Die Kurtisane Jamaica, by Hans
Bethge
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Title: Die Kurtisane Jamaica
Author: Hans Bethge
Release Date: November 9, 2007 [EBook #23425]
Language: German
Character set encoding: ISO-8859-1
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KURTISANE JAMAICA ***
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Hans Bethge
DIE KURTISANE JAMAICA
Novellen
1922 Gyldendalscher Verlag Berlin
Zweites bis viertes Tausend
Copyright by Gyldendalscher Verlag Berlin 1922 Alle Rechte
vorbehalten
Inhalt
Die Kurtisane Jamaica 7 Schloß Carnin 29 Das Bildnis der Geliebten
71 Nebelnacht 89 Ebeth 107 Die Hochzeit des Freundes 131
Wilibald Hachfeld gewidmet
Die Kurtisane Jamaica
Sie wurde Jamaica genannt, des holden, südlichen Ovales wegen, das
ihr Gesicht zeigte, und wegen der bräunlich hingehauchten Farbe ihres
Teints, der an eine eben angerauchte Meerschaumpfeife gemahnte.
Jamaica hatte seelenvolle Hände, ihr Mund war wie ein Schwertstich,
ihre großen Augen hatten einen perlenhaften Glanz. Sie war schlank,
schmalschulterig und biegsam, ihr Wesen war stolz und konnte
unnahbar sein. Gewiß, sie war eine Kurtisane, wie man hören wird,
aber sie hätte auch für eine Fürstin aus irgend einem exotischen Lande
gelten können.
Als ich sie das erstemal sah, war ein Frühsommertag. Sie ging langsam
und aufrecht über die Straße, mit etwas gerafftem Kleid, von einem
großen, schwarzen Hut überdacht. Eine vollendete Dame, dachte ich,
ein märchenhaftes Geschöpf.
Ich folgte ihr straßenweit. Wie eine holde Verlockung schritt die
schlanke Gestalt vor mir her, mit dem vollen braunen Haar und dem
schwarzen Hut, dessen Federn sich schwankend bewegten wie die
dunkeln Segel eines Schiffes auf dem Ozean. Dann stieg sie unvermutet
in einen Wagen, fuhr fort, -- und ich hatte das Nachsehen.
Nach einiger Zeit sah ich sie wieder, -- ich folgte ihr von neuem,
lebhaft erregt, da trat ein Freund an mich heran, klopfte mir auf die
Schulter und fragte:
»Wohin?«
»Einer Frau nach«, entgegnete ich. »Sie geht dort vorn, wie eine
Fürstin aus dem Süden.«
»Schwärmer«, sagte der Freund, dann lugte er aus. Ein Lächeln ging
über sein Gesicht.
»Das ist Jamaica«, sagte er.
»Jamaica?«
»Ja, -- eine Kurtisane. Sie hatte ein Verhältnis mit einem Prinzen aus
dem Hause Hohenzollern. Später war es ein Künstler, jetzt ist es ein
schwedischer Graf, wenn ich nicht irre.«
»Wie gut Du unterrichtet bist«, sagte ich, mit einer kleinen Bitterkeit in
der Stimme. »Kennst Du sie übrigens?«
Er nickte.
»Stelle mich doch vor«, sagte ich.
Wir gingen schneller, erreichten sie bald, mein Freund begrüßte sie und
stellte mich vor. Dann schlenderten wir alle drei durch den
Frühsommertag, Jamaica in der Mitte. Sie plauderte reizend, etwas
bestrickend Graziöses war in der Art, wie sie sich gab. Ich war
hingerissen.
Plötzlich sagte mein Freund, der sehr geschickt in solchen Dingen war:
»Ah, Irene!« Er tat, als sähe er eine Bekannte in einem Omnibus,
verabschiedete sich schnell, lief fort und sprang auf das Vehikel. Ich
war mit Jamaica allein. Plaudernd schritten wir weiter.
Ich sah sie mitunter von der Seite an; ein feines Profil, zart und
kapriziös, lange, dunkle Augenwimpern und eine ziemlich sinnliche
Nase. Sie hatte so etwas Unbefangenes, wie sie sprach, so etwas
Natürliches in Gang und Haltung, daß man sich wohl und froh an ihrer
Seite fühlte. Wir setzten uns vor ein Café und tranken etwas Kühlendes,
während das bunte Leben der Großstadt an uns vorüberflutete. Von
einem Blumenmädchen kaufte ich einen Strauß roter Nelken, sie
steckte ihn sich vor die Brust und sog aus dem Strohhalm die braune
Flüssigkeit der Eisschokolade in ihren schlanken Hals.
Nachher trennten wir uns, da sie, wie sie sagte, zur Schneiderin mußte.
Wir bestimmten einen der nächsten Abende, um in den Zirkus zu gehen.
Sie gab mir die dünne Hand und sagte: »Auf Wiedersehen!«, wobei sie
zwischen den roten Lippen die Perlenreihe ihrer Zähne sehen ließ.
Dann stieg sie in eine Droschke, die Nelken auf der Brust.
Ich schlenderte durch die Menschen hin und hatte immer noch Jamaica
in meinen Augen und in meinem Hirn, ihre Gestalt, ihr Lächeln, ihr
Profil, die Meerschaumfarbe ihrer Haut, ihre reizend rieselnde Stimme.
Mir wurde die Zeit lang bis zum Wiedersehen, ich saß zu Haus, und
statt zu arbeiten, malte ich den Namen Jamaica aufs Papier, -- und dann
kam der Abend, aber Jamaica kam nicht.
Ich wartete auf dem kleinen Platz in der Nähe des Zirkus, wo wir uns
verabredet hatten, ging auf und nieder, ein paar Rosen in der Hand, sah
nach der Uhr, war ungehalten, wartete weiter, sah mich, ironisch
lächelnd, selbst, wie ich als ein genarrter
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