Die Schwestern | Page 3

Jakob Wasserman
gesehen, was den Schlummer ihrer Jugend zerrissen hatte, und es war Zwang von au?en, der ihr das Schicksal an den Lauf der Sterne zu kn��pfen befahl. Auch war es eine Zeit, vor der der Nachdenkliche in Bangnis geraten konnte: der Ozean gebar neue L?nder, Ost und West gaben unerh?rte Mysterien preis, das Wort Christi starb hin, als w?re es nie gewesen, ��ber das Firmament schauerte wie ein Fieber der Gedanke der Unendlichkeit.
Sie tr?umte von einem Antlitz, das im Schmerz die Z��ge gro?er Liebe annahm wie der gl��hende Stahl sich unter dem Hammer biegt; von einem Auge, nicht getr��bt, sondern verkl?rt durch das Verlangen; von einer Geb?rde, vertrauensw��rdiger als Eide; von einem Laut aus dem innersten Innern des Herzens; von einer Gewalt, die sie ergriff und trug, Niedriges zerstampfte, H??liches unsichtbar machte. Ihre Sinne waren gesch?rft f��r Blick, Geb?rde, Laut; f��r den Schmerz, den die Gelegenheit erzeugt, und f��r den, der das Dasein verdunkelt; f��r die aus Qual und Lust geborenen Versprechungen, welche die Z��ge der Redlichkeit heucheln, und f��r diejenigen, die von Gott selbst geheiligt werden und wie ewige S?ulen den Bau der Seele tragen.
Oft war ihr, als risse sie eine ungeheure Faust vom Boden empor und hielte sie so zwischen Himmel und Erde, da? sie nicht fallen konnte, jedoch fortw?hrend zu fallen f��rchten mu?te. Sie schien hoch ��ber allen zu schweben und verging vor Angst, tief unter alle hinab zu fallen. Es kam vor, da? sie n?chtelang auf den Knieen lag und f��r Philipp betete; aber nicht wie das Weib f��r den Gatten betet; Philipp stand schattenbla? vor ihrem innern Auge, fast wie ein Gespenst, noch ohne feste Gestalt, wie etwas aus weiten Fernen, was auf einer schwanken Br��cke ging oder auf lautlosem Wasser glitt. Sie w��nschte, da? Philipp kommen, da? er werden, da? er leben m?ge.
Sie hatte soviel Finsternis in sich, da? ihr die Nacht bisweilen wie ein leuchtender Nebel erschien. Dann schoben sich alle Dinge auf einfachste Linien zusammen, alles wurde Gesicht, Steine atmeten, tote R?ume redeten. Wie unfa?lich und ��berw?ltigend war es dann, auf dieses Wesen zu warten, das da wurde, aus dem Wirrsal der Kreaturen emporstieg, zugleich kristall- und pflanzenhaft. Sie selbst sp��rte sich wie eine Blume, ihr Menschenleib l?ste sich ab, und sie schaute in ihr eigenes Antlitz, das welk und schlafend schien.
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Es liegt den geringen Naturen nahe, da? sie, an das Los einer gr??eren gekettet, nicht an Schicksalsvollzug glauben wollen, sondern die Flucht ergreifen und zu den niedrigen Neigungen eilen, die ihnen die Herrschaft in ihrem Eigenkreise sichern.
So auch Philipp. Den Spott seiner Leute f��rchtend, bem��hte er sich, der Alte zu sein, sich selbst zu ��berbieten, und gab acht, da? die Sache, die insgeheim seine Ehre benagte, nicht durch die M?uler geschleift werde. Wurde nach und nach seine Hoffnung geringer, die Infantin zur Vernunft zu bringen, so verbarg er doch so gut als m?glich die wachsende Ungeduld. Er dachte an Gewalt; dies hatte gute Weile, es brachte zuviel L?rm mit sich, au?erdem durfte er die Meinung des Volkes nicht mi?achten, dem er noch ein Fremdling war.
Zuviel Kopfzerbrechen. Diesem J��ngling war es nicht gegeben, am Menschen Schwierigkeiten zu entdecken. Er suchte Zerstreuungen und trieb es unverhohlen mit der h��bschen Anna Sterel, der Gattin eines schw?bischen Edelmannes. Seine Phantasie malte ihm das Bild einer eifers��chtigen Infantin, die sich so, schlau erdacht, in den eignen Stricken fing. N?chtlicherweise ging er mit dem Freund, dem Pfalzgrafen Friedrich, auf Abenteuer. Sie verkleideten sich und trieben allerhand Unfug.
Der Pfalzgraf war ein Held, eine Leuchte des Rittertums, deutscher Herr, aber ganz nach dem neuen spanischen Schnitt, voller Galanterien, voller Schulden. Er war auch musikalisch und schlug den Herrn von Moncada, der behauptet hatte, die Musik mache weibisch, beim Turnier so darnieder, da? er taub wurde. Als Reiter hatte er nicht seines gleichen; es war sprichw?rtlich zu sagen: er reitet wie der Pfalzgraf. Dieser Bramarbas brach in ein h?llisches Gel?chter aus, als ihm Herr Hughes von Melun, der die Kunde von Frau von Molembais besa?, vorsichtig zufl��sterte, wie es um Philipp und Johanna stand. Er rasselte von Kopf bis zu den F��?en, er rasselte mit Kette, Schwert und Augen, als er erwiderte: ?Gemach, gemach! der Herzog wird wohl wissen, wie man ein st?rrisches Frauenzimmer traktiert. Es ist nicht lange her, da? der muntere Philipp zu jedem Nachtessen ein warmes Weiberherz verspeist hat.?
Nun mu?te der Pfalzgraf im Fr��hjahre nach Deutschland zur��ckkehren. Philipp war traurig wie einer, der beim Wein sitzt und dem pl?tzlich der Wind Becher und Flasche davontr?gt. Er verlor die Sicherheit und begann mi?trauisch und mit verhaltener Wut auf das Wispern zu horchen, in dem sich Herren und Diener gefielen, wenn er vor��berging.
Das Gerede war nicht mehr zu d?mmen. Ein Hoffr?ulein hatte das Geheimnis dem Granvella anvertraut, der hinterbrachte es dem K?nig nach Madrid. Der K?nig war au?er sich und schickte seinen Kanzler zu Philipp, die
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