keine geringe Überwindung gekostet, sich zu so
früher Stunde von der lustigen Gesellschaft loszureißen.
Als Vater heimkommt, sitzen die Knaben in der Dunkelheit, denn sie
haben kein Zündholz. Vater hat ein Zündholzschächtelchen in der
Tasche, und als er ein kleines Kerzenstümpfchen angezündet hat, das
glücklicherweise mitgekommen ist, sieht er, daß die Knaben erhitzt und
verstaubt sind, aber munter und vergnügt und augenscheinlich sehr
zufrieden mit ihrem Tag.
In den Stübchen stehen die Möbel geordnet, die Kisten sind
fortgeräumt, Stroh und Papierschnitzel fortgekehrt. Hugo macht gerade
im ersten Zimmer die Betten für die Knaben. Das zweite Zimmer soll
Vaters Schlafstube sein, und da steht sein Bett, mit so viel Sorgfalt
gemacht, wie er sich's nur wünschen kann.
Jetzt geht mit Vater ein eigentümlicher Umschwung vor. Als er
heimkam, war er mit sich selbst unzufrieden gewesen, weil er sich von
der Arbeit davongemacht und die Knaben ohne Speise und Trank
zurückgelassen hatte. Aber jetzt, wo er sieht, daß sie guter Laune sind,
und daß ihnen nichts abzugehen scheint, bereut er es, daß er ihrethalben
seine Freunde verlassen hat; er wird reizbar und streitsüchtig.
Er sieht wohl, daß die Knaben stolz auf alle die Arbeit sind, die sie
geleistet haben, und daß sie erwarten, von ihm gelobt zu werden; aber
dazu ist er gar nicht geneigt. Er fragt vielmehr, wer dagewesen sei und
ihnen geholfen habe, und bittet sie, sich gefälligst zu merken, daß man
in Stockholm nichts geschenkt bekomme und der Hausknecht für alles,
was er täte, bezahlt werden müsse. Die Knaben antworten, daß sie
keine Hilfe in Anspruch genommen, sondern alles allein gemacht
hätten, aber er hört nicht auf, zu zanken. Es sei unrecht von ihnen
gewesen, die große Kiste zu öffnen. Sie hätten sich dabei etwas zuleide
tun können. Er hätte ihnen doch verboten, sie zu öffnen. Sie hätten jetzt
ihm zu gehorchen. Er sei für sie verantwortlich.
Er nimmt die Kerze, geht in die Küche und leuchtet in die Schränke.
Der kleine Vorrat an Glas und Porzellan ist in guter Ordnung auf den
Brettern aufgestellt.
Er prüft alles haargenau, um Anlaß zu weiterem Tadel zu finden.
Plötzlich erblickt Vater ein paar Überreste des Abendbrots der Knaben
und beginnt sogleich zu zanken, weil sie Huhn gegessen haben. Woher
sie sich das verschafft hätten? Ob sie wie die Prinzen zu leben
gedächten? Ob sie sein Geld hinauswürfen, um Hühner zu essen?
Dann fällt ihm ein, daß er ihnen ja kein Geld zurückgelassen hat. Er
fragt, ob sie das Huhn gestohlen hätten, und gerät ganz außer sich.
Er spricht und ermahnt, zankt und tost, aber jetzt bekommt er von den
Knaben keine Antwort. Sie wollen ihm nicht sagen, woher sie das
Huhn haben, sondern lassen ihn austoben. Und er hält ganze Reden,
ganze Predigten, er erschöpft seine letzten Kräfte. Schließlich bittet und
bettelt er.
»Ich beschwöre euch, sagt mir die Wahrheit! Ich will euch alles
verzeihen, was ihr auch begangen haben mögt, wenn ihr mir nur die
Wahrheit sagt.«
Jetzt können es die Knaben nicht länger aushalten. Vater hört einen
prustenden Laut. Sie werfen die Decken ab und setzen sich auf, und er
merkt, daß sie vor unterdrücktem Lachen ganz rot im Gesicht sind. Und
während sie jetzt ungezügelt herauslachen, sagt Lennart, von
beständigem Kichern unterbrochen: »Mutter hat uns doch ein
Hühnchen in den Eßkorb gelegt, den sie uns auf die Reise mitgegeben
hat.«
Vater richtet sich auf, sieht die Knaben an, will sprechen, findet aber
keine passenden Worte. Er richtet sich noch majestätischer empor, sieht
sie mit tiefster Verachtung an und geht ohne weiteres auf sein Zimmer.
* * * * *
Vater hatte jetzt herausgebracht, wie geschickt die Knaben sind, und er
benützt dies, um ein Dienstmädchen zu ersparen. Morgens schickt er
Lennart in die Küche und läßt ihn Kaffee kochen, während Hugo den
Frühstückstisch deckt und Brot vom Bäcker holt. Nach dem Frühstück
setzt Vater sich auf einen Stuhl und sieht zu, wie die Knaben die Betten
machen, die Zimmer kehren und die Öfen heizen. Er gibt unaufhörlich
Befehle und kommandiert sie von einer Arbeit zur andern, nur um seine
Macht zu zeigen. Wenn das Morgenaufräumen vorüber ist, geht er aus
und bleibt den ganzen Vormittag weg. Das Mittagessen läßt er aus
einer benachbarten Kochschule holen. Dann läßt Vater die Knaben für
den Abend allein und verlangt von ihnen nichts andres, als daß sein
Bett gemacht sei, wenn er heimkommt.
Die Knaben sind so fast den ganzen Tag allein und können sich
beschäftigen, womit sie wollen.
Eine ihrer wichtigsten Arbeiten besteht darin, an Mutter zu schreiben.
Sie bekommen von ihr jeden Tag einen Brief, und sie schickt ihnen
Papier und Marken, damit sie ihr antworten können.
Mutters Briefe enthalten hauptsächlich Ermahnungen, artig gegen
Vater zu sein. Sie schreibt immer, wie liebenswert Vater gewesen sei,
als sie ihn kennenlernte, und sie erzählt ihnen, wie hochstrebend und
arbeitsam er im Anfang seiner Laufbahn gewesen
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