Die unheilbringende Krone oder König ohne Reich | Page 8

Ferdinand Raimund
der sich vor deinem Anblick scheu versteckt. (Deutet auf
Simplizius ins Haus.)

Lucina. Nun wohl, du magst mit ihm die Sache selbst verhandeln.
Ewald. Er ist mir schon gewiß, ich weiß, was ihn bewegt.
Lucina (zeigt auf einen Fels). Die Fackel wird den Stein in leichten
Nebel wandeln, Der euch im schnellen Flug durch blaue Lüfte trägt. Du
übst, wie ich's befahl.
Ewald. Dies kann ich hoch beteuern.
Lucina. Wohlan, ich will voraus hin nach Massana steuern. (Fliegt ab.)

Dreizehnte Szene. Ewald (allein.)
Dies ist ein Auftrag doch, der eines Dichters würdig, Weil echte Poesie
nach einer Krone strebt, Selbst Göttern ist durch hohen Schwung sie
ebenbürtig, Der über Sonnen sie zu Jovis Thron erhebt. Mein Geist ist
klein, mein Wirken nur ein ungeweihter Traum. Drum wird die Kron',
die ich heut wage zu begehren, In Nichts zerfließen, wie der Woge
flücht'ger Schaum, Nur daß ich sie gewollt, wird mir noch Lohn
gewähren. Und wer wird nicht mit Lust von goldnen Dingen träumen,
Kann er darüber arme Wirklichkeit versäumen? (Ab ins Haus.)

Vierzehnte Szene. (Kurzes Zimmer mit schlechten Möbeln, ein Tisch
mit Schreibgeräte, an der Wand hängen einige schlechte
Kleidungsstücke, Maß und ein paar abgeschabte Bilder. Rechts eine
Seitentür, links ein kleines Fenster.)
Simplizius. Jetzt wird's nicht mehr lang dauern, so wird die
achtzigpfündige Kanone meines Unglücks losgehn. Vor Angst krieg'
ich noch das gelbe Fieber, das schwarze hab' ich so in allen Taschen
schon. Wie spät wird's denn schon sein. Ich könnt's gleich wissen, ich
dürft' nur auf die Uhr schauen, die ich vor zwei Jahren versetzt hab'.
Um halb zwölf Uhr kommt der Weinhandler, der wird mich anzapfen
um sein Geld, und wenn ich ihn nicht zahlen kann, so heißt es; Marsch

nach Kamtschatka.

Fünfzehnte Szene. Voriger. Ewald.
Ewald. Freude, Freude, lieber Simplizius!
Simplizius. Ja, ja, das wird eine mordionische Freud' werden, bei
Wasser und Brot.
Ewald. Nein, lieber Simplizius, wir wollen fort von hier in ein fernes
Reich.
Simplizius. Ins Reich hinaus? Da war ich schon, im Nürnbergischen.
Ewald. Nicht doch, eine reizende Göttin hat mich und Sie zur Rettung
eines Königreichs bestimmt.
Simplizius. Mich?
Ewald. Ja. Sie. Goldgesäumte Wolken werden uns dem gemeinen
Leben hier entrücken und uns in ein herrlich Land hintragen. Lassen
Sie Ihren Gläubiger hier rasen, er hat ja ohnehin nichts mehr zu fordern.
Machen Sie sich reisefertig, Sie sind zu großen Dingen bestimmt.
Simplizius. Zu was für ein'?
Ewald. Das weiß ich nicht, ich weiß nur, daß es eine Krone gilt.
Simplizius. Und die soll ich erretten? Nun, das wird gut ausfallen. Sie
verkennt mich.
Ewald. Nein, sie hat Sie ja gesehen und Ihren Mut belobt.
Simplizius. Die Göttin? Ah, das ist göttlich! Aber weiß sie denn, daß
ich--
Ewald. Was?

Simplizius. Nu. (Macht die Pantomime des Nähens.)
Ewald. Versteht sich, alles weiß sie. Kommen Sie nur.
Simplizius. Ich soll ein Land erretten? Ich kann mir's gar nicht anders
vorstellen, als daß das Land durch Unruhen zerrissen ist, und ich muß's
zusammenflicken. Oder sie fürchten sich, daß das Land erfriert, und ich
muß ihm einen Pauvre machen. Und auf einer Wolken sitzen wir, da
fallen wir ja durch.
Ewald. Bewahre, sorgen Sie sich nicht.
Simplizius. Nun Sie, wenn wir heut durchfalleten, das wär' weiter keine
Schand'. Mir ist jetzt schon, als wenn ich aus den Wolken g'fallen wär'.
Ewald. Ich steh' Ihnen für alles.
Simplizius. O, Sie sind ein gutes Haus. Was haben S' denn da für eine
vergoßne Kerzen?
Ewald. Das ist eben unsere Wunderfackel. Was ich durch sie bestrahlt
wissen will, erscheint nach meinem Wunsche in der herrlichsten
Gestalt, und rosiger Nebel wird das Auge eines jeden lieblich täuschen.
Simplizius. Was sie jetzt alles erfinden, um die Leut' hinters Licht z'
führen, das geht über alles. Na wegen meiner, ich bin dabei, ich sitz'
doch lieber auf einer Wolken als im Arrest. Also gehn wir. (Sieht
durchs Fenster.) Ums Himmels willen, dort kommt der Weinhandler,
und zwei Schutzgeister hat er bei ihm, mit klafterlange Spieß'.
Ewald. Fatale Sache, was beginn' ich jetzt?
Simplizius. Monsieur Ewald, mir fallt aus Angst etwas ein. Probieren
wir die Fackel, richten wir das Zimmer prächtig ein, tapezieren wir's
aus. Vielleicht bekommt der Weinhandler einen Respekt und glaubt, er
kriegt sein Geld. Warten Sie, ich sperr' die Tür indessen zu, daß er nicht
gleich herein kann. (Tut es.) Wenn er nur unterdessen abführ'. bis wir
ihm ganz abfahren.

Ewald. Kein übler Gedanke, das geht nicht so leicht, er wird fragen, wo
wir die schönen Möbel her haben. Dann wird ihm die Fackel auffallen.
Still!
Riegelsam (klopft von außen). Nur aufgemacht. Ich weiß, daß Er zu
Hause ist.
Simplizius. Gleich, gleich. (Heimlich.) Was tun wir denn?
Ewald (ebenso). Geben Sie mich für einen Engländer aus, dem die
Möbel gehören, und der für Sie zahlen will.
Riegelsam. Ich schlag' die Tür ein, wenn Er nicht aufmacht.
Simplizius. Richtig, fangen
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