Liebhaber hier wartend auf
und nieder ging, dann, als schließlich eine öde Stunde verronnen war,
stampfte ich unwillig mit dem Fuß auf, schenkte die Rosen einem
vorübergehenden Ladenmädchen und ging allein in den Zirkus.
In einer Loge mir schräg gegenüber saß Jamaica. Sie schob gerade ein
Stück Konfekt in den roten Mund, an ihrer Seite saß ein blonder Herr,
vermutlich der schwedische Graf.
Ich merkte bald, sie hatte mich gesehen, hin und wieder schweifte ihr
Auge über mich hin. Nachher in der Pause begegneten wir uns im
Marstall, sie tat, als kannte sie mich nicht. Als wir einmal betrachtend
nebeneinander bei demselben Pferde standen, sie zwischen mir und
dem Grafen, nahm sie flugs meine Hand und drückte sie ein wenig,
ohne mich anzusehen, und während sie im Gespräch mit ihrem Freunde
blieb.
Es war doch etwas, es war doch ein Händedruck! Nachher saß sie mir
wieder gegenüber, hoheitsvoll, und schob Konfekt in ihren Mund. Nach
Schluß der Vorstellung sah ich sie mit dem Grafen in einem Automobil
fortfahren, Blicke der Bewunderung folgten ihr. Ich fühlte mich
ausgestoßen, ich war voll Neid, voll quälender Eifersucht, voll trotziger,
aufrührerischer Gefühle. Ich wollte an ihrer Seite sein, -- was scherte
mich dieser schwedische Graf!
Mürrisch, ein angeführter Liebhaber, ging ich allein durch die
nächtlichen Straßen und dann in eine Weinstube, um zu Abend zu
essen. Ein vermaledeiter Zufall wollte, daß dort schon Jamaica saß, mit
ihrem Freunde, bei Austern und Wein. Sie sah mich erstaunt an und
lächelte. Sie mußte denken, daß ich ihr nachgefahren sei. Ich verließ
also das Restaurant, ging in ein anderes und ertrank meinen Groll in
Burgunder.
Am nächsten Morgen traf ein Briefchen ein, in dem sie sich
entschuldigte, höhere Pflichten hätten sie verhindert usw. Der
Ausdruck »höhere Pflichten« amüsierte mich nicht etwa, sondern
ärgerte mich.
Sie kam eines Nachmittags zum Tee. Schlank, in brauner Seide, diskret
und musterhaft angezogen. Sie rauchte von meinen türkischen
Zigaretten, plauderte von Theater und Rennplatz und fühlte sich
offenbar sehr wohl in meinen weichen Sesseln und auf dem Lamafell
meines Diwans. Es war mir eine Lust, ihr zuzusehen. Weiß Gott, sie
hatte zuweilen Bewegungen, bei denen man zu fühlen meinte, daß sie
von einem unsichtbaren Hermelin umflossen sei. Mitunter saß sie
plötzlich schweigend da, mit einem klugen, etwas schwermütigen
Glanz im Auge, als dächte sie an etwas ungeheuer Ernstes. Sie war ein
wenig nervös, besonders ihre Hände, im übrigen machte sie den
Eindruck einer weltlichen, aber vornehmen jungen Frau. Nur wie sie
küßte und wie sie mitunter saugend die Arme um mich legte, das war
Kurtisanen-Art.
Sie kam öfter. Wir sprachen nicht von Liebe, obwohl ich sie von mal
zu mal heftiger liebte, aber ich wollte ihr meine Gefühle nicht zeigen.
Da, eines Nachmittags, als ich plaudernd auf dem Diwan ausgestreckt
lag und sie bei mir saß, warf sie plötzlich die Arme um mich, starrte
mich an, mit den Augen eines schönen Tieres, und während sich die
Farbe ihres Gesichts verdunkelte, quoll es ihr wie Lava zwischen den
Lippen durch: »Ich liebe Dich!« Darauf folgte ein Ausbruch so
ungezügelter Leidenschaft, daß ich glaubte, sie wollte mich ersticken.
Von diesem Tage an war eine Nuance der Demut in ihrem Wesen zu
mir, die ich liebte und die mich entzückte. Wir verlebten glückliche
Stunden, nur der Gedanke an den schwedischen Grafen marterte mich
und verursachte mir schlaflose Nächte. Immer, wenn ich zu ihr davon
anfangen wollte, drückte sie mir schweigend ihre kleine Hand vor den
Mund, so daß ich nicht sprechen durfte. Ja, ich war eifersüchtig, aber
ich merkte, sie hatte nicht die mindeste Absicht, sich von dem Grafen
zu trennen. Ich hatte keine besonderen Mittel, und sie war sehr
verwöhnt.
Eines Tages sagte sie mir lachend, sie wolle auf einige Wochen in ein
Seebad reisen, der Schwede ginge auf einen Monat zu Verwandten in
seine Heimat. Sie bat, ich möge mit ihr reisen. Ich sagte sogleich zu,
worauf sie ausgelassen durch das Zimmer tanzte.
Ein paar Tage später trafen wir in einem reizend gelegenen Ostseebade
ein, das ganz von Buchen- und Nadelholzwäldern umgeben ist. Wir
mieteten in einer schön gelegenen Villa auf der Höhe, von der Veranda
aus übersahen wir den Strand und die weite Fläche des Meeres.
Entzückend waren die Tage, welche folgten. Wir ritten viel, es gab
ganz brauchbare Pferde zu mieten, und Jamaica fühlte sich im Sattel
sehr glücklich. Wir trabten häufig in erster Frühe am Meere entlang,
wenn die Sonne noch mit den silbernen Morgenwolken kämpfte und
der Frühwind kräftig über das Wasser wehte.
Am Strand hatten wir eine Burg geschaufelt und mit zahllosen bunten
Wimpeln geschmückt. Jamaica trug gewöhnlich einen dunkelblauen
Tuchrock, eine helle Seidenbluse und Panama. Sie lag am liebsten faul
im Sande, indem sie die rinnenden Körnchen behaglich durch die
Finger gleiten ließ und in den blauen Himmel starrte; oder sie las
Maupassant und rauchte Zigaretten. Ich sah sie immer
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