Die Familie Pfäffling | Page 3

Agnes Sapper
an den Seiten?" "Kleines Dummerle," sagte Frau Hartwig, "kannst du dir das nicht denken? In der Mitte geht man wohl am ?ftesten."
"So deshalb?" sagte der Kleine, "dann gehe ich lieber an der Seite," und indem er dicht am Gel?nder hinaufstieg, rief er noch freundlich herunter: "Gelt, so wird deine Treppe sch?n geschont?" "Ja, so ist's recht," sagte die Hausfrau und indem sie wieder in ihre Wohnung zurückkehrte, sprach sie so für sich hin: den guten Willen haben sie, was kann man mehr verlangen?
Oben an der Treppe hatte Elschen schon auf Frieder gewartet, sie zog ihn ins Zimmer und rief vergnügt: "Jetzt sind sie alle wieder da!"
Den E?tisch hatte Frau Pf?ffling gedeckt, ihr Mann war dabei lebhaft hin und hergelaufen und hatte ihr erz?hlt, was Neues von der Musikschule zu berichten war. Je mehr aber Kinder hereinkamen, um so ?fter lief ihm eines in den Weg, so gab er das Wandeln auf und klatschte mit seinen gro?en H?nden, was immer das Zeichen war, zu Tisch zu gehen. Da gab es schnell ein Schieben und Stuhlrücken und einen Augenblick lautloser Stille, w?hrend die Mutter das Tischgebet sprach. Es war nicht alle Tage dasselbe, sie wu?te viele. Sie fragte manchmal den Vater, manchmal die Kinder, welches sie gerne h?rten und richtete sich darnach. Heute sprach sie den einfachen Vers: "Du schickst uns die Arbeit, du g?nnst uns die Ruh, Herr gib uns zu beidem den Segen dazu."
Das Essen, das die gro?e Walburg aufgetischt hatte, schmeckte allen, aber das Tischgespr?ch wollte heute den Eltern gar nicht gefallen. Sie kannten es schon, es war immer das gleiche beim Beginn des Wintersemesters.
"Wir müssen jetzt ein Physikbuch haben."
"Die alte Ausgabe von der Grammatik, die ich von Karl noch habe, darf ich nimmer mitbringen."
"Zum N?htuch brauchen wir ein Stück feine neue Leinwand."
"Bis Donnerstag müssen wir richtige Turnanzüge haben."
"In diesem Jahr kann ich mich nicht wieder ohne Atlas durchschwindeln."
"Mein Rei?zeug sei ganz ungenügend."
So ging das eine Weile durcheinander und als das Essen vorbei war, umdr?ngten die Plaggeister den Vater und die Mutter; nur Frieder, der kleine Volksschüler, hatte keine derartigen Wünsche, er nahm seine Ziehharmonika und verzog sich; Elschen folgte ihm hinunter auf den Balkenplatz, wo eine freundliche Herbstsonne die Kinder umfing, die sich noch sorgenlos in ihren Strahlen sonnen konnten.
Herr Pf?ffling suchte sich dem Dr?ngen seiner Gro?en zu entziehen, indem er hinüberflüchtete in das Eckzimmer, das sein Musik- und Stundenzimmer war. Dort wartete ein Sto? neuer Musikalien auf ihn, die er prüfen sollte. Aber es w?hrte nicht lang, so folgten ihm seine drei Lateinschüler nach, und ein jeder brachte wiederholt sein Anliegen vor und suchte zu beweisen, da? es dringend sei. "Ich glaube es ja," sagte der Vater, "aber alles auf einmal k?nnen wir nicht anschaffen, ihr mü?t eben warten, bis sich wieder Geld angesammelt hat. Woher sollte denn so viel da sein eben jetzt, nach den langen Ferien? Wenn sich nun wieder Stundenschüler einfinden und Geld ins Haus bringen, dann sollt ihr Atlas, Rei?zeug und die neuesten Ausgaben der Schulbücher bekommen, aber jetzt reicht es nur für das dringendste." Herr Pf?ffling zog eine kleine Schublade seines Schreibtisches auf, in der Geld verwahrt war, "Schaut selbst herein und rechnet, wie weit es langt," sagte er. Es war nicht viel in der Schublade. Jetzt fingen die Jungen an zu rechnen und miteinander zu beraten, was das Unentbehrlichste sei. "Für Marianne mu? auch noch etwas übrig bleiben," bemerkte der eine der Brüder, "bei ihr gibt es sonst gleich wieder Tr?nen. Leinwand zu einem N?htuch wollen sie, ob das wohl recht viel kostet?"
So unterhandelten sie miteinander, gaben von ihren Forderungen etwas ab und waren froh, da? das Geld wenigstens zum Allernotwendigsten reichte. Es blieb kein gro?er Rest mehr in der kleinen Schublade.
Als kurze Zeit darauf die Lateinschüler und die T?chterschülerinnen sich wieder auf den Schulweg gemacht hatten, kam Frau Pf?ffling zu ihrem Mann in das Musikzimmer, wo sie gerne nach Tisch ein Weilchen beisammen sa?en.
"Sieh nur, C?cilie," sagte er zu ihr, "die trostlos leere Kasse. Es ist h?chste Zeit, da? wieder mehr hineinkommt! Wenn sich nur auch neue Schüler melden, die besten vom Vorjahr sind abgegangen und es sind jetzt so viele Musiklehrer hier; von der Musikschule allein k?nnten wir nicht leben."
"Es werden gewi? welche kommen," sagte Frau Pf?ffling, aber sehr zuversichtlich klang es nicht und eines wu?te von dem andern, da? es sorgliche Gedanken im Herzen bewegte.
In die Stille des Eckzimmers drang vom Zimmermannsplatz herauf der wohlbekannte Klang der Harmonika. Frau Pf?ffling trat ans offene Fenster und sah die beiden kleinen Geschwister auf den Brettern sitzend. "Es ist doch schon 2 Uhr vorbei," sagte sie, "hat denn Frieder heute nachmittag keine Stunde?" und sie rief dieselbe Frage dem kleinen Schulbuben hinunter. Die Harmonika verstummte, die Kinder antworteten nicht, sie sahen sich nur bestürzt an und die Eile, mit der sie von den Brettern herunterkletterten und durch den Hof rannten, dem
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