und besitzt. Aus langer
Kindheit träumerischem Staunen Bin hier ich zum Bewußtsein erst
erwacht; Im Tempel, an der Göttin Fußgestelle Ward mir ein Dasein
erst, ein Ziel, ein Zweck. Wer, wenn er mühsam nur das Land
gewonnen, Sehnt sich ins Meer zurück, wo's wüst und schwindelnd? Ja,
diese Bilder, diese Säulengänge, Sie sind ein Äußeres mir nicht, ein
Totes; Mein Wesen rankt sich auf an diesen Stützen, Getrennt von
ihnen, wär' ich tot wie sie.
Priester. Nur hüte dich, daß so beschränktes Streben Ein Billiger nicht
möge selbstisch nennen! Es hält der Mensch mit Recht von seinem
Wesen Jegliche Störung fern; allein sein Leben, Ablehnend alles andre,
nur auf sich, Des eignen Sinns Bewahrung zu beschränken, Scheint
widrig, unerlaubt, ja ungeheuer, Und doch auch wieder eng und
schwach und klein. Du weißt, es war seit undenkbaren Zeiten Begnadet
von den Göttern unser Stamm Mit Priesterehren, Zeichen und Orakeln,
Zu sprechen liebten sie durch unsern Mund: Lockt's dich nun nicht
zurück es zu gewinnen Das schöne Vorrecht, dir zum höchsten Ruhm
Und allem Volk zu segensreichem Frommen? Ich riet dir oft, in still
verborgner Nacht Zu nahen unsrer Göttin Heiligtum Und dort zu
lauschen auf die leisen Stimmen, Mit denen wohl das Überird'sche
spricht.
Hero. Verschiednes geben Götter an Verschiedne; Mich haben sie zur
Sehrin nicht bestimmt. Auch ist die Nacht, zu ruhn; der Tag, zu wirken,
Ich kann mich freuen nur am Strahl des Lichts.
Priester. Vor allem sollte heut--
Hero. Ich war ja dort, Noch eh' die Sonne kam, in unserm Tempel Und
setzte mich bei meiner Göttin Thron Und sann. Doch keine Stimme
kam von oben. Da griff ich zu den Blumen, die du siehst, Und wand ihr
Kränze meiner hohen Herrin, Erst ihr, dann jenen beiden Himmlischen,
Und war vergnügt.
Priester. Und dachtest?
Hero. An mein Werk.
Priester. An andres nicht?
Hero. Was sonst?
Priester. An deine Eltern.
Hero. Was nützt es auch? sie denken nicht an mich.
Priester. Sie denken dein und sehnen sich nach dir.
Hero. Ich weiß das anders, doch du glaubst es nicht. War ihnen ich
doch immer eine Last, Und fort und fort ging Sturm in ihrem Hause.
Mein Vater wollte was kein andres wollte, Und drängte mich, und
zürnte ohne Grund. Die Mutter duldete und schwieg. Mein
Bruder--Von den Menschen all, die leben, Bin ich nur einem gram, es
ist mein Bruder. Als Älterer, und weil ich nur ein Weib, Ersah er mich
zum Spielwerk seiner Launen. Doch hielt ich gut, und grollte still und
tief.
Priester. So zürnst du deinen Eltern?
Hero. Zürnen? Oh! Vergaß ich sie, geschah's um sie zu lieben. Auch ist
mein Wesen umgekehrt und eben, Seit mich die Göttin nahm in ihren
Schutz.
Priester. Wenn sie nun kämen?
Hero. Ach, sie werden's nicht.
Priester. Dich heimzuholen.
Hero. Mich? Von hier? Vergebens!
Priester. Die Mutter mit dem Bräut'gam an der Hand.
Hero (zum Gehen gewendet). Du scherzest, Herr, und ich, ich scherzte
nicht.
Priester. Bleib nur! Auch ist es Scherz. Doch deine Eltern Sind hier.
Hero. Nein! Hier?
Priester. Seit gestern abends.
Hero. Oh! Und du verhehltest mir's?
Priester. Sie wollten's selbst, Die Weihe nicht zu stören dieser Nacht,
Die dir ein Morgen ist für viele Tage. Doch bist du stark, und mögen
sie denn nahn. Sieh dort den Kommenden. Er wandelt, steht, Holt tiefer
Atem, nähert sich.
Hero. Mein Vater?
Priester. Er selber, ja.
Hero. Und ist der Mann so alt?
Priester. Die Frau an seiner Seite--
Hero. Mutter! Mutter!
Priester. Erbleichst du? Eilst den Lieben nicht entgegen In froher Hast?
Hero. O laß mich sie betrachten! Hab ich sie doch so lange nicht
gesehn!
(Heros Eltern kommen.)
Vater. Mein Kind! Hero, mein Kind!
Hero (auf ihre Mutter zueilend). O meine Mutter!
Vater. Sieh nur, wir kommen her, den weiten Weg-- Mein Atem wird
schon kurz!--So fern vom Hause, Als Zeugen deines götternahen
Glücks. Zu schauen, wie du in der Ahnen Spur Antrittst das Recht, um
das sie uns beneiden, Die andern alle rings umher im Land; Wie um das
Amt, mit dem seit manchem Jahr Bekleidet das Vertraun mich unsrer
Stadt, Und das--Die böse Brust!--Was wollt' ich sagen? Nun
ebendeshalb kamen wir hierher. Ei, guten Morgen, Bruder!
Hero. Meine Mutter!
Vater. Sie auch! Auch sie! Ob kränkelnd schon und schwach, Es
duldete sie nicht im leeren Hause. Teilnehmen wollte sie an deinem
Glück. Der Wagen faßt wohl zwei, so kam sie mit. Erfreuten Sinns.
Und wer, wenn noch so stumpf, Erfreute sich an seinem Kinde nicht,
Wenn es einhergeht auf der Hoheit Spuren? Wer horchte da auf
kleinlich dunkle Zweifel, Auf, was weiß ich? Nu, wie gesagt, erfreut.
Hero. Allein sie spricht nicht.
Vater. Nicht? Frag sie: warum? Sie spricht wohl sonst, wenn's auch
nicht an der Zeit, Im Haus, den langen Tag. Frag sie: warum? Und
wieder ist's auch besser, spricht sie nicht. Wer Förderliches nicht
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