Die unheilbringende Krone oder König ohne Reich | Page 3

Ferdinand Raimund
Erde, Sie fleht
dich an mit jammernder Gebärde; (Er nimmt die goldene Krone aus
dem Sacke, aus dem Feuer strömt, ferner Donner.) Doch hör' ihr
Wimmern nicht, reich' mir die Stirn', Bleib stark, bewahr' vor
Wahnsinn dein Gehirn.
(Er setzt ihm die Krone auf, fürchterlicher Donnerschlag, kurze Musik.
Die Bühne wird lichter. Die Erde zittert, die Bäume beugen ihre
Zweige, sodaß sie eine grüne Kuppel über Phalarius Haupt bilden und
sich im See spiegeln.)
Hades. So, so, der Wald bebt vor dem Königshaus, Es huld'gen dir die
Stämme reichbelaubt.
Phalarius. Ist's Wirklichkeit? Welch unnennbar Entzücken!
Hades (beiseite). Sie wird die Stirn noch heiß genug dir drücken.
Phalarius. Ha! Nun ist mein der höchste Schatz hienieden. Sprich,
Wurm, was kann zum Lohn ich dafür bieten?
Hades. Brauch' nichts dafür, trag sie nur glücklich fort, Wir treffen uns
schon am Vergeltungsort, Wenn weit geöffnet deines Wahnes Grab,
Und du einst sprichst, wie ich gesprochen hab'; (Weinend.) Ich bin so

arm, mir bleibt nichts als die Krone, (grimmig.) Den Augenblick allein
bewahr' ich mir zum Lohne.
(Schleicht ab, den Sack über dem Rücken.)

Dritte Szene.
Phalarius (allein). Geh, Lügengeist, nie werde ich so sprechen, So
denken nur wär' an dem Glück Verbrechen. Nun fort, Phalarius, aus
diesem Wald, Damit dein Ruhm Sizilien durchschallt. Doch kann ich
baun auf dieser Krone Macht?-- Holla, wer schreitet durch des Waldes
Nacht?

Vierte Szene.
Voriger. Antrogäus mit königlichen Soldaten, welche mit Lanzen
bewaffnet sind.
Antrogäus (von innen). 's ist Antrogäus und des Königs Wache.
Phalarius. Willkommen, Speere, dienet meiner Rache. Du, Antrogäus,
sollst der erste sein, Den ich dem langverhaltnen Haß will weihn.
(Alles eilt auf Phalarius zu.)
Chor. Du sollst nach Hofe kehrn, Phalar', Der König will's-- (Die Krone
erblickend und erschrocken zurückweichend.) Ha, welch ein Stern, Den
ich auf deiner Stirn' gewahr'? Er hält mich drohend von dir fern. Wie
kann sein Anblick doch erschüttern, Mich reißt's zur Erd' mit bangem
Zittern, Die Angst erpreßt den Ausruf mir; Sei gnädig, Fürst,--ich
huld'ge dir!
(Alle sinken bebend auf die Knie.)
Phalarius (wild lachend). Ha, ha, was läßt mir wohl Kreon befehlen?

Antrogäus. Blick' mild auf uns, dein Auge kann entseelen. Es sendete
Kreon nach dir uns aus, (Spricht mit beklemmter Brust.) Dich
heimzuleiten nach dem Fürstenhaus, Wo sich die Freude wälzt,
Bachanten winken, Dort sollst du reuig an die Brust ihm sinken Und
Abschied deinem düstern Grolle geben, Dafür wird er zu neuer Würd'
dich heben.
Phalarius. Verflucht sei der, der mir von Reue spricht! (Zieht sein
Schwert und verwundet ihn.) Bereue du, wenn dir das Auge bricht!
(Antrogäus wird in das Gebüsch geführt.) Verwahrt die Brust, mein
durst'ger Stahl will trinken, Er wird noch oft in Purpurscheide sinken.
Nun rafft euch auf und horcht auf mein Befehlen. Ich will der Stadt ein
Märlein dort erzählen; Von einem Siegesfest, wo die Mänaden wüten,
Der Sieger nur allein muß drauß' im Walde brüten. Von mächtig
strahlender Kron', die ihm der Orkus schenkt, Von wüt'gem Rachgefühl,
das seine Waffe lenkt, Von güldenem Palast am diamantnen See, Wo
Freudentaumel herrscht, nicht ahnend baldiges Weh. Vom Brand, der
ihn ergreift, vom grausen Angstgeschrei, Von Kreons letzter Stund',
verzweiflungsvoller Reu'. Von Feinden waffenlos, die froh im Tanze
schweifen, Von Kriegern roh und wild, die sie wie Schergen greifen.
Vom glühenden Balkon, von dem man auf mein Winken Sie wild
frohlockend stürzt, daß sie im See ertrinken; Dies Märchen wollen wir
der Stadt zum besten geben, Und wenn sie drob' erbleicht, soll Frohsinn
uns beleben. Dann wird auf des Palastes schwarz gebrannten
Trümmern Der glänzende Pokal wie Sonnenaufgang schimmern, Und
unsre Fabel geb' zum Schluß der Welt die Lehre; Daß unbewachtes
Glück nicht lang auf Erden währe. (Für sich gemäßigter.) Ich will das
meine wahrn, mich sehe keiner fallen, Und müßt' es auch geschehn,
mein Ruhm kann nie verhallen. Ich ringe mit der Zeit, es muß nach
tausend Jahren Die Sage von der Kron' die Nachwelt noch erfahren.
(Alle ab, die Bäume biegen sich abwärts.)

Fünfte Szene.
Lucina (schwebt schnell auf Rosenschleiern, die auf weißen Wolken

ruhn, auf die Erde nieder, Angst beflügelt ihre Worte). Was hört' ich für
Flüche im Hain hier ertönen? Es beben die Lüfte, die Felsen erdröhnen,
Hin brauset der Frevler durch waldige Nacht, Zu liefern die gräßliche
Höllenschlacht. So mußte auf Erden ein Bösewicht reifen, Der's wagt,
nach der schrecklichen Krone zu greifen. Agrigent ist verloren, es
jammert die Welt, Wenn ihn nicht die Macht der Erinnyen fällt. Was
soll ich beginnen, ihr blutigen Stunden, Zu strafen den Frevel, zu heilen
die Wunden? Er muß ja die grausame Tat erst vollstrecken, Will ich
hier die rächenden Furien wecken. Nur Tod sprengt des Fatums
gewaltige Ketten, Drum muß ich das Leben des Königs erretten. Schon
rennt durch die Straßen der gierige Troß, Es werde die Wolke zum
flüchtigen Roß.
(Die Wolke verwandelt sich in ein schwarzes Roß mit
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