doch der Polarstern ihres Einfühlverm?gens steht über der ganzen Welt; der Stern wandert mit dem Erl?ser der Schwere! Sie ist durch und durch germanisch, doch sie dankt dem gr??ten Slawen, Dostojewski, das meiste! Ihre Seele ist die schwedische Volksseele in ihrer tiefgründigen Verspieltheit, doch ihr geh?rt die Welt, deren gesamte Pracht sie in sich tr?gt. Sie ist die liebreichste Mutter, ohne Mutter zu sein, sie bildet die Sagen und M?rchen ihrer Heimat; es sind die allgemein gültigen, auch in unseren Tagen in jedes Menschen Leben im letzten Sinne sich stets wiederholenden Sagen und M?rchen aller Menschen, die Sehnsucht tragen und den Himmel suchen. Sie ist naiv und aufs ?u?erste raffiniert; sie ist Unterhaltungsschriftstellerin mit der Weltanschauung und dem K?nnen der reifsten Kunst; sie ist die reinste Seele, die seit Goethe und H?lderlin am Werke war! Sie ist Künstlerin, weil sie ein gro?er Mensch ist! Sie l?st das R?tsel, das sich unabl?ssig in ihren Werken l?st, die zum bedeutendsten Besitze dessen geh?ren, was das Menschengeschlecht, zu seiner Erderl?sung, hienieden aufzubauen vermag. Sie ist die lebendige, wirkende Summe des G?ttlichen, das sich zu h?chst lobt, dadurch, da? es unverl?schbar in der Menschheit, in deren Besten, brennt! Sie ist die Lagerl?f.
Frohnau i. d. Mark
Walter von Molo
Der Luftballon
Vater und die Knaben sitzen an einem regnerischen Oktoberabend in einem Kupee dritter Klasse, auf der Fahrt nach Stockholm. Vater ist auf seiner Bank allein. Die Knaben sitzen ihm gegenüber, eng aneinander geschmiegt, und lesen einen Roman von Jules Verne, der den Titel führt: Sechs Wochen im Luftballon. Das Buch ist sehr abgegriffen. Die Knaben k?nnen es fast auswendig und haben endlose Diskussionen darüber geführt, aber sie lesen es immer wieder mit demselben Vergnügen, sie haben alles vergessen, um den kühnen Luftschiffern quer über Afrika zu folgen, und sie erheben nur selten den Blick vom Buche, um die schwedischen Landschaften zu betrachten, die sie durchfahren.
Die Knaben sehen einander sehr ?hnlich. Sie sind von gleicher Gr??e, gleich gekleidet -- in graue überr?cke und blaue Schulmützen --, sie haben alle beide gro?e tr?umerische Augen und kleine Stumpfnasen. Sie sind immer gut Freund, gehen immer miteinander, kümmern sich nicht um andre Kinder und sprechen immer von Erfindungen und Entdeckungsfahrten. Der Begabung nach sind sie recht verschieden geartet. Lennart, der ?ltere, der dreizehn Jahre z?hlt, kommt in der Schule schwer vorw?rts, und er kann kaum in irgendeinem Gegenstande mit seiner Klasse Schritt halten. Dafür ist er aber sehr geschickt und unternehmungslustig. Er will Erfinder werden und besch?ftigt sich best?ndig damit, eine Flugmaschine zu konstruieren. Hugo ist ein Jahr jünger als Lennart, aber er begreift leichter und ist schon in derselben Klasse wie der Bruder. Auch er interessiert sich nicht besonders für das Lernen, hingegen ist er ein gro?er Sportsmann. Skil?ufer, Radfahrer und Eisl?ufer. Wenn er erwachsen ist, will er auf Entdeckungsreisen gehen. Sobald Lennarts Flugmaschine fertig ist, wird Hugo damit ausfliegen, um zu entdecken, was von der Welt noch zu entdecken übrig ist.
Vater ist ein gro?gewachsener Mann mit eingesunkner Brust, fahlem Gesicht und schmalen, sch?nen H?nden. Er ist nachl?ssig gekleidet. Seine Hemdbrust ist zerknittert, der Rockaufh?nger guckt am Halse hervor, die Weste ist schief gekn?pft, und die Strümpfe sind herabgerutscht. Er tr?gt das Haar so lang, da? es auf den Rockkragen h?ngt, dies jedoch nicht aus Nachl?ssigkeit, sondern aus Geschmack und Gewohnheit.
Vater stammt aus einem alten Spielmannsgeschlecht, weit her aus dem Bauernland, und er hat als sein besondres Erbteil zwei starke Anlagen mitbekommen. Die eine Anlage ist eine gro?e musikalische Begabung, und sie trat als erstes zutage. Er besuchte die Akademie in Stockholm, studierte dann ein paar Jahre im Ausland und machte in diesen Studienjahren so gl?nzende Fortschritte, da? er selbst und seine Lehrer erwarteten, es würde ein gro?er, weltberühmter Violinspieler aus ihm werden. Er h?tte sicherlich Talent genug gehabt, dieses Ziel zu erreichen, aber es fehlte ihm an Kraft und Ausdauer. Er konnte sich drau?en in der Welt keine Stellung erk?mpfen, sondern kam gar bald heim und nahm einen Organistenposten in einer Provinzstadt an. Anfangs sch?mte er sich wohl, da? er allen den in ihn gesetzten Erwartungen nicht entsprochen hatte; aber er empfand es auch angenehm, einen sichern Lebensunterhalt zu haben und nicht mehr die Barmherzigkeit fremder Leute in Anspruch nehmen zu müssen.
Kurz nachdem er die Stelle bekommen hatte, heiratete er; und einige Jahre lang war er mit seinem Lose ganz zufrieden. Er hatte ein sch?nes kleines Heim, eine frohe und glückliche Frau und zwei kleine Jungen, und er war der Liebling der ganzen Stadt, überall gesucht und gefeiert. Aber dann war eine Zeit gekommen, wo dies alles ihn nicht mehr zu befriedigen schien. Er sehnte sich danach, noch einmal in die Welt hinauszuziehen und sein Glück zu versuchen, doch fühlte er sich verpflichtet, daheim zu bleiben, weil er nun Weib und Kind hatte.
Vor allem war es die Frau, die ihn überredet hatte, von dieser Reise abzustehen. Sie glaubte, da?
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