dieser Drachent?dter, die stolze Verwegenheit, mit der sie allen den Schw?chlichkeitsdoktrinen des Optimismus den Rücken kehren, um im Ganzen und Vollen, resolut zu leben: sollte es nicht n?thig sein, dass der tragische Mensch dieser Cultur, bei seiner Selbsterziehung zum Ernst und zum Schrecken, eine neue Kunst, die Kunst des metaphysischen Trostes, die Trag?die als die ihm zugeh?rige Helena begehren und mit Faust ausrufen muss:
Und sollt' ich nicht, sehnsüchtigster Gewalt, In's Leben zieh'n die einzigste Gestalt?"
"Sollte es nicht n?thig sein?" . . . Nein, drei Mal nein! ihr jungen Romantiker: es sollte nicht n?thig sein! Aber es ist sehr wahrscheinlich, dass es so endet, dass ihr so endet, n?mlich "getr?stet", wie geschrieben steht, trotz aller Selbsterziehung zum Ernst und zum Schrecken, "metaphysisch getr?stet", kurz, wie Romantiker enden, christlich Nein! Ihr solltet vorerst die Kunst des diesseitigen Trostes lernen, - ihr solltet lachen lernen, meine jungen Freunde, wenn anders ihr durchaus Pessimisten bleiben wollt; vielleicht dass ihr darauf hin, als Lachende, irgendwann einmal alle metaphysische Tr?sterei zum Teufel schickt - und die Metaphysik voran! Oder, um es in der Sprache jenes dionysischen Unholds zu sagen, der Zarathustra heisst:
"Erhebt eure Herzen, meine Brüder, hoch, h?her! Und vergesst mir auch die Beine nicht! Erhebt auch eure Beine, ihr guten T?nzer, und besser noch: ihr steht auch auf dem Kopf!"
"Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: ich selber setzte mir diese Krone auf, ich selber sprach heilig mein Gel?chter. Keinen Anderen fand ich heute stark genug dazu."
"Zarathustra der T?nzer, Zarathustra der Leichte, der mit den Flügeln winkt, ein Flugbereiter, allen V?geln zuwinkend, bereit und fertig, ein Selig-Leichtfertiger:" -
"Zarathustra der Wahrsager, Zarathustra der Wahrlacher, kein Ungeduldiger, kein Unbedingter, Einer, der Sprünge und Seitensprünge liebt: ich selber setzte mir diese Krone auf!"
"Diese Krone des Lachenden, diese Rosenkranz-Krone: euch, meinen Brüdern, werfe ich diese Krone zu! Das Lachen sprach ich heilig: ihr h?heren Menschen, lernt mir - lachen!"
Vorwort an Richard Wagner.
Um mir alle die m?glichen Bedenklichkeiten, Aufregungen und Missverst?ndnisse ferne zu halten, zu denen die in dieser Schrift vereinigten Gedanken bei dem eigenthümlichen Character unserer aesthetischen Oeffentlichkeit Anlass geben werden, und um auch die Einleitungsworte zu derselben mit der gleichen beschaulichen Wonne schreiben zu k?nnen, deren Zeichen sie selbst, als das Petrefact guter und erhebender Stunden, auf jedem Blatte tr?gt, vergegenw?rtige ich mir den Augenblick, in dem Sie, mein hochverehrter Freund, diese Schrift empfangen werden: wie Sie, vielleicht nach einer abendlichen Wanderung im Winterschnee, den entfesselten Prometheus auf dem Titelblatte betrachten, meinen Namen lesen und sofort überzeugt sind, dass, mag in dieser Schrift stehen, was da wolle, der Verfasser etwas Ernstes und Eindringliches zu sagen hat, ebenfalls dass er, bei allem, was er sich erdachte, mit Ihnen wie mit einem Gegenw?rtigen verkehrte und nur etwas dieser Gegenwart Entsprechendes niederschreiben durfte. Sie werden dabei sich erinnern, dass ich zu gleicher Zeit, als Ihre herrliche Festschrift über Beethoven entstand, das heisst in den Schrecken und Erhabenheiten des eben ausgebrochnen Krieges mich zu diesen Gedanken sammelte. Doch würden diejenigen irren, welche etwa bei dieser Sammlung an den Gegensatz von patriotischer Erregung und aesthetischer Schwelgerei, von tapferem Ernst und heiterem Spiel denken sollten: denen m?chte vielmehr, bei einem wirklichen Lesen dieser Schrift, zu ihrem Erstaunen deutlich werden, mit welchem ernsthaft deutschen Problem wir zu thun haben, das von uns recht eigentlich in die Mitte deutscher Hoffnungen, als Wirbel und Wendepunkt hingestellt wird. Vielleicht aber wird es für eben dieselben überhaupt anst?ssig sein, ein aesthetisches Problem so ernst genommen zu sehn, falls sie n?mlich in der Kunst nicht mehr als ein lustiges Nebenbei, als ein auch wohl zu missendes Schellengeklingel zum "Ernst des Daseins" zu erkennen im Stande sind: als ob Niemand wüsste, was es bei dieser Gegenüberstellung mit einem solchen "Ernste des Daseins" auf sich habe. Diesen Ernsthaften diene zur Belehrung, dass ich von der Kunst als der h?chsten Aufgabe und der eigentlich metaphysischen Th?tigkeit dieses Lebens im Sinne des Mannes überzeugt bin, dem ich hier, als meinem erhabenen Vork?mpfer auf dieser Bahn, diese Schrift gewidmet haben will.
Basel, Ende des Jahres 187l.
1.
Wir werden viel für die aesthetische Wissenschaft gewonnen haben, wenn wir nicht nur zur logischen Einsicht, sondern zur unmittelbaren Sicherheit der Anschauung gekommen sind, dass die Fortentwickelung der Kunst an die Duplicit?t des Apollinischen und des Dionysischen gebunden ist: in ?hnlicher Weise, wie die Generation von der Zweiheit der Geschlechter, bei fortw?hrendem Kampfe und nur periodisch eintretender Vers?hnung, abh?ngt. Diese Namen entlehnen wir von den Griechen, welche die tiefsinnigen Geheimlehren ihrer Kunstanschauung zwar nicht in Begriffen, aber in den eindringlich deutlichen Gestalten ihrer G?tterwelt dem Einsichtigen vernehmbar machen. An ihre beiden Kunstgottheiten, Apollo und Dionysus, knüpft sich unsere Erkenntniss, dass in der griechischen Welt ein ungeheurer Gegensatz, nach Ursprung und Zielen, zwischen der Kunst des Bildners, der apollinischen, und der unbildlichen Kunst der Musik, als der des Dionysus, besteht: beide so verschiedne Triebe gehen neben einander her, zumeist im offnen Zwiespalt mit
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