Die Piccolomini | Page 3

Friedrich von Schiller
paßte lange!
--Frisch mitten durchgegriffen, das ist
besser!
Reiß' dann, was mag!--Die Menschen, in der Regel,

Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln
Und finden sich in ein
verhaßtes Müssen
Weit besser als in eine bittre Wahl.
Questenberg.
Ja, das ist wahr! Die Wahl spart uns der Fürst.
Illo.
Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen,
Wir sehen, wie's der
Kaiser mit uns meint.
Questenberg.
Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz
Und kann den einen nicht
dem andern opfern.
Isolani.
Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
Um seine teuren
Schafe zu behüten.
Questenberg. (mit Hohn)
Herr Graf! Dies Gleichnis machen Sie--nicht ich.
Illo.

Doch wären wir, wofür der Hof uns nimmmt,
Gefährlich war's, die
Freiheit uns zu geben.
Questenberg. (mit Ernst)
Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben,
Drum tut es not, den
Zaum ihr anzulegen.
Illo.
Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.
Questenberg.
Ein beßrer Reiter wird's besänftigen.
Illo.
Es trägt den einen nur, der es gezähmt.
Questenberg.
Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.
Illo.
Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.
Questenberg.
Sie kümmre nur die Pflicht und nicht der Name.
Buttler. (der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit
sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher)
Herr Präsident! Dem Kaiser steht in Deutschland
Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
In diesem Königreich

wohl dreißigtausend ,
Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;

Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,
Am Rhein und Main; in
Schwaben bieten sechs,
In Bayern zwölf den Schwedischen die
Spitze.
Nicht zu gedenken der Besatzungen,
Die an der Grenz' die
festen Plätze schirmen.
All dieses Volk gehorcht Friedländischen

Hauptleuten. Die's befehligen, sind alle
In eine Schul' gegangen, eine
Milch
Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.
Fremdlinge stehn sie
da auf diesem Boden,
Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.

Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,
Denn Tausende, wie mich,
gebar die Fremde.
Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam
Aus
fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,
Gleichgültig, unterm
Doppeladler fechtend
Wie unterm Löwen und den Lilien.
Doch alle
führt an gleich gewalt'gem Zügel
Ein einziger, durch gleiche Lieb'
und Furcht
Zu einem Volke sie zusammenbindend.
Und wie des
Blitzes Funke sicher, schnell,
Geleitet an der Wetterstange, läuft,

Herrscht sein Befehl vom letzten fernen Posten,
Der an die Dünen
branden hört den Belt,
Der in der Etsch fruchtbare Täler sieht,
Bis
zu der Wache, die ihr Schilderhaus
Hat aufgerichtet an der
Kaiserburg.
Questenberg.
Was ist der langen Rede kurzer Sinn?
Buttler.
Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,
Das uns dem Friedland
unterwürfig macht,
Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,
Den
uns der Hof aus Wien herübersendet.
Und ist in treuem Angedenken
noch,
Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.
War's etwa
kaiserliche Majestät,
Die ein gemachtes Heer ihm übergab,
Den
Führer nur gesucht zu ihren Truppen?
--Noch gar nicht war das Heer.
Erschaffen erst
Mußt' es der Friedland, er empfing es nicht,

Er gab's
dem Kaiser! Von dem Kaiser nicht
Erhielten wir den Wallenstein

zum Feldherrn.
So ist es nicht, so nicht! Vom Wallenstein
Erhielten
wir den Kaiser erst zum Herrn,
Er knüpft uns, er allein, an diese
Fahnen.
Octavio. (tritt dazwischen)
Es ist nur zur Erinnerung, Herr Kriegsrat,
Daß Sie im Lager sind und
unter Kriegern.-
Die Kühnheit macht, die Freiheit den Soldaten.-

Vermöcht' er keck zu handeln, dürft' er nicht
Keck reden auch?--Eins
geht ins andre drein.-
Die Kühnheit dieses würd'gen Offiziers,
(auf
Buttlern zeigend)
Die jetzt in ihrem Ziel sich nur vergriff,
Erhielt, wo nichts als
Kühnheit retten konnte,
Bei einem furchtbarn Aufstand der
Besatzung
Dem Kaiser seine Hauptstadt Prag.
(Man hört von fern
eine Kriegsmusik)
Illo.
Das sind sie!
Die Wachen salutieren--Dies Signal
Bedeutet uns, die
Fürstin sei herein.
Octavio. (zu Questenberg)
So ist auch mein Sohn Max zurück. Er hat sie
Aus Kärnten abgeholt
und hergeleitet.
Isolani. (zu Illo)
Gehn wir zusammen hin, sie zu begrüßen?
Illo.
Wohl! Laßt uns gehen. Oberst Buttler, kommt!
(zum Octavio.)

Erinnert Euch, daß wir vor Mittag noch
Mit diesem Herrn beim Fürsten uns begegnen.
Dritter Auftritt
Octavio und Questenberg, die zurückbleiben.
Questenberg. (mit Zeichen des Erstaunens)
Was hab ich hören müssen, Gen'ralleutnant!
Welch zügelloser Trotz!
Was für Begriffe!
--Wenn dieser Geist der allgemeine ist--
Octavio.
Drei Viertel der Armee vernahmen Sie.
Questenberg.
Weh uns! Wo dann ein zweites Heer gleich finden,
Um dieses zu
bewachen!--Dieser Illo, fürcht ich,
Denkt noch viel schlimmer, als er
spricht. Auch dieser Buttler Kann seine böse Meinung nicht verbergen.
Octavio.
Empfindlichkeit--gereizter Stolz--nichts weiter!-
Diesen Buttler geb
ich noch nicht auf; ich weiß,
Wie dieser böse Geist zu bannen ist.
Questenberg. (voll Unruh' auf und ab gehend)
Nein! das ist schlimmer, oh! viel schlimmer, Freund! Als wir's in Wien
uns hatten träumen lassen.
Wie sahen's nur mit Höflingsaugen an,

Die von dem Glanz des Throns geblendet waren;
Den Feldherrn
hatten wir noch nicht gesehn,
Den allvermögenden, in seinem Lager.

Hier ist's ganz anders!
Hier ist kein Kaiser mehr. Der Fürst ist
Kaiser!
Der Gang, den ich an Ihrer Seite jetzt
Durchs Lager tat,
schlägt meine Hoffnung nieder.

Octavio.
Sie sehn nun selbst, welch ein gefährlich Amt
Es ist, das Sie vom Hof
mir überbrachten--
Wie mißlich die Person, die ich hier spiele.
Der
leiseste Verdacht des Generals,
Er würde Freiheit mir und Leben
kosten
Und sein verwegenes Beginnen nur
Beschleunigen.
Questenberg.
Wo war die Überlegung,
Als wir dem Rasenden das
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