Die Last | Page 6

Georg Engel
Korbwagen und blickte nachdenklich auf die gl?nzenden Schienen, die im Sonnenlichte glei?ten und funkelten.
Er dachte daran, ob ihm auf dem eisernen Wege wohl etwas Gutes entgegen rollen würde? Ob er in Hedwig jene Stütze und Hilfe finden k?nnte, die er suchte? -- Merkwürdig, so oft er an das M?dchen dachte, befiel ihn wieder dasselbe unangenehme Gefühl, das sie ihm als Kind bereits eingefl??t. -- -- Aber sie konnte sich doch in der Zwischenzeit ge?ndert haben. Zwei Jahre bewirkten ja viel, und sie hatte gewi? in der Stralsunder Pension sich au?erordentlich vervollkommnet. Natürlich, es war l?cherlich, immerfort an dieser instinktiven Abneigung herumzugrübeln.
Nein, er wollte -- -- --
Ein eleganter Jagdwagen fuhr in diesem Augenblick vor und schreckte den Landmann aus seinen Betrachtungen auf. Gravit?tisch stieg der Kutscher in einer reichen, silberüberladenen Livree vom Bock, und Wilms erkannte, da? sein Gutsherr Graf Brachwitz, derselbe, der so streng auf die Eintreibung des Pachtgeldes bestanden, ebenfalls einen Gast erwarten müsse. Jedoch der Landmann war nicht neugierig, der Kutscher schritt vornehm an ihm vorüber, und um dieselbe Zeit verkündete ein rasches Keuchen und Prusten das Nahen des Zuges. Mit einem Sprung war Wilms an den Schienen, die Bahnhofsglocke erklang, langsam und kreischend hielten ein paar Waggons mitten auf dem freien Felde an. Und da -- aus einem Coupé sprang rasch und elastisch eine schlanke und dabei doch voll und kr?ftig gewachsene M?dchengestalt heraus, sah sich um, und hatte mit einem, einzigen, klaren, zielbewu?ten Blick den Wartenden erkannt.
?Schwager.?
Wilms horchte auf. Die Stimme t?nte so frisch und hell, so willenskr?ftig, beinahe, als wenn sie das Befehlen gewohnt w?re. -- Seltsam, das M?dchen war auch zweiter Klasse gefahren; das war ja eine Dame. Und als er nun endlich vor ihr stand, ihr die Hand entgegenstreckte und ein paar ungeschickte Begrü?ungsworte hervorbrachte, da leuchteten ein paar gro?e, braune Augen erst einen Moment forschend in die seinen hinauf, dann reichte sie ihm unbefangen den Mund, und mit einer gewissen peinlichen Beklemmung mu?te sich der gro?e ungeschickte Mann herabbeugen, um die roten Lippen einer ihm beinahe fremden Person zu küssen. Eine fr?stelnde, unangenehme Empfindung beschlich ihn dabei. -- Und diese vornehme Gestalt sollte bei ihm die Wirtschaft führen? -- Rasch nahm er ihr eine kleine Handtasche ab, und wollte sie eben zu seinem Wagen geleiten, als er pl?tzlich von einem jungen Herrn im Jagdkostüm angesprochen wurde, der sich ihm lachend in den Weg stellte.
?Halt, Herr Wilms, nicht so schnell -- na, Mensch, kennen Sie Ihre alten Freunde nicht mehr?? Dabei lüftete der J?ger vor Hedwig h?flich die grüne Mütze, w?hrend er sich seine Doppelflinte gewandt an einem Riemen über die Schulter warf. Wie er so dastand, bildete er den Typus eines hübschen, jungen, eleganten Aristokraten, mit seinem schwarzen Schnurrb?rtchen in dem braunen Gesicht, und mit dem l?ssigen, kraftbewu?ten Wesen seiner Kaste. Hinter ihm verharrte ein Livreebedienter mit abgezogenem Hut, und an den Taschen des jungen Herrn schnupperte ein brauner Jagdhund herum.
?Herr Fritz -- Herr Graf? -- fuhr Wilms heraus.
?Ach was,? schnitt der Weidmann ab und schüttelte dem P?chter wohlwollend die Hand: ?Sagen Sie, wie Sie Lust haben. Hier drau?en kommt's ja doch nicht drauf an. -- Habe n?mlich quittieren müssen -- Papas Wunsch, verstehen Sie? Damit ich auf dem Gut vernünftig werden soll. Als wenn ich nicht schon so vernünftig w?re, da? es einen Hund jammern k?nnte,? setzte er hinzu und wandte sich wieder an Wilms' Begleiterin.
?Gn?diges Fr?ulein besinnen sich wohl nicht mehr auf mich?? fuhr er liebenswürdig fort. ?Auch nicht auf den Pensionsball, wo ich das Glück hatte, mehrfach bevorzugter T?nzer zu sein -- wirklich nicht? -- Allerdings, wenn man so belagert wird.? Und wieder lüftete er freundlich die Mütze. -- ?Sind Sie denn mit Herrn Wilms bekannt, verwandt, verschw?gert, oder wie ist das??
?Jawohl, ich bin die Schw?gerin des Herrn,? gab das M?dchen h?flich zu, und doch h?rte der Landmann wieder einen kühlen abweisenden Ton heraus, der sich mehr für eine Komtesse, als für die Tochter des Rendanten Schr?der aus Grimmen schickte. Auch der junge Graf starrte ihr einen Augenblick betreten ins Gesicht, dann schien er pl?tzlich an der Unterhaltung keinen Gefallen mehr zu finden, denn er sah sich, ohne auf das M?dchen weiter Rücksicht zu nehmen, nach seinem Bedienten um, und forderte, indem er eine Zigarre in den Mund steckte, mit undeutlichem Murmeln Feuer.
?Gut -- brennt schon -- na, auf Wiedersehen, Wilms -- (er verga? beil?ufig das 'Herr') habe die Ehre, mein Fr?ulein -- heda, Hektor.? Er pfiff dem Hunde, grü?te leichthin und sprang auf den Wagen, dessen Zügel er ergriff. Hinter ihn setzte sich der Kutscher, und mit elegantem, unh?rbarem Rollen flog das Gef?hrt davon.
Da, wo die Chaussee in den Tannenschlag abbog, blickte sich der J?ger noch einmal um und sp?hte scharf zurück. Hedwig, die bereits neben Wilms auf dem Korbwagen Platz genommen hatte, bemerkte es, ein keckes, sp?ttisches L?cheln flog um ihre frischen Lippen, immer heimlich von dem
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