Die Verschwoerung des Fiesco zu Genua | Page 4

Friedrich von Schiller
wohl eine bessere Fürsprache für ihren Geschmack zu erwarten hat, als wenn ich ihn für den meinigen erkl?re? (Stolz.) Doria und Fiesco?--ob sich die Gr?fin von Lavagna nicht geehrt fühlen mu?, wenn die Nichte des Herzogs ihre Wahl beneidenswürdig findet? (Freundlich, indem sie dem Grafen ihre Hand zum Küssen reicht.) Ich setze den Fall, Graf, da? ich sie so f?nde.
Fiesco (lebhaft). Grausamste, und mich dennoch zu qu?len!--Ich wei? es, g?ttliche Julia, da? ich nur Ehrfurcht gegen Sie fühlen sollte. Meine Vernunft hei?t mich das Knie des Unterthans vor dem Blut Dorias beugen, aber mein Herz betet die sch?ne Julia an. Eine Verbrecherin ist meine Liebe, aber eine Heldin zugleich, die kühn genug ist, die Ringmauer des Rangs durchzubrechen und gegen die verzehrende Sonne der Majest?t anzufliegen.
Julia. Eine gro?e, gro?e, gr?fliche Lüge, die auf Stelzen heranhinkt--Seine Zunge verg?ttert mich, sein Herz hüpft unter dem Schattenri? einer Andern.
Fiesco. Oder besser, Signora, es schl?gt unwillig dagegen und will ihn hinwegdrücken. (Indem er die Silhouette Leonorens, die an einem himmelblauen Bande h?ngt, herabnimmt und sie der Julia überliefert.) Stellen Sie Ihr Bild an diesem Altar auf, so k?nnen Sie diesen G?tzen zerst?ren.
Julia (steckt das Bild hastig zu sich, vergnügt). Ein gro?es Opfer, bei meiner Ehre, das meinen Dank verdient. (Sie h?ngt ihm die ihrige um.) So, Sklave! trage die Farbe deines Herrn. (Sie geht ab.)
Fiesco (mit Feuer). Julia liebt mich! Julia! Ich beneide keinen Gott. (Frohlockend im Saal.) Diese Nacht sei eine Festnacht der G?tter, die Freude soll ihr Meisterstück machen. Holla! holla! (Menge Bediente.) Der Boden meiner Zimmer lecke cyprischen Nektar, Musik l?rme die Mitternacht aus ihrem bleiernen Schlummer auf, tausend brennende Lampen spotten die Morgensonne hinweg--Allgemein sei die Lust, der bacchantische Tanz stampfe das Todtenreich in polternde Trümmer!
(Er eilt ab. Rauschendes Allegro, unter welchem der Mittelvorhang aufgezogen wird und einen gro?en illuminierten Saal er?ffnet, worin viele Masken tanzen. Zur Seite Schenk--und Spieltische von G?sten besetzt.)

Fünfter Auftritt
Gianettino halb betrunken. Lomellin. Zibo. Zenturione. Verrina. Sacco. Calcagno. Alle maskiert. Mehrere Damen und Nobili.
Gianettino (l?rmend). Bravo! Bravo! Diese Weine glitschen herrlich, unsre T?nzerinnen springen à merveille. Geh Einer von euch, streu' es in Genua aus, ich sei heitern Humors, man k?nne sich gütlich thun--Bei meiner Geburt! sie werden den Tag roth im Kalender zeichnen und drunter schreiben: Heute war Prinz Doria lustig.
G?ste (setzen die Gl?ser an). Die Republik! (Trompetensto?.)
Gianettino (wirft das Glas mit Macht auf die Erde). Hier liegen die Scherben. (Drei schwarze Masken fahren auf, versammeln sich um Gianettino.)
Lomellin (führt den Prinzen vor). Gn?diger Herr, Sie sagten mir neulich von einem Frauenzimmer, das Ihnen in der Lorenzokirche begegnete?
Gianettino. Das hab' ich auch, Bursche, und mu? ihre Bekanntschaft haben.
Lomellin. Die kann ich Eurer Gnaden verschaffen.
Gianettino (rasch). Kannst du? Kannst du? Lomellin, du hast dich neulich zur Procuratorwürde gemeldet. Du sollst sie erhalten.
Lomellin. Gn?diger Prinz, es ist die zweite im Staat, mehr denn sechzig Edelleute bewerben sich darum, alle reicher und angesehener, als Euer Gnaden unterth?niger Diener.
Gianettino (schnaubt ihn trotzig an). Donner und Doria! Du sollst Procurator werden. (Die drei Masken kommen vorw?rts.) Adel in Genua? La? sie all ihre Ahnen und Wappen zumal in die Wagschale schmei?en, was braucht es mehr, als ein Haar aus dem wei?en Bart meines Onkels, Genuas ganze Adelschaft in alle Lüfte zu schnellen? Ich will, du sollst Procurator sein, das ist so viel als alle Stimmen der Signoria.
Lomellin (leiser). Das M?dchen ist die einzige Tochter eines gewissen Verrina.
Gianettino. Das M?dchen ist hübsch, und trutz allen Teufeln! mu? ich sie brauchen.
Lomellin. Gn?diger Herr! das einzige Kind des starrk?pfigsten Republikaners!
Gianettino. Geh in die H?lle mit deinem Republikaner! Der Zorn eines Vasallen und meine Leidenschaft! Das hei?t, der Leuchtthurm mu? einstürzen, wenn Buben mit Muscheln darnach werfen. (Drei schwarze Masken treten mit gro?en Bewegungen n?her.) Hat darum Herzog Andreas seine Narben geholt in den Schlachten dieser Lumpenrepublikaner, da? sein Neffe die Gunst ihrer Kinder und Br?ute erbetteln soll? Donner und Doria! diesen Gelust müssen sie niederschlucken, oder ich will über den Gebeinen meines Oheims einen Galgen aufpflanzen, an dem sich ihre genuesische Freiheit zu Tod zappeln soll. (Die drei Masken treten zurück.)
Lomellin. Das M?dchen ist eben jetzt allein. Ihr Vater ist hier und eine von den drei Masken.
Gianettino. Erwünscht, Lomellin. Gleich bringe mich zu ihr.
Lomellin. Aber Sie werden eine Buhlerin suchen und eine Empfindlerin finden.
Gianettino. Gewalt ist die beste Beredsamkeit. Führe mich alsobald hin; den republikanischen Hund will ich sehen, der am B?ren Doria hinaufspringt. (Fiesco begegnet ihm an der Thür.) Wo ist die Gr?fin?

Sechster Auftritt
Vorige. Fiesco.
Fiesco. Ich habe sie in den Wagen gehoben. (Er fa?t Gianettinos Hand und h?lt sie gegen seine Brust.) Prinz, ich bin jetzt doppelt in Ihren Banden. Gianettino herrscht über meinen Kopf und Genua; über mein Herz Ihre liebenswürdige Schwester.
Lomellin. Fiesco ist ganz Epikur?er worden. Die gro?e Welt hat viel an Ihnen verloren.
Fiesco. Aber Fiesco nichts an der gro?en Welt. Leben hei?t tr?umen; weise sein, Lomellin, hei?t angenehm tr?umen.
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