Die Hochzeit des Moenchs | Page 9

Conrad Ferdinand Meyer
an seiner Stelle auch gewesen w?re. Er warf sich vor dem Sterbenden in dunkler Verzweiflung auf die Knie und flehte unter stürzenden Tr?nen: 'Herr, ich beschw?re Euch, habt Erbarmen mit Euch und mit mir!'
'La? den Schlaukopf seiner Wege gehen!', raunte der Tyrann. Der M?nch vernahm es nicht.
Wieder gab er den erstaunten Priestern ein Zeichen, und die Sterbelitanei wollte beginnen.
Da kauerte sich der Alte zusammen wie ein trotziges Kind und schüttelte das graue Haupt.
'La? den Arglistigen seine Stra?e ziehen!' mahnte Ezzelin lauter. --'Vater, Vater!' schluchzte der M?nch, und seine Seele zerflo? in Mitleid.
'Erlauchter Herr und christlicher Bruder', fragte jetzt ein Priester mit unsicherer Stimme, seid Ihr in der Verfassung, Euern Sch?pfer und Heiland zu empfangen?'
Der Alte schwieg.
'Steht Ihr fest im Glauben an die Heilige Dreifaltigkeit? Antwortet mir, Herr!' fragte der Geistliche zum andern Male und wurde bleich wie ein Tuch, denn: 'Geleugnet und gel?stert sei sie!' rief der Sterbende mit starker Stimme, gel?stert und--'
'Nicht weiter!' schrie der M?nch und war aufgesprungen. 'Ich bin Euch zu Willen, Herr! Machet mit mir, was Ihr wollt! Nur da? Ihr Euch nicht in die Flammen stürzet!'
Der Alte seufzte wie nach einer schweren Anstrengung. Dann blickte er erleichtert, ich h?tte fast gesagt vergnügt, um sich. Er ergriff mit tastender Hand den blonden Schopf Dianas, zog das sich von den Knien erhebende Weib in die H?he, nahm ihre Hand, die sich nicht weigerte, ?ffnete die gekrampfte des M?nches und legte beide zusammen.
'Gültig! vor dem hochheiligen Sakrament!' frohlockte er und segnete das Paar. Der M?nch widersprach nicht, und Diana schlo? die Augen.
'Jetzt rasch, ehrwürdige V?ter?' dr?ngte der Alte, 'es eilt, wie ich meine, und ich bin in christlicher Verfassung.'
Der M?nch und seine Braut wollten hinter die priesterliche Schar zurücktreten. 'Bleibt', murmelte der Sterbende, 'bleibt, da? euch meine getr?steten Augen zusammen sehen, bis sie brechen!' Astorre und Diana, kaum einige Schritte zurückweichend, mu?ten mit vereinigten H?nden vor dem erl?schenden Blick des hartn?ckigen Greises verharren.
Dieser murmelte eine kurze Beichte, empfing die letzte Zehrung und verschied, w?hrend sie ihm die Sohlen salbten und der Priester den schon tauben Ohren jenes gro?artige: 'Brich auf, christliche Seele!' zurief. Das gestorbene Antlitz trug den deutlichen Ausdruck triumphierender List.
Der Tyrann hatte, w?hrend ringsum alles auf den Knien lag, die heilige Handlung sitzend und mit ruhiger Aufmerksamkeit betrachtet, etwa wie man eine fremde Sitte beschaut oder wie ein Gelehrter das auf einem Sarkophag abgebildete Opfer eines alten Volkes besichtigt. Er n?herte sich dem Toten und drückte ihm die Augen zu.
Dann wendete er sich gegen Diana. 'Edle Frau', sagte er, 'ich denke, wir gehen nach Hause. Eure Eltern, wenn auch von Eurer Rettung unterrichtet, werden nach Euch verlangen. Auch tragt Ihr ein Gewand der Niedrigkeit, das Euch nicht kleidet.'
'Fürst, ich danke und folge Euch', erwiderte Diana, lie? aber ihre Hand in der des M?nches ruhen, dessen Blick sie bis jetzt gemieden hatte. Nun schaute sie dem Gatten voll ins Gesicht und sprach mit einer tiefen, aber wohlklingenden Stimme, w?hrend ihre Wangen sich mit dunkler Glut bedeckten: 'Mein Herr und Gebieter, wir durften die Seele des Vaters nicht umkommen lassen. So wurde ich Euer. Haltet mir bessere Treue als dem Kloster. Euer Bruder hat mich nicht geliebt. Vergebet mir, wenn ich so rede: ich sage die einfache Wahrheit. Ihr werdet an mir ein gutes und gehorsames Weib besitzen. Doch habe ich zwei Eigenschaften, welche Ihr schonen mü?t. Ich bin j?hzornig, wenn man mir Recht oder Ehre antastet, und darin peinlich, da? man mir nichts versprechen darf, ohne es zu halten. Schon als Kind habe ich das schwer oder nicht gelitten. Ich bin von wenig Wünschen und verlange nichts über das Allt?gliche hinaus; nur wo mir einmal etwas gezeigt und zugesagt wurde, da bedarf ich der Erfüllung, sonst verliere ich den Glauben und kr?nke mich schwerer als andere Frauen über das Unrecht. Doch wie darf ich so zu Euch reden, mein Herr und Gebieter, den ich kaum kenne? La?t mich verstummen. Lebt wohl, mein Gemahl, und gebt mir neun Tage, Euern Bruder zu betrauern.' Jetzt l?ste sie langsam die Hand aus der seinigen und verschwand mit dem Tyrannen.
Inzwischen hatte die geistliche Schar den Leichnam weggehoben, um ihn in der Hauskapelle aufzubahren und einzusegnen.
Astorre stand allein in seinem verscherzten M?nchsgewande, welches eine von Reue erfüllte Brust bedeckte. Ein Heer von Dienern, das den seltsamen Vorgang belauscht und genügend begriffen hatte, n?herte sich in unterwürfigen Stellungen und mit furchtsamen Geb?rden seinem neuen Herrn, verblüfft und eingeschüchtert weniger noch durch den Wechsel der Herrschaft als durch das vermeintliche Sakrilegium der gebrochenen Gelübde--das leise gelesene Breve war nicht zu ihren Ohren gelangt--und durch die Verweltlichung des ehrwürdigen M?nches. Diesem gelang es nicht, seinen Vater zu betrauern. Ihn beschlich, jetzt da er seines Willens wieder m?chtig war, der Argwohn, was sage ich, ihn überkam die emp?rende Gewi?heit, da? ein Sterbender seinen guten Glauben betrogen und seine Barmherzigkeit mi?braucht habe. Er entdeckte in der Verzweiflung
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