Die Hochzeit des Moenchs | Page 8

Conrad Ferdinand Meyer
Padua gelebt", erl?uterte Dante.
"Wie sollten wir nicht?" scherzte einer unter den Zuh?rern. "Haben wir doch die Reliquie verehrt, die in dem dortigen Klosterteich herumschwimmt: ich meine den Hecht, welcher weiland der Predigt des Heiligen beiwohnte, sich bekehrte, der Fleischspeise entsagte, im Guten standhielt und jetzt noch in hohem Alter als strenger Vegetarier. .. " Er verschluckte das Ende des Schwankes, denn Dante hatte gegen ihn die Stirn gerunzelt.
'Und was riet er dir?' fragte Ezzelin. 'Meinen Stand einfach zu fassen, schlecht und recht', berichtete der M?nch, als einen pünktlichen Dienst, etwa wie einen Kriegsdienst, welcher ja auch gehorsame Muskeln verlangt, und Entbehrungen, die ein wackerer Krieger nicht einmal als solche fühlen darf: die Erde im Schwei? meines Angesichts zu graben, m??ig zu essen, m??ig zu fasten, weder M?dchen noch jungen Frauen Beichte zu sitzen, im Angesicht Gottes zu wandeln und seine Mutter nicht brünstiger anzubeten, als das Breviarium vorschreibt.'
Der Tyrann l?chelte. Dann streckte er die Rechte gegen den M?nch aus, ermahnend oder segnend, und sprach: 'Glücklicher! Du hast einen Stern! Dein Heute entsteht leicht aus deinem Gestern und wird unversehens zu deinem Morgen! Du bist etwas und nichts Geringes; denn du übst das Amt der Barmherzigkeit, das ich gelten lasse, wiewohl ich ein anderes bekleide. Würdest du in die Welt treten, die ihre eigenen Gesetze befolgt, welche zu lernen es für dich zu sp?t ist, so würde dein klarer Stern zum l?cherlichen Irrwisch und zerplatzte zischend nach ein paar albernen Sprüngen unter dem Hohn der Himmlischen!
Noch eines, und dies rede ich als der, welcher ich bin: der Herr von Padua. Dein Wandel war meinem Volk eine Erbauung, ein Beispiel der Entsagung. Der ?rmste getr?stete sich deiner, den er seine karge Kost und sein hartes Tagewerk teilen sah. Wirfst du die Kutte weg, freiest du, ein Vornehmer, eine Vornehme, sch?pfst du mit vollen H?nden aus dem Reichtum deines Hauses, so begehst du Raub an dem Volk, welches dich als einen seinesgleichen in Besitz genommen hat, du machst mir Unzufriedene und Ungenügsame, und entst?nde daraus Zorn, Ungehorsam, Emp?rung, mich sollte es nicht wundern. Die Dinge verketten sich!
Ich und Padua k?nnen dich nicht entbehren! Mit deiner sch?nen und ritterlichen Gestalt stichst du der Menge in die Augen und hast auch mehr oder wenigstens einen edlern Mut als deine b?urischen Brüder. Wenn das Volk nach seiner rasenden Art diesen hier'--er deutete auf Isaschar--'ermorden will, weil er ihm Hilfe bringt, was dem Juden in der letzten Pestzeit--wenig fehlte--geschehen w?re, wer verteidigt ihn, wie du tatest, gegen die wahnsinnige Menge, bis ich da bin und Halt gebiete?
Isaschar, hilf mir den M?nch überzeugen!' wendete sich Ezzelin gegen den Arzt mit einem grausamen L?cheln. Schon deinetwegen darf er sich nicht entkutten!'
'Herr', lispelte dieser, unter deinem Zepter wird sich die unvernünftige Szene, welche du so gerecht wie blutig gestraft hast, kaum wiederholen, und meinethalb, dessen Glaube die Dauer des Stammes als Gottes h?chsten Segen preist, darf der Erlauchte'--so und schon nicht mehr den Ehrwürdigen nannte er den M?nch--nicht unverm?hlt bleiben.'
Ezzelin l?chelte über die Feinheit des Juden. 'Und wohin gehen deine Gedanken, M?nch?' fragte er.
'Sie stehen und beharren! Doch ich wollte--Gott verzeihe mir die Sünde--, der Vater erwachte nicht mehr, da? ich nicht hart gegen ihn sein mu?! H?tte er nur schon die Zehrung empfangen!' Er kü?te heftig die Wange des Ohnm?chtigen, welcher darüber zur Besinnung kam.
Der wieder Belebte tat einen schweren Seufzer, hob die müden Augenlider und richtete aus dem grauen Gebüsch seiner h?ngenden Brauen einen Blick des Flehens auf den M?nch. 'Wie steht's?' fragte er. Was hast du über mich verh?ngt, Geliebtester? Himmel oder H?lle?'
'Vater', bat Astorre mit bewegter Stimme, deine Zeit ist um! Dein Stündlein ist gekommen! Entschlage dich der weltlichen Dinge und Sorgen! Denke an die Seele! Siehe, deine Priester'--er meinte die der Pfarrkirche--'sind nebenan versammelt und harren mit den hochheiligen Sterbesakramenten.'
Es war so. Die Tür des Nebengemaches hatte sich sachte ge?ffnet, aus demselben schimmerte schwaches, in der Tageshelle kaum sichtbares Kerzenlicht, ein Chor pr?ludierte ged?mpft, und das leise Schüttern eines Gl?ckchens wurde h?rbar.
Jetzt klammerte sich der Alte, der seine Knie schon in die kalte Flut der Lethe versinken fühlte, an den M?nch, wie weiland Sankt Petrus auf dem See Genezareth an den Heiland. 'Du tust es mir!' lallte er.
'K?nnte ich! Dürfte ich!' seufzte der M?nch. 'Bei allen Heiligen, Vater, denke an die Ewigkeit! La? das Irdische! Deine Stunde ist da!'
Diese verhallte Weigerung entzündete das letzte Leben des Vicedomini zur lodernden Flamme. 'Ungehorsamer! Undankbarer!' zürnte er.
Astorre winkte den Priestern.
'Bei allen Teufeln', raste der Alte, 'la?t mich zufrieden mit eurem Geknete und Gesalbe! Ich habe nichts zu verspielen, ich bin schon ein Verdammter und bliebe es mitten im himmlischen Reigen, wenn mein Sohn mich mutwillig verst??t und meinen Lebenskeim verdirbt!'
Der entsetzte M?nch, durch dieses grause L?stern im Tiefsten erschüttert, sah seinen Vater unwiderruflich der ewigen Unseligkeit anheimfallen. So meinte er und war fest davon überzeugt, wie ich es
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