guten Weines eingekauft, sowie einen Korb mit verschiedenen guten Speisen, damit in Seldwyla kein Gelaufe entstehen sollte und er in aller Stille mit der Mutter und der Schwester ein Abendbrot einnehmen konnte. So brauchte die Mutter nur den Tisch zu decken und Pankraz trug auf, einige gebratene Hühner, eine herrliche Sülzpastete und ein Paket feiner kleiner Kuchen; ja noch mehr! Auf dem Wege hatte er bedacht, wie dunkel einst das armselige Tranl?mpchen gebrannt und wie oft er sich über die kümmerliche Beleuchtung ge?rgert, wobei er kaum seine mü?igen Siebensachen handhaben gekonnt, ungeachtet die Mutter, die doch ?ltere Augen hatte, ihm immer das L?mpchen vor die Nase geschoben, wiederum zum gro?en Erg?tzen Estherchens, die bei jeder Gelegenheit ihm die Leuchte wieder wegzupraktizieren verstanden. Ach, einmal hatte er sie zornig weinend ausgel?scht, und als die Mutter sie bekümmert wieder angezündet, blies sie Estherchen lachend wieder aus, worauf er zerrissenen Herzens ins Bett gerannt. Dies und noch anderes war ihm auf dem Wege eingefallen, und indem er schmerzlich und bang kaum erleben mochte, ob er die Verlassenen wiedersehen würde, hatte er auch noch einige Wachskerzen eingekauft, und zündete jetzo zwei derselben an, so da? die Frauensleute sich nicht zu lassen wu?ten vor Verwunderung ob all der Herrlichkeit.
Dergestalt ging es wie aus einer kleinen Hochzeit in dem H?uschen der Witwe, nur viel stiller, und Pankraz benutzte das helle Licht der Kerzen, die gealterten Gesichter seiner Mutter und Schwester zu sehen, und dies Sehen rührte ihn st?rker, als alle Gefahren, denen er ins Gesicht geschaut. Er verfiel in ein tiefes trauriges Sinnen über die menschliche Art und das menschliche Leben, und wie gerade unsere kleineren Eigenschaften, eine freundliche oder herbe Gemütsart, nicht nur unser Schicksal und Glück machen, sondern auch dasjenige der uns Umgebenden und uns zu diesen in ein strenges Schuldverh?ltnis zu bringen verm?gen, ohne da? wir wissen wie es zugegangen, da wir uns ja unser Gemüt nicht selbst gegeben. In diesen Betrachtungen ward er jedoch gest?rt durch die Nachbarn, welche jetzt ihre Neugierde nicht l?nger unterdrücken konnten und einer nach dem andern in die Stube drangen, um das Wundertier zu sehen, da sich schon in der ganzen Stadt das Gerücht verbreitet hatte, der verschollene Pankrazius sei erschienen, und zwar als ein franz?sischer General in einem viersp?nnigen Wagen.
Dies war nun ein h?chst verwickelter Fall für die in ihren Vergnügungslokalen versammelten Seldwyler, sowohl für die Jungen als wie für die Alten, und sie kratzten sich verdutzt hinter den Ohren. Denn dies war g?nzlich wider die Ordnung und wider den Strich zu Seldwyl, da? da einer wie vom Himmel geschneit als ein gemachter Mann und General herkommen sollte gerade in dem Alter, wo man zu Seldwyl sonst fertig war. Was wollte der denn nun beginnen? Wollte er wirklich am Orte bleiben, ohne ein Herabgekommener zu sein die übrige Zeit seines Lebens hindurch, besonders wenn er etwa alt würde? Und wie hatte er es angefangen? Was zum Teufel hatte der unbeachtete und unscheinbare junge Mensch betrieben die lange Jugend hindurch, ohne sich aufzubrauchen? Das war die Frage, die alle Gemüter bewegte, und sie fanden durchaus keinen Schlüssel, das R?tsel zu l?sen, weil ihre Menschen- oder Seelenkunde zu klein war, um zu wissen, da? gerade die herbe und bittere Gemütsart, welche ihm und seinen Angeh?rigen so bittere Schmerzen bereitet, sein Wesen im übrigen wohl konserviert, wie der scharfe Essig ein Stück Sch?pfenfleisch, und ihm über das gef?hrliche Seldwyler Glanzalter hinweggeholfen hatte. Um die Frage zu l?sen, stellte man überhaupt die Wahrheit des Ereignisses in Frage und bestritt dessen M?glichkeit, und um diese Auffassung zu best?tigen, wurden verschiedene alte Falliten nach dem Pl?tzchen abgesandt, so da? Pankraz, dessen schon versammelte Nachbarn ohnehin diesem Stande angeh?rten, sich von einer ganzen Versammlung neugieriger und gemütlicher Falliten umgeben sah, wie ein alter Heros in der Unterwelt von den herbeieilenden Schatten.
Er zündete nun seine türkische Pfeife an und erfüllte das Zimmer mit dem fremden Wohlgeruch des morgenl?ndischen Tabaks; die Schatten oder Falliten witterten immer neugieriger in den blauen Duftwolken umher, und Estherchen und die Mutter bestaunten unaufh?rlich die Leutseligkeit und Geschicklichkeit des Pankraz, mit welcher er die Leute unterhielt, und zuletzt die freundliche, aber sichere Gewandtheit, mit welcher er die Versammlung endlich entlie?, als es ihm Zeit dazu schien.
Da aber die Freuden, welche auf dem Familienglück und auf frohen Ereignissen unter Blutsverwandten beruhen, auch nach den l?ngsten Leiden die Beteiligten pl?tzlich immer jung und munter machen, statt sie zu ersch?pfen, wie die Aufregungen der weitern Welt es tun, so verspürte die alte Mutter noch nicht die geringste Müdigkeit und Schlaflust, so wenig als ihre Kinder, und von dem guten Weine erw?rmt, den sie mit Zufriedenheit genossen, verlangte sie endlich mit ihrer noch viel ungeduldigeren Tochter etwas N?heres von Pankrazens Schicksal zu wissen.
?Ausführlich," erwiderte dieser, ?kann ich jetzt meine trübselige Geschichte nicht mehr beginnen und es findet sich wohl die Zeit, wo ich euch

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