Die Piccolomini | Page 9

Friedrich von Schiller
Bewenden.
Wenn du mir also gutsagst für
die andern--
Illo.
Es ist nur eine Stimme unter allen:
Du dürf'st das Regiment nicht
niederlegen.
Sie werden an dich deputieren, hör ich.
Wallenstein.
Wenn ich mich gegen sie verpflichten soll,
So müssen sie's auch
gegen mich.
Illo.
Versteht sich.
Wallenstein.
Parole müssen sie mir geben, eidlich, schriftlich,
Sich meinem Dienst
zu weihen,unbedingt.
Illo.
Warum nicht?
Terzky.
Unbedingt? Des Kaisers Dienst,
Die Pflichten gegen Östreich werden
sie
Sich immer vorbehalten.
Wallenstein. (den Kopf schüttelnd)

Unbedingt
Muß ich sie haben. Nichts von Vorbehalt!
Illo.
Ich habe einen Einfall--Gibt uns nicht
Graf Terzky ein Bankett heut
abend?
Terzky. Ja,
Und alle Generale sind geladen.
Illo. (zum Wallenstein)
Sag! Willst du völlig freie Hand mir lassen?
Ich schaffe dir das Wort
der Generale,
So wie du's wünschest.
Wallenstein.
Schaff mir ihre Handschrift.
Wie du dazu gelangen magst, ist deine
Sache.
Illo.
Und wenn ich dir's nun bringe, schwarz auf weiß,
Daß alle Chefs, die
hier zugegen sind,
Dir blind sich überliefern--Willst du dann
Ernst
machen endlich, mit beherzter Tat
Das Glück versuchen?
Wallenstein.
Schaff' mir die Verschreibung!
Illo.
Bedenke, was du tust! Du kannst den Kaisers
Begehren nicht
erfüllen--kannst das Heer
Nicht schwächen lassen--nicht die
Regimenter
Zum Spanier stoßen lassen, willst du nicht
Die Macht
auf ewig aus den Händen geben.
Bedenk das andre auch! Du kannst

des Kaisers
Befehl und ernste Ordre nicht verhöhnen,
Nicht länger
Ausflucht suchen, temporisieren,
Willst du nicht förmlich brechen
mit dem Hof.
Entschließ dich! Willst du mit entschloßner Tat

Zuvor ihm kommen? Willst du, ferner zögernd,
Das Äußerste
erwarten?
Wallenstein.
Das geziemt sich,
Eh' man das Äußerste beschließt!
Illo.
Oh! nimm der Stunde wahr, eh' sie entschlüpft.
So selten kommt der
Augenblick im Leben,
Der wahrhaft wichtig ist und groß. Wo eine

Entscheidung soll geschehen, da muß vieles
Sich glücklich treffen
und zusammenfinden--
Und einzeln nur, zerstreuet zeigen sich
Des
Glückes Fäden, die Gelegenheiten,
Die, nur in einen Lebenspunkt
zusammen
Gedrängt, den schweren Früchteknoten bilden.
Sieh!
Wie entscheidend, wie verhängnisvoll
Sich's jetzt um dich
zusammenzieht!--Die Häupter
Des Heers, die besten, trefflichsten,
um dich,
Den königlichen Führer, her versammelt,
Nur deinen
Wink erwarten sie--Oh! laß
Sie so nicht wieder auseinandergehen!

So einig führst du sie im ganzen Lauf
Des Krieges nicht zum
zweitenmal zusammen.
Die hohe Flut ist's, die das schwere Schiff

Vom Strande hebt--Und jedem einzelnen
Wächst das Gemüt im
großen Strom der Menge.
Jetzt hast du sie, jetzt noch! Bald sprengt
der Krieg Sie wieder auseinander, dahin, dorthin--
In eignen kleinen
Sorgen und Interessen
Zerstreut sich der gemeine Geist. Wer heute,

Vom Strome fortgerissen, sich vergißt,
Wird nüchtern werden, sieht
er sich allein,
Nur seine Ohnmacht fühlen und geschwind

Umlenken in die alte, breitgetretne
Fahrstraße der gemeinen Pflicht,
nur wohlBehalten
unter Dach zu kommen suchen.
Wallenstein.

