tiefer als Gautier, dem die ?ussere Form allein die Sch?nheit offenbarte. +Die Sch?nheit erst+ macht ihm die Wahrheit -- zur Wahrheit, deren Daseinsberechtigung er ohne die Sch?nheit verneint: das ist die h?chste Anforderung an die Kunst, die je gestellt wurde. Und da diese Forderung sich nur in Sehns��chten erf��llen kann, sind ihm die Tr?ume das +einzig Wirkliche+, spricht er dem wachen Leben jeden Realit?tswert ab. Auch hier ist Poe -- der Romantiker -- ein Pfadfinder, auch hier offenbart er als Erster das, was wir ?modernen Geist? nennen. Hat er das von Zola gem��nzte Prinzip des technischen Schaffens vorweg genommen, hat er weiter der Parnassier Kunstprinzip unabh?ngig von ihnen aufgestellt, so ��berspringt er hier um ein halbes Jahrhundert die Zeit und gibt eine Forderung, so ultramodern, dass selbst heute nur ein kleiner Teil der fortgeschrittensten Geister sie in ihrer ganzen radikalen Gr?sse verstehen wird.
Die Befruchtung der Literatur der Kulturv?lker durch Poes Geist wird erst in diesem Jahrhundert volle Bl��ten treiben: das vergangene sah ihm nur ein paar l?cherliche ?usserlichkeiten ab, ein R?uspern und Spucken, das freilich den gl��cklichen Abguckern, den Jules Verne und Conan Doyle ein Verm?gen eintrug. Ganz gewiss hat der darbende Poe diese Sachen nur f��r das t?gliche Brot geschrieben: die See- und Mondreisen Gordon Pyms und Hans Pfaals usw., sowie einige der Kriminal-Novellen (wie z.B. der ?Mord in der Rue de Morgue?, der ?Entwendete Brief?, der ?Goldk?fer?) sind durchaus nur aus dem Bed��rfnis heraus entstanden, warm zu Mittag speisen zu k?nnen. Denn Poe wusste, was hungern heisst! So schrieb er diese Sachen, wie er auch ��bersetzungen anfertigte und an allen m?glichen wissenschaftlichen Werken mitarbeitete. Freilich, jede einzelne der Geschichten, und sei es die schw?chste, l?sst alle Abenteuer des eminenten Sherlock Holmes verblassen. -- Warum das grosse Publikum, und namentlich das englischredende, trotzdem Doyles l?cherliche Detektivgeschichten mit Begeisterung verschlingt und die Poeschen aus der Hand legt? Nichts ist verst?ndlicher! Poes Figuren sind, wie die Dostojewskys, so echt, seine Komposition ist so l��ckenlos, h?lt die Phantasie des Lesers so unentrinnbar in ihren Netzen, dass auch der Tapferste sich eines Grauens nicht zu erwehren vermag, eines qualvollen, m?rderischen Grauens, das wie ein grausamer Albdruck festh?lt. Bei seinen so ausserordentlich beliebten Nachahmern aber ist dies Grauen nichts als ein angenehmer Kitzel, der in keinem kleinen Moment den Leser einen Zweifel an der Kulisse ankommen l?sst. Der Leser weiss stets: das ist alles dummer Unfug; er steht ��ber dem Erz?hler -- +das will er+! Poe aber nimmt ihn beim Schopfe, reisst ihn in Abgr��nde und schleudert ihn in H?llen, dass dem armen Tropf H?ren und Sehen vergeht, dass er nicht mehr ein noch aus weiss. Darum zieht der gute B��rger, der gern ruhig schlafen will, den Kulissenhelden der Bakerstreet vor und bedankt sich f��r Poes grauenhaften Nachtmar. Man sieht: auch da, wo er b��rgerlich sein wollte, wo er f��r die grosse Masse schreiben wollte, steckte er sein Ziel viel zu hoch; sprach zu B��rgerk?pfchen und glaubte zu seinesgleichen zu reden! Um sein +Hirn+ zu Markte zu tragen, lief er von Verleger zu Verleger herum -- -- zu Leuten, die +Stroh+ kaufen wollten!
* * *
Aber eine Zeit, die kommt, wird reif sein f��r des Dichters Gaben. Schon erkennen wir klar den Weg, der von Jean Paul und Th. A. Hoffmann zu Baudelaire und Edgar Allan Poe f��hrt, diesen einzigen Weg, den eine Kunst der Kultur gehen kann, schon haben wir manche Ans?tze -- --
Diese Kunst wird nicht mehr in engem nationalen Kleide stecken. Sie wird sich bewusst sein, wie sich Edgar Allan Poe als Erster bewusst war, dass sie nicht f��r ?ihr Volk? da ist, sondern einzig f��r die d��nnen Kulturschichten, ob diese germanischer oder japanischer, lateinischer oder j��discher Art sind. Kein K��nstler hat je f��r ?sein Volk? geschaffen, und doch haben es fast alle gewollt und geglaubt. Der grossen Masse in Spanien ist Velazquez und Cervantes genau so v?llig unbekannt, wie dem englischen Arbeiter Shakespeare und Byron, wie dem franz?sischen Rabelais und Moli��re, wie dem holl?ndischen Rembrandt und Rubens sind. Das deutsche Volk hat nicht die geringste Ahnung von Goethe und Schiller, es kennt die B��rger und Heine nicht einmal dem Namen nach. Die kleinen Rundfragen bei den Soldaten einzelner Regimenter: ?Wer war Bismarck? -- Wer war Goethe?? sollten doch dem vertrauensseligsten Blinden endlich die Augen ?ffnen. Ganze Welten trennen den Kulturmenschen in Deutschland von seinen Landsleuten, die er t?glich auf der Strasse sieht: ein Nichts aber, eine Wasserrinne nur, trennt
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