In seiner Mitte blieb der Herzog verwundert stehen, denn die Hinterwand des sonst leeren Raumes füllte jetzt ein Bild, das er nicht als sein Eigenthum kannte. Es war heimlich in den Palast gekommen, eine ihm bereitete überraschung, das Geschenk des Markgrafen von Mantua, wie auf dem Rahmen zu lesen stand. Der Herzog ergriff seinen Kanzler an der Hand, und beide Italiener n?herten sich mit leisen Tritten und einer stillen, and?chtigen Freude dem machtvollen Gem?lde: auf einem wei?en Marmortischchen spielten Schach ein Mann und ein Weib in Lebensgr??e. Dieses, ein helles und warmes Gesch?pf in fürstlichen Gew?ndern, berührte mit z?gerndem Finger die K?nigin und forschte zugleich verstohlenen Blickes in der Miene des Mitspielers, der, ein Krieger von ernsten und durchgearbeiteten Zügen, in dem streng gesenkten Mundwinkel ein L?cheln, versteckte.
Beide, Herzog und Kanzler, erkannten ihn sogleich. Es war Pescara. Die Frau erriethen sie mit Leichtigkeit. Wer war es, wenn nicht Victoria Colonna, das Weib des Pescara und die Perle Italiens? Sie konnten sich nicht von dem Bilde trennen. Sie fühlten, da? sein gr??ter Reiz die hohe und z?rtliche Liebe sei, welche die weichen Züge der Dichterin und die harten des Feldherrn in ein warmes Leben verschmolz, und nicht minder die Jugend der Beiden, denn auch der benarbte und gebr?unte Pescara erschien als ein heldenhafter Jüngling.
In der That, achtzehnj?hrig Beide, waren sie miteinander an den Altar getreten, und sie hatten sich mit Leib und Seele Treue gehalten, oft und lang getrennt, sie bei der keuschen Ampel in Italiens gro?e Dichter vertieft, er vor einem glimmenden Lagerfeuer über der Karte brütend, dann endlich wieder auf Ischia, dem Besitzthum des Marchese, wie auf einer seligen Insel sich vereinigend. Solches wu?te das sittenlose Italien und zweifelte nicht, sondern bewunderte mit einem L?cheln.
Auch die zwei vor dem Bilde Stehenden empfanden die Sch?nheit dieses Bundes der weiblichen Begeisterung mit der m?nnlichen Selbstbeherrschung. Sie empfanden sie nicht mit der Seele, aber mit den feinen Fingerspitzen des Kunstgefühls. So w?ren sie noch lange gestanden, wenn nicht der Kammerherr unterth?nig gemahnt h?tte, da? zwei Geladene im Vorzimmer des E?saales warteten. Durch ein paar Thüren wurde jenes erreicht und, nach einer kurzen Vorstellung der G?ste, dieser betreten.
Jetzt sa?en die Viere an der nicht überladenen, aber ausgesuchten Tafel. W?hrend des ersten leichten Gespr?ches besah sich der Herzog insgeheim seine G?ste. Keine Gesichter konnten un?hnlicher sein als diese dreie. Den h??lichen Kopf und die grotesken Züge seines Kanzlers freilich wu?te er auswendig, aber es fiel ihm auf, wie ruhelos dieser heute die feurigen Augen rollte und wie über der dreisten Stirn das pechschwarze Kraushaar sich zu str?uben schien. Daneben hob sich das Haupt Guicciardins durch m?nnlichen Bau und einen republikanisch stolzen Ausdruck sehr edel ab. Der Venezianer endlich war eines sch?nen Mannes Bild mit einem vollen weichen Haar, leise spottenden Augen und einem liebenswürdigen verr?therischen L?cheln. Auch in der Farbe unterschieden sich die drei Angesichter. Die des Kanzlers war olivenbraun, der Venezianer besa? die durchsichtige Bl?sse der Lagunenbewohner, und Guicciardin sah so gelb und gallig aus, da? der Herzog sich bewogen fühlte ihn nach seiner Gesundheit zu fragen.
"Hoheit, ich litt an der Gelbsucht", versetzte der Florentiner kurz. "Die Galle ist mir ausgetreten, und das ist nicht zum Verwundern, wenn man wei?, da? mich die Heiligkeit in ihre Legationen versendet hat, um dieselben zu einem ordentlichen Staate einzurichten. Da schaffe einer Ordnung, wo die Pfaffen Meister sind! Nichts mehr davon, sonst packt mich das Fieber, trotz der gesunden Luft von Mailand und den guten deutschen Nachrichten." Er wies eine sü?e Schüssel zurück und bereitete sich mit mehr Essig als ?l einen Gurkensalat.
"Nachrichten aus Deutschland?" fragte der Kanzler.
"Nun ja, Morone. Ich habe Briefe von kundiger Hand. Die Mordbauern sind zu Paaren getrieben und--das Sch?nste--Fra Martino selbst ist mit Schrift und Wort gewaltig gegen sie aufgetreten. Das freut mich und l??t mich an seine Sendung glauben. Denn, Herrschaften, ein weltbewegender Mensch hat zwei ?mter: er vollzieht, was die Zeit fordert, dann aber--und das ist sein schwereres Amt--steht er wie ein Gigant gegen den aufspritzenden Gischt des Jahrhunderts und schleudert hinter sich die aufgeregten Narren und b?sen Buben, die mitthun wollen, das gerechte Werk übertreibend und sch?ndend."
Der Herzog war ein wenig entt?uscht, denn er liebte Krieg und Aufruhr, wenn sie jenseits der Berge wütheten und seine Einbildungskraft besch?ftigten, w?hrend er selbst au?er Gefahr stand. Der Kanzler aber that einen Seufzer und sagte mit einem wahren menschlichen Gefühle: "In Germanien mag nun viel Grausames geschehen."
"Thut mir leid", versetzte der Florentiner, "doch ich behalte das Ganze im Auge. Jetzt, nach B?ndigung der trotzigen Ritter und der rebellischen Bauern, führen die Fürsten. Die Reformation, oder wie ihr es nennen wollet, ist gerettet."
"Und Ihr seid ein Republikaner?" stichelte der Kanzler.
"Nicht in Deutschland."
Auch der sch?ne L?lius g?nnte sich einen Scherz. "Und Ihr dienet dem heiligen Vater, Guicciardin?" lispelte er.
Dieser, dem das sü?liche L?cheln widerstand und den seine Gelbsucht reizbar machte, antwortete freimüthig: "Jawohl,
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