Die Zeit ist noch nicht da.
Terzky.
So sagst du immer.
Wann aber wird es Zeit sein?
Wallenstein.
Wenn ich's sage.
Illo.
Oh! du wirst auf die Sternenstunde warten,
Bir dir die irdische
entflieht! Glaub mir,
In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne.

Vertrauen zu dir selbst, Entschlossenheit
Ist deine Venus! Der
Maleficus,
Der einz'ge, der dir schadet, ist der Zweifel.
Wallenstein.
Du redst, wie du's verstehst. Wie oft und vielmals
Erklärt' ich
dir's!--Dir stieg der Jupiter
Hinab bei der Geburt, der helle Gott;
Du
kannst in die Geheimnisse nicht schauen.
Nur in der Erde magst du
finster wühlen,
Blind wie der Unterirdische, der mit dem bleichen

Bleifarbnen Schein ins Leben dir geleuchtet.
Das Irdische, Gemeine
magst du sehn,
Das Nächste mit dem Nächsten klug verknüpfen;

Darin vertrau ich dir und glaube dir.
Doch, was geheimnisvoll
bedeutend webt
Und bildet in den Tiefen der Natur,--
Die
Geisterleiter, die aus dieser Welt des Staubes
Bis in die Sternenwelt,
mit tausend Sprossen,
Hinauf sich baut, an der die himmlischen

Gewalten wirkend auf und nieder wandeln,
--Die Kreise in den
Kreisen, die sich eng
Und enger ziehn um die zentralische Sonne--

Die sieht das Aug' nur, das entsiegelte,
Der hellgebornen, heitern
Joviskinder,
(Nachdem er einen Gang durch den Saal gemacht, bleibt er stehen

und fährt fort.)
Die himmlischen Gestirne machen nicht
Bloß Tag und Nacht, Frühling und Sommer--nicht
Dem Sämann bloß
bezeichnen sie die Zeiten
Der Aussaat und der Ernte. Auch des
Menschen Tun
Ist eine Aussaat von Verhängnissen,
Gestreuet in
der Zukunft dunkles Land,
Den Schicksalsmächten hoffend
übergeben.
Da tut es not, die Saatzeit zu erkunden,
Die rechte
Sternenstunde auszulesen,
Des Himmels Häuser forschend zu
durchspüren,
Ob nicht der Feind des Wachsens und Gedeihens
In
seinen Ecken schadend sich verberge .
Drum laßt mir Zeit. Tut ihr
indes das Eure.
Ich kann jetzt noch nicht sagen, was ich tun will.

Nachgeben aber werd ich nicht. Ich nicht!
Absetzen sollen sie mich
auch nicht--Darauf
Verlaßt euch.
Kammerdiener. (kommt)
Die Herren Generale.
Wallenstein.
Laß sie kommen.
Terzky.
Willst du, daß alle Chefs zugegen seien?
Wallenstein.
Das braucht's nicht. Beide Piccolomini,
Maradas, Buttler, Forgatsch,
Deodat,
Caraffa, Isolani mögen kommen.
(Terzky geht hinaus mit dem Kammerdiener.)
Wallenstein. (zu Illo)

Hast du den Questenberg bewachen lassen?
Sprach er nicht ein'ge in
geheim?
Illo.
Ich hab ihn scharf bewacht. Er war mit niemand
Als dem Octavio.
Siebenter Auftritt
Vorige. Questenberg, beide Piccolomini, Buttler, Isolani, Maradas
und noch drei andere Generale treten herein. Auf den Wink des
Generals nimmt Questenberg ihm gerad gegenüber Platz, die andern
folgen nach ihrem Range. Es herrscht eine augenblickliche Stille.
Wallenstein.
Ich hab den Inhalt Ihrer Sendung zwar
Vernommen, Questenberg,
und wohl erwogen,
Auch meinen Schluß gefaßt, den nichts mehr
ändert.
Doch, er gebührt
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