den Herrn Damis verteidigen wollte. Nein, er soll nicht den gr??ten Verstand haben; er soll nicht so galant, nicht so liebenswürdig sein als Euer Siegmund. So habe ich noch eine Ursache mehr, meine Freiheit zu behaupten und ihn nicht zu lieben.
Lottchen. Mein liebes Kind, du k?mmst recht in die Hitze. Du schm?lst auf mich und meinen Geliebten, und ich bleibe dir doch gut. Man kann dich nicht hassen. Du tr?gst dein gutes Herz in den Augen und auf der Zunge, ohne da? du daran denkst. Du bist meine liebe sch?ne Schwester. Deine kleinen Fehler sind fast ebenso gut als Sch?nheiten. Wenigstens kann man sie nicht begehen, wenn man nicht so aufrichtig ist, wie du bist. Kind, ich habe diese Nacht einen merkwürdigen Traum von einer jungen angenehmen Braut gehabt und ich...
Julchen. Ich bitte dich, liebe Schwester, la? mich allein. Ich bin verdrie?lich, recht sehr verdrie?lich, und ich werde es nur mehr, je mehr ich rede.
Lottchen. Bist du etwan darüber verdrie?lich, da? ich in der Heftigkeit ein Wort wider den Herrn Damis...?
Julchen. O warum denkst du wieder an ihn? Willst du mich noch mehr zu Fehlern bringen? La? ihm doch seinen schwachen Verstand und mir meinen verdrie?lichen Geist und das Glück, einige Augenblicke allein zu sein. Die ?ltern Schwestern haben doch immer etwas an den jüngern auszusetzen.
Lottchen. Ich h?re es wohl, ich soll gehen. Gut. Komm bald nach, sonst mu?t du wieder mit dir allein reden.
Neunter Auftritt
Julchen. Der Magister.
Julchen. Ist es nicht m?glich, da? ich allein sein kann? Müssen Sie mich notwendig st?ren? Herr Magister! Sagen Sie mir's nur kurz, was zu Ihren Diensten ist.
Der Magister. Jungfer Muhme, ich will etwas mit Ihnen überlegen. Vielleicht bin ich wegen meiner Jahre und meiner Erfahrung nicht ungeschickt dazu. Ich liebe Sie, und Sie wissen, was der Verstand für eine unentbehrliche Sache bei allen unsern Handlungen ist.
Julchen. Ja, das wei? ich. Demungeachtet wollte ich wünschen, da? ich heute gar keinen h?tte; vielleicht w?re ich ruhiger.
Der Magister. Sie übereilen sich. Wer würde uns das Wahre von dem Falschen, das Scheingut von dem wahren Gute unterscheiden helfen? Wer würde unsern Willen zu festen und glücklichen Entschlie?ungen bringen, wenn es nicht der Verstand t?te? Und würden Sie wohl so liebenswürdig geworden sein, wenn Sie nicht immer verst?ndig gewesen w?ren?
Julchen. Herr Magister, Sie sind ja nicht auf Ihrer Studierstube. Was qu?len Sie mich mit Ihrer Gelehrsamkeit? Ich mag ja nicht so weise sein als Sie. Ich kann es auch nicht sein, weil ich nicht so viel Geschicklichkeit besitze.
Der Magister. Zu eben der Zeit, da Sie wünschen, da? sie keine Vernunft haben m?chten, beweisen Sie durch Ihre Bescheidenheit, da? Sie ihrer sehr viel haben. Ich fordere keine Gelehrsamkeit von Ihnen. Ich will sogar die meinige vergessen, indem ich mit Ihnen spreche. Sie sollen heute den Schritt zu Ihrem Glücke tun. Es scheint aber nicht, da? Sie dazu entschlossen sind. Gleichwohl wünscht es Ihr Herr Vater herzlich. Ich habe ihm versprochen, Ihnen einige kleine Vorstellungen zu tun. Und ich wünschte, da? Sie solche anh?ren und mir Einwürfe dagegen machen m?chten. Dies kann ich, so alt ich bin, doch wohl leiden. Die Liebe ist eine der sch?nsten, aber auch der gef?hrlichsten Leidenschaften. Sie r?cht sich an uns, wenn wir sie verschm?hen; und sie r?cht sich auch, wenn wir uns in unserm Gehorsame übereilen.
Julchen. Sie sind etwas weitl?uftig in Ihren Vorstellungen. Allein, Sie sollen ohne Einwurf recht haben. Lassen Sie mich nur in Ruhe. Mein Verstand ist freilich nicht so stark an Gründen als eine Philosophie. Dennoch ist er noch immer stark genug für mein Herz gewesen.
Der Magister. Wissen Sie nicht, da? uns unsere Leidenschaften am ersten besiegen, wenn sie am ruhigsten zu sein scheinen? Das Herz der Menschen ist der gr??te Betrüger. Und der Klügste wei? oft selbst nicht, was in ihm vorgeht. Wir lieben und werden es zuweilen nicht eher gewahr, als bis wir nicht mehr geliebt werden. Dieses alles sollen Sie nicht glauben, weil ich's sage. Nein, weil es die gr??ten Kenner des menschlichen Herzens, ein Sokrates, ein Plato, ein Seneca und viele von den neuern Philosophen gesagt haben.
Julchen. Ich kenne alle diese M?nner nicht und verlange sie auch nicht zu kennen. Aber wenn sie so weise gewesen sind, wie Sie behaupten, so werden sie wohl auch gesagt haben, da? man ein unruhiges Herz durch viele Vorstellungen nicht noch unruhiger machen soll. Und ich traue dem Plato und Seneca, und wie sie alle hei?en, so viel Einsicht und H?flichkeit zu, da? sie Sie bitten würden, mich zu verlassen, wenn sie zugegen w?ren. Sobald ich die Leidenschaften und insonderheit die Liebe nicht mehr regieren kann: so will ich Ihre Philosophie um Beistand ansprechen.
Der Magister. Ihre Aufrichtigkeit gef?llt mir, ob sie mir gleich zu widersprechen scheint. Aber ich würde mich für sehr unphilosophisch halten, wenn ich den Widerspruch nicht gelassen anh?ren k?nnte. Sie sollen mich nicht beleidiget haben. Nein! Aber Sie
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