Die Mitschuldigen | Page 9

Johann Wolfgang von Goethe
hinterdrein.

Zweiter Auftritt
[Der Wirt. Sophie.]
Sophie. Mein Vater, denken Sie! -
Wirt. Nicht einmal guten Morgen?
Sophie. Verzeihen Sie; mein Kopf schwillt von ganz andern Sorgen.
Wirt. Warum?
Sophie. Alcestens Geld, das er erst kurz empfing, Ist miteinander fort.
Wirt. Fort! das verfluchte Ding Um's K?nigs Pharao!
Sophie. Nicht doch, es ist gestohlen!
Wirt. Wie?
Sophie. Ei, vom Zimmer weg!
Wirt. Den soll der Henker holen, Den Dieb! Wer ist's? Geschwind!
Sophie. Wer's w��?te!
Wirt. Hier im Haus?
Sophie. Ja, von Alcestens Tisch, aus der Schatull heraus.
Wirt. Und wann?
Sophie. Heut nacht!
Wirt [vor sich]. Das ist f��r meiner Neugier S��nden! Die Schuld kommt noch auf mich, man wird den Wachsstock finden.
Sophie [vor sich]. Er ist best��rzt und murrt, hat er's wohl selbst getan? Im Zimmer war er nun, der Wachsstock klagt ihn an.
Wirt [vor sich]. Hat es Sophie wohl selbst? Verflucht! das w?r noch schlimmer! Sie wollte gestern Geld, und war heut nacht im Zimmer. [Laut.] Das ist ein dummer Streich! Gib acht! der tut uns weh; Wohlfeil und sicher sein ist unsre Renommee.
Sophie. Wie's ihm ein Schaden ist, so ist's auch uns ein Schaden; Es wird am Ende doch dem Gastwirt aufgeladen.
Wirt. Ja, und es ist ein Ding, f��r das er gar nichts kann; Ist Diebsgesind im Haus, wer ist's? Wei? er es dann? Es ist ein arger Streich!
Sophie. Es schl?gt mich g?nzlich nieder.
Wirt [vor sich]. Aha, es wird ihr bang. [Laut, etwas verdrie?lich.] Ich wollt', er h?tt es wieder! Ich w?r recht froh.
Sophie [vor sich]. Schon gut, die Reue kommt ihm ein. [Laut.] Und wenn er's wieder hat, so mag der T?ter sein, Wer will; man sagt's ihm nicht, und ihn bek��mmert's weiter Auch nicht.
Wirt [vor sich]. Wenn sie's nicht hat, bin ich ein B?renh?uter! [Laut.] Du bist ein gutes Kind, und mein Vertraun zu dir - Wart nur! [Er geht, nach der T��re zu sehen.]
Sophie [vor sich]. Gebt acht, er kommt und offenbart sich mir!
Wirt. Ich kenne dich, Sophie; du pflegtest nie zu l��gen.
Sophie. Eh hab ich aller Welt als Ihnen was verschwiegen. Drum hoff' ich diesesmal auch zu verdienen -
Wirt. Sch?n! Du bist mein Kind; und was geschehn ist, ist geschehn.
Sophie. Papa, ich nehm's gewi? nicht strenger, als Sie's nehmen.
Wirt. Es ist was Menschliches; nichts um sich viel zu sch?men. Da? du im Zimmer warst, das wei? kein Mensch als ich.
Sophie [erschrocken]. Sie wissen?
Wirt [l?chelnd]. Ich war drin, du kamst, ich h?rte dich; Ich wu?t nicht, wer es war, und lief, als k?m der Teufel.
Sophie [vor sich]. Ja, ja, er hat das Geld! Nun ist es au?er Zweifel.
Wirt. Erst jetzo fiel mir ein, ich h?rt dich heute fr��h.
Sophie. Und was vortrefflich ist, es denkt kein Mensch an Sie. Ich fand den Wachsstock -
Wirt. Du?
Sophie. Ich!
Wirt. Sch?n, bei meinem Leben! Nun sag, wie machen wir's, da? wir's ihm wiedergeben?
Sophie. Sie sagen: ?Herr Alcest! verschonen Sie mein Haus; Das Geld ist wieder da, ich hab den Dieb heraus. Sie wissen selbst, wie leicht Gelegenheit verf��hret; Doch kaum war es entwandt, so war er schon ger��hret, Bekannt und gab es mir. Da haben Sie's! Verzeihn Sie ihm!? - Gewi?, Alcest wird gern zufrieden sein.
Wirt. So was zu f?deln, hast du eine seltne Gabe.
Sophie. Ja, bringen Sie's ihm so!
Wirt. Gleich! wenn ich's nur erst habe.
Sophie. Sie haben's nicht?
Wirt. Eh nein! Wo h?tt' ich es denn her?
Sophie. Woher?
Wirt. Nun ja! Woher? Gabst du mir's denn?
Sophie. Und wer Hat's denn?
Wirt. Wer's hat!
Sophie. Jawohl! wenn Sie's nicht haben?
Wirt. Possen!
Sophie. Wo taten Sie's denn hin?
Wirt. Ich glaub, du bist geschossen! Hast du's denn nicht?
Sophie. Ich!
Wirt. Ja!
Sophie. Wie k?m ich denn dazu?
Wirt [macht ihr pantomimisch das Stehlen vor]. Eh!
Sophie. Ich versteh Sie nicht!
Wirt. Wie unversch?mt bist du! Jetzt, da du's geben sollst, gedenkst du auszuweichen. Du hast's ja erst bekannt. [Zum Parterre.] Ihr Herrn seid meine Zeugen.
Sophie. Nein, das ist mir zu hoch! Jetzt klagen Sie mich an; Und sagten nur erst jetzt, Sie h?tten's selbst getan!
Wirt. Du Kr?te! Ich's getan! Ist das die schuld'ge Liebe, Die Ehrfurcht gegen mich? Du machst mich gar zum Diebe, Da du die Diebin bist!
Sophie. Mein Vater!
Wirt. Warst du nicht Heut fr��h im Zimmer?
Sophie. Ja!
Wirt. Und sagst mir ins Gesicht, Du h?ttest nicht das Geld?
Sophie. Beweist das gleich?
Wirt. Ja!
Sophie. Waren Sie denn nicht auch heut fr��h -
Wirt. Ich fa? dich bei den Haaren, Wenn du nicht schweigst und gehst! [Sie geht weinend ab.] Du treibst den Spa? zu weit, Nichtsw��rdge! - Sie ist fort! Es war ihr hohe Zeit! Vielleicht bild't sie sich ein, mit Leugnen durchzukommen! Das Geld ist einmal fort, und gnug, sie hat's genommen!

Dritter Auftritt
[Alcest in Gedanken. Der Wirt.]
Wirt [verlegen und bittend]. Ich bin recht sehr best��rzt, da? ich erfahren mu? -! Ich sehe, gn?dger Herr, Sie sind noch voll Verdru?. Doch bitt ich, vorderhand es g��tigst zu verschweigen; Es wird sich wohl ein Weg zum Wiederkommen zeigen. Erf?hrt man's in der Stadt, so freun die Neider sich, Und ihre Bosheit schiebt wohl alle Schuld auf mich. Es kann kein Fremder
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