Die Aufgeregten | Page 7

Johann Wolfgang von Goethe
Die Gr?fin kommt eben erst von Paris zur��ck, wo sie das alles gesehn und geh?rt hat, was wir mit so vieler Verwunderung lesen; vielleicht bringt sie schon selbst mildere Gesinnungen mit, wenn sie gelernt hat, was Menschen, die zu sehr gedruckt werden, endlich f��r ihre Rechte tun k?nnen und m��ssen.
Martin. Lebt wohl, Gevatter, lebt wohl! Punkt Sechse bin ich am Herrenbrunnen.
Albert. Ihr seid ein t��chtiger Mann! Lebt wohl.
Peter. Ich will Euch recht loben, wenn's gut abl?uft.
Martin. Wir wissen nicht, wie wir's Euch danken sollen.
Breme (mit W��rde). Ihr habt Gelegenheit genug, mich zu verbinden. Das kleine Kapital zum Exempel von zweihundert Talern, das ich der Kirche schuldig bin, erlasst ihr mir ja wohl.
Martin. Das soll uns nicht reuen.
Albert. Unsere Gemeine ist wohlhabend und wird auch gern was f��r Euch tun.
Breme. Das wird sich finden. Das sch?ne Fleck, das Gemeindegut war und das der Gerichtshalter zum Garten einz?unen und umarbeiten lassen, das nehmt ihr wieder in Besitz und ��berlasst mir's.
Albert. Das wollen wir nicht ansehen, das ist schon verschmerzt.
Peter. Wir wollen auch nicht zur��ckbleiben.
Breme. Ihr habt selbst einen h��bschen Sohn und sch?nes Gut; dem k?nnt' ich meine Tochter geben. Ich bin nicht stolz, glaubt mir, ich bin nicht stolz. Ich will Euch gern meinen Schw?her hei?en.
Peter. Das Mamsellchen ist h��bsch genug; nur ist sie schon zu vornehm erzogen.
Breme. Nicht vornehm, aber gescheit. Sie wird sich in jeden Stand zu finden wissen. Doch dar��ber l?sst sich noch vieles reden. Lebt jetzt wohl, meine Freunde, lebt wohl!
Alle. So lebt denn wohl!

Zweiter Aufzug

Erster Auftritt (Vorzimmer der Gr?fin. Sowohl im Fond als an den Seiten h?ngen adlige Familienbilder in mannigfaltigen geistlichen und weltlichen Kost��men.)
Der Amtmann tritt herein, und indem er sich umsieht, ob niemand da ist, kommt Luise von der andern Seite.
Amtmann. Guten Morgen, Demoiselle! Sind Ihro Exzellenz zu sprechen? Kann ich meine untert?nigste Devotion zu F��?en legen?
Luise. Verziehen Sie einigen Augenblick, Herr Amtmann. Die Frau Gr?fin wird gleich herauskommen. Die Beschwerlichkeiten der Reise und das Schrecken bei der Ankunft haben einige Ruhe n?tig gemacht.
Amtmann. Ich bedaure von ganzem Herzen! Nach einer so langen Abwesenheit, nach einer so beschwerlichen Reise ihren einzig geliebten Sohn in einem so schrecklichen Zustande zu finden! Ich muss gestehen, es schaudert mich, wenn ich nur daran denke. Ihro Exzellenz waren wohl sehr alteriert?
Luise. Sie k?nnen sich leicht vorstellen, was eine z?rtliche sorgsame Mutter empfinden musste, als sie ausstieg, ins Haus trat und da die Verwirrung fand, nach ihrem Sohne fragte und aus ihrem Stocken und Stottern leicht schlie?en konnte, dass ihm ein Ungl��ck begegnet sei.
Amtmann. Ich bedaure von Herzen. Was finden Sie an?
Luise. Wir mussten nur geschwind alles erz?hlen, damit sie nicht etwas Schlimmeres besorgte; wir mussten sie zu dem Kinde f��hren, das mit verbundenem Kopf und blutigen Kleidern dalag. Wir hatten nur f��r Umschl?ge gesorgt und ihn nicht ausziehen k?nnen.
Amtmann. Es muss ein schrecklicher Anblick gewesen sein.
Luise. Sie blickte hin, tat einen lauten Schrei und fiel mir ohnm?chtig in die Arme. Sie war untr?stlich, als sie wieder zu sich kam, und wir hatten alle M��he, sie zu ��berf��hren, dass das Kind sich nur eine starke Beule gefallen, dass es aus der Nase blutet, und dass keine Gefahr sei.
Amtmann. Ich m?chte' es mit dem Hofmeister nicht teilen, der das gute Kind so vernachl?ssigt.
Luise. Ich wunderte mich ��ber die Gelassenheit der Gr?fin, besonders da er den Vorfall leichter behandelte, als es ihm in dem Augenblick geziemte.
Amtmann. Sie ist gar zu gn?dig, gar zu nachsichtig.
Luise. Aber sie kennt ihre Leute und merkt sich alles. Sie wei?, wer ihr redlich und treu dient; sie wei?, wer nur dem Schein nach ihr untert?niger Knecht ist. Sie kennt die Nachl?ssigen so gut als die Falschen, die Unklugen sowohl als die B?sartigen.
Amtmann. Sie sagen nicht zu viel; es ist eine vortreffliche Dame, aber ebendeswegen! Der Hofmeister verdiente doch, dass sie ihn geradezu wegschickte.
Luise. In allem, was das Schicksal des Menschen betrifft, geht sie langsam zu Werke, wie es einem Gro?en geziemt. Es ist nichts schrecklicher als Macht und ��bereilung.
Amtmann. Aber Macht und Schw?che sind auch ein trauriges Paar.
Luise. Sie werden der gn?digen Gr?fin nicht nachsagen, dass sie schwach sei.
Amtmann. Beh��te Gott, dass ein solcher Gedanke einem alten treuen Diener einfallen sollte! Aber es ist denn doch erlaubt, zum Vorteil seiner gn?digen Herrschaft zu w��nschen, dass man manchmal mit mehr Strenge gegen Leute zu Werke gehe, die mit Strenge behandelt sein wollen.
Luise. Die Frau Gr?fin! (Luise tritt ab.)

Zweiter Auftritt Die Gr?fin im Neglig��. Der Amtmann.
Amtmann. Euer Exzellenz haben zwar auf eine angenehme Weise, doch unvermutet Ihre Dienerschaft ��berrascht, und wir bedauern nur, dass Dieselben bei Ihrer Ankunft durch einen so traurigen Anblick erschreckt worden. Wir hatten alle Anstalten zu Dero Empfang gemacht: Das Tannenreisig zu einer Ehrenpforte liegt wirklich schon im Hofe; die s?mtlichen Gemeinden wollten reihenweise an dem Wege stehen und Hochdieselben mit einem lauten Vivat empfangen, und jeder freute sich schon, bei einer so feierlichen Gelegenheit
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