Die Soldaten | Page 8

Jacob Michael Reinhold Lenz
Das ist die Rheinluft--oder war der Tabak zu stark?
Stolzius. Leben Sie wohl.
(Geht wankend ab.)
Haudy. Da haben wir's. Mit euch verfluchten Arschgesichtern!
Rammler. Ha, ha, ha, ha--(Besinnt sich eine Weile, herumgehend.) Ihr dummen Teufels, seht ihr denn nicht, da? ich das alles mit Flei? angestellt habe--Herr Pfarrer, hab ich's Ihnen nicht gesagt?
Eisenhardt. Lassen Sie mich aus dem Spiel, ich bitte Sie.
Haudy. Du bist eine politische Gans, ich werde dir das Genick umdrehen.
Rammler. Und ich brech dir Arm und Bein entzwei, und werf sie zum Fenster hinaus. (Spaziert throsonisch umher.) Ihr kennt meine Finten noch nicht.
Haudy. Ja du steckst voll Finten, wie ein alter Pelz voll L?use. Du bist ein Kerl zum Speien mit deiner Politik.
Rammler. Und ich pariere, da? ich dich und all euch Leute hier beim Stolzius in Sack stecke, wenn ich's darauf ansetze.
Haudy. H?r, Rammler! es ist nur schade, da? du ein bi?chen zu viel Verstand bekommen hast, denn er macht sich selber zunicht, es geht dir, wie einer allzuvollen Bouteille, die man umkehrt, und doch kein Tropfen herausl?uft, weil einer dem andern im Wege steht. Geh, geh, wenn ich eine Frau habe, geb ich dir die Erlaubnis, bei ihr zu schlafen, wenn du sie dahin bringen kannst.
Rammler (sehr schnell auf und ab gehend). Ihr sollt nur sehen, was ich aus dem Stolzius noch machen will.
(Ab.)
Haudy. Der Kerl macht einem das Gallenfieber mit seiner Dummheit. Er kann nichts als andern Leuten das Konzept verderben.
Einer. Das ist wahr, er mischt sich in alles.
Mary. Er hat den Kopf immer voll Intrigen und R?nken, und meint, andere Leute k?nnen ebensowenig darohne leben, als er. Letzt sagt' ich dem Reitz ins Ohr, er m?cht' mir doch auf morgen seine Sporen leihen, ist er mir nicht den ganzen Tag nachgegangen, und hat mich um Gottes willen gebeten, ich m?cht' ihm sagen, was wir vorh?tten. Ich glaub, es ist ein Staatsmann an ihm verdorben.
Ein andrer. Neulich stellt' ich mich an ein Haus, einen Brief im Schatten zu lesen, er meinte gleich, es w?r' ein Liebesbrief, der mir aus dem Hause w?r' herabgeworfen worden, und ist die ganze Nacht bis um zw?lf Uhr um das Haus herumgeschlichen. Ich dachte, ich sollte aufbersten für Lachen, es wohnt ein alter Jude von sechzig Jahren in dem Hause, und er hatte überall an die Stra?e Schildwachten ausgestellt, die mir auflauren sollten, und ihm ein Zeichen geben, wenn ich hereinginge. Ich habe einem von den Kerls mit drei Livres das ganze Geheimnis abgekauft; ich dacht', ich sollte rasend werden.
Alle. Ha, ha, ha, und er meint', es sei ein hübsch M?dchen drin.
Mary. H?rt einmal, wollt ihr einen Spa? haben, der echt ist, so wollen wir den Juden avertieren, es sei einer da, der Absichten auf sein Geld habe.
Haudy. Recht, recht, da? euch die Schwerenot, wollen wir gleich zu ihm gehen. Das soll uns eine Kom?die geben, die ihresgleichen nicht hat. Und du, Mary, bring ihn nur immer mehr auf die Gedanken, da? da die sch?nste Frau in ganz Armentieres wohnt, und da? Gilbert dir anvertraut hat, er werde diese Nacht zu ihr gehn.

Dritte Szene
In Lille. Marie weinend auf einem Lehnstuhl, einen Brief in der Hand. Desportes tritt herein.
Desportes. Was fehlt Ihnen, mein goldnes Mariel, was haben Sie?
Marie (will den Brief in die Tasche stecken). Ach-Desportes. Ums Himmels willen, was ist das für ein Brief, der Ihnen Tr?nen verursachen kann?
Marie (etwas leiser). Sehen Sie nur, was mir der Mensch, der Stolzius, schreibt, recht als ob er ein Recht h?tte, mich auszuschelten. (Weint wieder.)
Desportes (liest stille). Das ist ein impertinenter Esel. Aber sagen Sie mir, warum wechseln Sie Briefe mit solch einem Hundejungen?
Marie (trocknet sich die Augen). Ich will Ihnen nur sagen, Herr Baron, es ist, weil er angehalten hat um mich, und ich ihm schon so gut als halb versprochen bin.
Desportes. Er um Sie angehalten? Wie darf sich der Esel das unterstehen? Warten Sie, ich will ihm den Brief beantworten.
Marie. Ja, mein lieber Herr Baron! Und Sie k?nnen nicht glauben, was ich mit meinem Vater auszustehen habe, er liegt mir immer in den Ohren, ich soll mir mein Glück nicht verderben.
Desportes. Ihr Glück--mit solch einem Lümmel. Was denken Sie doch, liebstes Mariel, und was denkt Ihr Vater? Ich kenne ja des Menschen seine Umst?nde. Und kurz und gut, Sie sind für keinen Bürger gemacht.
Marie. Nein, Herr Baron, davon wird nichts, das sind nur leere Hoffnungen, mit denen Sie mich hintergehen. Ihre Familie wird das nimmermehr zugeben.
Desportes. Das ist meine Sorge. Haben Sie Feder und Dinte, ich will dem Lumpenhund seinen Brief beantworten, warten Sie einmal.
Marie. Nein, ich will selber schreiben.
(Setzt sich an den Tisch, und macht das Schreibzeug zurecht, er stellt sich ihr hinter die Schulter.)
Desportes. So will ich Ihnen diktieren.
Marie. Das sollen Sie auch nicht.
(Schreibt..)
Desportes (liest ihr über die Schulter). Monsieur--Flegel setzen Sie dazu.
(Tunkt eine Feder ein und will dazu schreiben.)
Marie (beide Arme über den Brief ausbreitend). Herr Baron--
(Sie fangen an zu
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