Jason. Kannst du noch fragen? Die Freunde, sie, die mir hierher gefolgt,
Ihr Heil vertrauend meines Glückes Stern Und Jasons Sache machend
zu der ihren, Sie schmachten, kaum dem schwarzen Schiff entstiegen,
Hier ohne Nahrung ohne Labetrunk In dieser Küste unwirtbaren
Klippen, Kein Führer ist, der Wegeskunde gäbe Kein Landmann
bietend seines Speichers Vorrat Und von der Herde triftgenährter Zucht.
Soll ich die Hände legen da in Schoß Und müßig zusehn wie die
Freunde schmachten? Beim Himmel! Ihnen soll ein Führer werden Und
Trank und Speise, sollt' ich auf sie wiegen Mit meinem Blut!
Milo. Das treue, wackre Herz! O daß du nicht des Freundes Rat gefolgt
Und weggeblieben bist von dieser Küste!
Jason. Warum denn auch? Was sollt' ich wohl daheim? Der Vater tot,
mein Oheim auf dem Thron Scheelsüchtig mich, den künft'gen Feind,
betrachtend. Mich litt es länger nicht, ich mußte fort. Hätt' er nicht
selbst, der Falsche, mir geboten Hierher zu ziehn in dieses Inselland
Das goldne Götterkleinod abzuholen Von dem man spricht, so weit die
Erde reicht Und das dem Göttersohne Phryxus einst, Ihn selber tötend,
raubten die Barbaren, Ich wäre selbst gegangen, freien Willens, Dem
eckelhaften Treiben zu entfliehn. Ruhmvoller Tod für ruhmentblößtes
Leben Mag's tadeln wer da will, mich lockt der Tausch! Daß dich, o
Freund, ich mitzog und die andern, Das ist wohl schlimm, allein ihr
wolltet's so!
Milo. Ja freilich wollt' ich so und will noch immer Denn sieh, ich glaub',
du hast mir's angetan, So lieb' ich dich und all dein Tun und Treiben.
Jason. Mein guter Milo!
Milo. Nein! 's ist unrecht sag' ich, Ich sollt' der Klügre sein, ich bin der
Ältre. Hättst du mich hingeführt, wohin auch immer, Nur nicht in
dieses gottverlaßne Land. Kommt irgend sonst ein Mann in
Fährlichkeit, Nu Schwert heraus und Mut voran. Doch hier In dieses
Landes feuchter Nebelluft Legt Rost sich, wie ans Schwert, so an den
Mut. Hört man in einem fort die Wellen brausen, Die Fichten rauschen
und die Winde tosen, Sieht kaum die Sonne durch der dichten Nebel
Und rauhen Wipfel schaurigen Versteck, Kein Mensch rings, keine
Hütte, keine Spur, Da wird das Herz so weit, so hohl, so nüchtern Und
man erschrickt wohl endlich vor sich selbst. Ich, der als Knabe voll
Verwundrung horchte, Wenn man erzählte, 's gäb' ein Ding Die (Furcht)
genannt, hier seh' ich fast Gespenster Und jeder dürre Stamm scheint
mir ein Riese Und jedes Licht ein Feuermann. 's ist seltsam. Was
unbedenklich sonst, erscheint hier schreckhaft Und was sonst greulich
wieder hier gemein. Nur kürzlich sah ich einen Bär im Walde, So groß
vielleicht als keinen ich gesehn Und doch kams fast mir vor, ich sollt'
ihn streicheln, Wie einen Schoßhund streicheln mit der Hand, So klein,
so unbedeutend schien das Tier Im Abstich seiner schaurigen
Umgebung. Du hörst nicht?
Jason (der indes den Turm betrachtet hat). Ja ich will hinein!
Milo. Wohin?
Jason. Dort in den Turm.
Milo. Mensch, bist du rasend?
(Ihn anfassend). Höre!
Jason (sich losmachend und das Schwert ziehend). Ich will, wer hält
mich? Hier mein Schwert! Es schützt mich Vor Feinden wie vor
überläst'gen Freunden. Die erste Spur von Menschen find' ich hier Ich
will hinein. Mit vorgehaltnen Eisen Zwing' einen ich von des Gebäuds
Bewohnern, Zu folgen mir, zu führen unsre Schar Auf sichern Pfad aus
dieses Waldes Umfang, Wo Hunger sie und Feindeshinterhalt Weit
sichrer trifft als mich hier die Gefahr. Sprich nicht! Ich bin entschlossen.
Geh zurück Ermutige die Schar. Bald bring' ich Rettung!
Milo. Bedenk'!
Jason. Es ist bedacht! Wer kann hier weilen Im kleinen Hause, wüst
und abgeschieden? Ein Haushalt von Barbaren und was mehr? Ich
denk' du kennst mich! Hier ist nicht Gefahr Als im Verweilen.--Keine
Worte weiter!
Milo. Doch wie gelangst du hin?
Jason. Siehst du dort drüben Gähnt weit ein Spalt im alternden
Gemäuer. Das Meer leiht seinen Rücken bis da hin Und leicht erreich'
ich's schwimmend.
Milo. Höre doch!
Jason. Leb' wohl!
Milo. Laß mich statt dir!
Jason. Auf Wiedersehn!
(Springt von einer Klippe ins Meer)
Milo. Er wagt es doch!--Dort schwimmt er!--Tut es (doch), Und läßt
mich schmälen hier nach Herzenslust! Ein wackres Herz, doch jung,
gewaltig jung! Hier will ich stehn und seiner Rückkehr harren: Und
geht's auch schief, wir hauen uns heraus.
(Er lehnt sich an einen Baum.)
(Ein düsteres Gewölbe im Innern des Turms. Links im Hintergrunde
die Bildsäule eines Gottes auf hohem Fußgestell, im Vorgrunde rechts
eine Felsenbank.) (Jungfrauen mit Fackeln bringen einen kleinen Altar
und Opfergefäße und stellen alles ordnend umher.)
(Eine Jungfrau tritt ein und spricht an der Türe:)
Jungfrau. Genug! Es naht Medea! Stört sie nicht!
(Alle ab mit den Lichtern.)
Jason (tritt durch einen Seiteneingang links auf mit bloßem Schwerte.)
Jason. Ein finsteres Gewölb'.--Ich bin im Innern! Mehr Menschen faßt
das Haus, scheint's, als ich glaubte, Doch immerhin! wird nur mein Ziel
erreicht.
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