ein falsches Lob Gedichte abfaßte, von welchem man sagen könte, ich
hätte über dessen Verfassung nothwendig erröthen, und die Wahrheit
manchen Schwerd=Stich durch ihre Seele geben müssen.
Und was wilst du denn von mir mehr haben? Mein Leser! ich lege dir
ja in dieser einfachen Arbeit, ein gedoppeltes Stück, nemlich eine
Satyre, da ich die Laster strafe; und ein Lob=Gedichte, da ich die guten
Sitten den Lastern entgegen setze, und die Tugenden, nebst ihren
Besitzern lobe und erhebe, vor die Augen!
Ich tadle die Unarten der Menschen: Dencke also nicht Mein Leser!
daß ich von Personen schreiben und dieselben durchziehen, viel
weniger mich an meinen Feinden oder Spöttern rächen, und sie auf den
Schau=Platz stellen werde. O nein! Spöttern und Feinden mache ich
das Vergnügen nicht, ihren Thorheiten zu gefallen, eine
niederträchtige und wieder die Religion und Philosophie streitende
Seele anzunehmen, und den Character eines vernünftigen Satyrici
hierdurch zu überschreiten, welcher darinne besteht, daß man nicht
Personen, oder natürliche Gebrechen, davor niemand als die Natur kan,
sondern lasterhafte und strafbahre Handlungen, und solche wiederum
nicht etwan auf eine unhöfliche, sondern auf eine überzeugende,
sinnreiche und beisende Art vorzustellen, und zu bestrafen bemüht ist.
In wie weit ich dieses letztere getroffen, das werde ich zu meiner
künftigen Verbesserung von Kennern hören, und mit dem größten
Danck annehmen.
Ich habe demnach zum Object meiner Satyre nichts anderes als die im
Schwang gehende Laster, und die unartigen Handlungen derer meisten
Menschen genommen. Es sey ferne! daß ich von allen und jeden reden,
und das ganze menschliche Geschlecht, wie man im Sprichwort sagt, in
eine Brühe werffen solte! O nein! der Acker dieser Welt trägt auch
noch guten Weizen, so häufig auch das Unkraut darzwischen wächst.
Ich tadle nicht den Gebrauch verschiedener Sachen; sondern den
Mißbrauch. Ich hätte auch wie bekannt, von noch weit mehrern Lastern
und Mißbräuchen schreiben können; allein die Zeit, und die Betrübniß
über den tödtlichen Hintrit meiner seel. Frau Mutter hat mich davon
abgehalten.
Die meisten Menschen, und sonderlich das Frauenzimmer, haben den
üblen Gebrauch, daß die sich bey müsigen Stunden über anderer
Menschen von beyderley Geschlecht, öfters gar geringen
Schwachheiten, Moden, Geberden, Gebräuchen und Handlung
aufhalten. Um nun solchen Menschen, und besonders meinem
Geschlechte mich gleich zu stellen, und nur von ihnen keinen Vorwurff
machen zu lassen; so will ich mich auch allhier über andre Menschen,
und zwar, damit kein Geschlecht zürnen darf, so wohl über die
Mannes=Personen, als über das Frauenzimmer; doch nicht auf eine
pöbelhafte, niederträchtige und kindische Art; sondern so viel mir
möglich, auf eine ernsthafte Weise, in nachstehenden Zeilen moquiren.
Betrachtest du also, Mein Leser! diese Schrift, und du bist tugendhaft,
so wirst du mit meinen Gedancken übereinstimmen, und deßwegen
keinen Haß und Zorn auf mich werfen. Bist du aber mit ein oder den
andern Lastern behaftet, so zürne nicht über mich. Was wilst du über
den Spiegel, der dir deine Flecken zeigt, und über den Meister, der ihn
geschliffen hat, böse werden. Schäme dich deiner dir selbst gemachten
Flecken, und werde über deine muthwillige Unarten böse.
Du kanst dich an mir nicht besser davor rächen, als wenn du deine
Thorheiten ablegest und dich besserst, und mir hernach, wie diejenigen,
die warhaft tugendhaft sind, gewogen wirst und bleibst, als warum ich
dich und alle Menschen freundlich ersuche.
Die von denen Faunen gepeitschte Laster
von Sidonia Hedwig
Zäunemann
Auf einmahl reget sich der fast erstickte Trieb;
Das, was ich sonst
gescheut, gewinn ich jetzo lieb;
Das, was ich bloß aus Furcht, es
möchte nicht gelingen,
Bißher zurück gesetzt, das will ich jetzo
singen.
Caliope! dein Rohr, dein sanftes Sayten=Spiel,
Das mich
bezaubert hielt, und Göttern wohlgefiel,
Mag dort im Winkel ruhn:
ein Satyr läßt sich spühren.
Der soll an deiner statt mich auf den
Pindus führen.
Ihr Götter! die ihr sonst so graß und heßlich seyd;
Vor deren Gegenwart das Frauen=Volck sich scheut,
Und schüchtern
lauft und flieht, als ob ein Mörder käme,
Der ihnen mit Gewalt Kranz,
Schmuck und Leben nähme.
Ihr seyd jetzt meine Lust und liebstes
Augenmerk.
Hier habt ihr meine Hand, kommt! führt mich auf den
Berg,
Wo Phöbus und sein Volk im Lorbeer-Walde tanzen.
Kommt!
lasset mich durch euch mein Glück bey ihnen pflanzen. Sezt eure Füsse
nett, und laßt mich heute sehn,
Ob ihr so künstlich springt, wie
ehemahls geschehn.
Spielt nur so gut ihr könnt, auf Pfeiffen oder
Flöthen.
Ihr dürft, weil ihr schon roth, euch nicht dabey erröhten.
Auf! macht mir eine Lust! und auch dem Musen=Fürst;
Und singt der
Welt zu Trutz, die schon die Zähne knirst.
Au! Weh! was seh ich dort? Mein Wahn hat nicht gelogen,
Ein grau
Gewitter kömmt mit Blitz und Knall gezogen.
Die Luft verfinstert
sich, die Sonne büßt den Schein,
Die Erde den Gesang der
Luft-Sirenen ein.
Das Vieh lauft hin und her, es schreyt, es bebt, es
zittert, Es suchet Zweig und Schutz, dieweils so grausam wittert.
Die
Erde bebt und kracht; die Berge wancken fast,
Und machen sich zum
Fall mit ihrer Pracht gefaßt.
Die Donner rollen fort, und brüllen
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