Die Einsamen | Page 3

Paul Heyse
das Wort nur darum verliehen zu sein scheint, um sich selber damit ewig zu widersprechen. Und vielleicht erleben wir es, da? er noch am Abend dieses Tages die Zerknirschung, in der er sich viele Meilen weg w��nschte, feierlich abb��?t und mit dem heiligen Lukas selbst den Tausch nicht eingehen w��rde.
Was aber dort zur Linken den Weg heraufkommt, ist freilich nicht dazu angetan, seine Desperation zu d?mpfen; vielmehr schl?gt sie erst recht in helle Flammen auf. Nur den Umri?! w��tete er vor sich hin, ein paar Dutzend Linien nur! Wie sie auf dem Eselchen einhertrabt, das eine Bein ��ber dem R��cken des Tieres, flach und sicher ruhend, das andere mit der Spitze des Fu?es fast den Boden streifend; und den rechten Ellenbogen auf das ruhende Knie niedergest��tzt, die Hand leicht unter dem Kinn, mit der Halskette spielend, das Gesicht hinausgewendet nach dem Meer; welche Last schwarzer Flechten im Nacken! Es leuchtet rot darin; ein Korallenschmuck--nein, frische Granatbl��ten. Der Wind spielt mit dem lose umgekn��pften Tuch; wie dunkel brennt die Wange und wieviel dunkler das Auge! K?nnt' ich nur zu ihr treten und sie bitten, eine halbe Stunde stillzuhalten, ganz so wie sie da ist, und tr��ge nur einen schwachen Schattenri? dieser herrlichen Figur davon, es w?re doch f��r ewig ein Besitz zum Beneiden. Statt dessen, wenn ich leer zu Menschen zur��ckkomme und es ihnen sagen will, wie sch?n das war, werde ich h?ren m��ssen: Wer das gemalt h?tte!--Nein, und es ist doch nicht festzuhalten, diese Anmut des Ruhens und Bewegens, die reife Jugendf��lle, die stattlichen Z��ge, auf und ab nickend, wie des Tieres Schritt sich bewegt, und zu der k?niglichen W��rde der Gestalt das F��?chen, das kindlich hin und her baumelt--kommt her, ihr Pinsel alle, und zaubert mir's wieder.
Er war aufgestanden und erwartete die Reiterin, die, unbek��mmert um den fremden Wanderer, in ihrer Stellung blieb und nur das Tier mit einem Schlag des Z��gels ermunterte. Jetzt ritt sie an ihm vor��ber, jedoch am Rande des Weges, so da? er seinen Gru?, den er ihr hinter dem R��cken zurufen mu?te, nur durch ein gemessenes Nicken ihres Hinterhaupts belohnt sah. Dabei hob sie freilich das vielverschlungene Nest des schwarzen Haars von dem sch?nsten Nacken.
Ein ganz besonderer Hauch von Ruhe umgab die ganze Erscheinung, und wie sie nun ihres Weges weiterritt, lie? keine Miene des Gesichts darauf schlie?en, da? ihr die Begegnung mit dem Fremden auch nur so viel Neugier und Reiz erweckt habe, wie es nat��rlich ist, wenn in einsamer Stunde, auf verlassenem Bergpfade ein junger Mann und ein sch?nes Weib sich unvermutet antreffen. Ob sie eine Frau oder ein M?dchen sei, konnte der Wanderer weder aus ihrer Kleidung noch aus ihrem Betragen entr?tseln. Zwar schien die erste Jugend vergangen; aber wenn auch kein Zug von m?dchenhafter Erwartung, Verhei?ung und Verschlossenheit in dem gleichm��tigen Gesicht zu entdecken war, so belebte doch eine Frische und Reinheit den Umri? dieser Wangen, wie sie den verheirateten Frauen in jener Gegend selten eigen sind. Ihre Tracht war halb st?dtisch, nur der seidene Rock k��rzer und das Mieder tief in den Nacken ausgeschnitten. Die knappen ?rmel hatte sie aufgestreift, die Stirn war von keinem Tuch gegen die Sonne gesch��tzt, und ein breiter Strohhut hing m��?ig am Sattel des Tiers.
Erst als sie dem Fremden um die Windung des Weges zu entschwinden drohte, besann er sich und ging mit starken Schritten ihr nach. Bald war er neben ihr, aber eigensinnig wie zuvor wanderte das Tier am Rande des Abhanges weiter und lie? ihm nur einen schmalen Raum zwischen dem Strohhut und der Wand des Berges. Auch w?hrend des Gespr?chs, das er nun ankn��pfte, drehte sich die Reiterin keinen Augenblick nach ihm um. Ihre Stimme klang tief; ihr Dialekt war schlechtes Neapolitanisch. Allein so kurz sie antwortete, lag doch in ihrem Ton weder der Wunsch, den Frager abzufertigen, noch ihn durch neckischen Trotz zu fesseln.
Ihr kommt von Sorrent, sch?ne Einsame? fragte er.
Nein, von Meta.
Ihr habt Freunde dort besucht?
In der Kirche war ich.
Und reitet nach Sant' Agata hinauf zum Fest?
Nein, Herr.
Dies aber ist der Weg, der hinauff��hrt?
Nein, Herr.
So tut mir den Gefallen, mir den rechten zu zeigen.
Ihr m��?t zur��ckgehen, sagte sie, noch immer ohne sich umzusehen, und den n?chsten Steig, der links hinauff��hrt, verfolgen, so kommt Ihr auf die Fahrstra?e.
Wenn ich zur��ck mu?, lasse ich lieber das Fest fahren als das Vergn��gen, noch so lang es Euch nicht l?stig wird, neben Euch herzugehen.
Wie Ihr wollt, der Weg ist nicht f��r mich allein gebahnt worden.
Wi?t Ihr, da? es freundlich von Euch w?re, wenn Ihr das Gesicht einmal zu mir hinkehrtet?
Sie tat es gelassen, ohne eine Miene zu bewegen. Was ist? fragte sie, was habt Ihr mir zu zeigen?
Ich denke, Ihr habt mir etwas zu zeigen.
Ich?
Ihr seid sch?n. So zeigt mir Eure Augen.
Das Meer ist noch sch?ner als ich, und Ihr t?tet kl��ger, es anzusehen, als Augen, die Euch nichts zu sagen haben.
Das Meer?
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