Die Schwestern | Page 4

Jakob Wasserman
K?nigin ihre erste Dame zu Johanna. Scheidung und Kerker wurden der Infantin in Aussicht gestellt; wo heilige Satzungen verletzt w��rden, d��rfe der K?nig das eigene Geschlecht nicht schonen. Im August mu?te Don Philipp nach Italien ziehen, und der K?nig befahl der Infantin, sich nach Medina del Campo zu begeben. Sie wurde dort gleich einer Gefangenen gehalten, ein fanatischer Dominikaner, durch ihre Ruhe get?uscht, glaubte mit wilden Predigten ihr Gewissen schrecken zu sollen und kr?chzte ihr wie ein b?ser Rabe dreimal t?glich das Register der h?llischen Strafen vor.
Nach seiner Heimkehr lie? Philipp die Infantin zu sich kommen und versprach ihr aus freien St��cken, sie vor allen Verfolgungen zu sch��tzen. Einige meinten, Furcht vor ihren Zauberk��nsten h?tte ihn dazu bewogen. Andere sagten, ihre Sch?nheit habe pl?tzlich seine Begierde erregt, und aus List habe er sie bestimmt, sich vorerst zum Schein zu f��gen.
Indes brachten giftige Zungen sein Blut in Aufruhr, und ihn wurmte der d��stere Spott in allen Gesichtern. Dem versteckten Spaniertum war seine aufrichtige Jugend nicht gewachsen. Wie eitel ihre Blicke, wie verr?terisch ihr H?ndedruck, und der Ton ihrer Rede so s��?, da? man Honig auf der Zunge zu sp��ren glaubte. Eingesponnen von wirbelnd-schw��ler Luft, des ?ftern schlaflos liegend, von Gier und Groll gew��rgt, lie? sich Philipp von seinem ungelenkten Trieb zu einer Handlung niedertr?chtiger Art hinrei?en.
Er verabredete sich mit den beiden K?mmerlingen, Herrn von Fyennes und Herrn Florys von Ysselstein. An einem Abend drangen sie zu sp?ter Stunde durch einen geheimen Gang und, indem sie eine verschlossene T��r erbrachen, in das Schlafgemach Johannas. Mit dem gez��ckten Schwert stellte sich der Herzog vor das Bett und forderte die Infantin auf, sein rechtm??ig leibliches Weib zu werden; str?ube sie sich aber, so m��sse sie den Tod erleiden.
Die sch?ngefl?chten Wangen von fahlem Glanz ��bergossen, richtete sich die Infantin auf und bedeutete den beiden Edelleuten, das Zimmer zu verlassen. Diese dachten nicht anders, als ihrem Herrn geschehe der Willen, und gehorchten. Darauf entkleidete sich Johanna, band ein schwarzes Tuch ��ber die Augen und sagte: ?So k?nnt ihr mich nehmen, sehend nicht, so k?nnt ihr euren Wunsch befriedigen und zugleich eure Drohung wahr machen. Gott sei mir gn?dig.?
Philipp, eben noch toll und hei?, stand eine Weile nachdenklich. Dann fing er an zu zittern und zitternd, mit scheu gesenkten Blicken, verlie? er den Raum. Von Stund an war er verwandelt. Im Palast verbreitete sich Sorge und Befremden. Nur f��r Johanna begann sich sein K?rper langsam aus dem Chaos der Ungestalten zu l?sen.
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Anfangs lag er noch der Jagd und dem Ballspiel ob, erschien auch noch regelm??ig bei der Tafel. Dann schlo? er sich ab. Seine Hautfarbe ward grau, sein Auge tr��b und krank, sein Gang geb��ckt. Don Diego Gotor, der Leibarzt, sagte, da? ein Fieber in seinen Knochen w��hle. Es schien, als w?re er nicht mehr imstande, ein vern��nftiges Gespr?ch zu f��hren; jede Aufmunterung nahm er ohne Anteil hin.
Er gab die notwendigen Befehle schriftlich und sprach nur mit Donna Gregoria, Johannas einziger Vertrauten, die t?glich zu ihm kam.
Es ist Zauberei, sagten die Hofleute. Wenn Diego Gotor aus dem Zimmer des Herzogs trat, umringten sie ihn neugierig. Das Greisengesicht Don Diegos, das durch ein dauerndes Wechselspiel von tausend Falten und F?ltchen ?hnlichkeit mit einem st��rmischen Wolkenhimmel hatte, war traurig und ratlos. In einem Leben von siebzig Jahren hatte Diego Gotor das Gem��t der Menschen mit derselben Begierde erforscht, mit welcher der unscheinbare Wurm das Innere der Erde durchh?hlt.
Er sagte: ?Im Morgenland erfuhr ich, da? J��nglinge, denen der Gegenstand ihrer Liebe sich entzog, in ein Leiden verfielen gleich dem unseres Herzogs. Ein solcher Mensch lag wie im Starrkrampf da, schwebte zwischen Schlaf und Tod, und sein Geist hatte nicht mehr die Kraft, den K?rper zu regieren. Konnte sein Begehren nicht gestillt werden, so siechte er allm?hlich hin und mu?te sterben oder es brauchte viele Jahre und dauernde Entfernung von der geliebten Person, bis er wieder unter Menschen wandeln konnte, der Freude freilich beraubt. So geschieht es wie gesagt im Morgenland, wo das Blut von dicker und schwarzer Beschaffenheit ist. Doch versicherte mich ein gelehrter Mann, da?, wie der Blitz nur in die h?chsten B?ume schl?gt, blo? Auserw?hlte von solchem Unheil betroffen werden k?nnen, und da? gemeine Fleischeslust damit nicht mehr verwandt ist als das K��chenfeuer mit dem Blitz.?
Die Ritter fluchten der Infantin. Wie kann Johanna einem Jammer ruhig zusehen, dessen Ursache sie selber ist, lie?en sie sich vernehmen; wie ertr?gt sie es vor ihrem Gewissen, den herrlichen Mann so sich verzehren zu lassen, als w?re sie stumm, taub, blind und lahm.
Bald fing Philipp an, Trank und Speise von sich zu weisen, versagte sich dem Gebet, und sonst heilsame Mixturen ��bten keine Wirkung. Seine Augen erloschen, die Hand schlo? sich nicht mehr zum Druck beim Gru?.
Des Nachts richtete er sich auf und streckte die Arme aus, als wolle er ein Luftbild umschlingen. Die hei?e Lippe lallte einen
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