Der Wehrwolf | Page 2

Hermann Löns
allein vor den
Brägen geschlagen, daß es nur so ballerte, denn sie hatten alle Kappen
aus Blech auf. Na, und denn habe ich zum Andenken die blanken
Kümpe mitgebracht. Machen sie sich da nicht fein?«
Mit den Römern waren die Bauern bald fertig geworden, aber dann
kam der Franke, und der war zähe wie Aalleder. Holte er sich heute
auch eine Jacke voll Schläge, morgen war er wieder da. Ein Wulf war
dabei gewesen, als Weking das fränkische Heer am Süntel zu rohem
Mett hackte, aber zwei von den Wulfsbauern waren auch unter den
Männern, die Karl an der Halsbeeke bei der großen Fähre wie Vieh
abschlachten ließ. Als darauf alles, was ein Messer halten konnte, ihm
an den Hals sprang, waren auch drei Wulfs dabei; sie waren nicht
zurückgekommen.
Schließlich aber sagten die Haidjer sich: »Gegen ein Fuder Mist kann
einer allein nicht anstinken.« So zahlten sie denn Zins, sagten dem
Wode und der Frigge ab, ließen sich taufen und wurden mit der Zeit
ganz ordentliche Christen, vorzüglich, als einer von ihnen, der nach der
Väter Brauch den alten Göttern einen Schimmel auf dem Hingstberge
geschlachtet hatte, dafür unter das Beil mußte.

Ganz zahm wurden sie nach außen hin und sie ließen sich sogar einen
fränkischen Ritter vor die Nase setzen. Aber von innen blieben sie die
Alten; wenn im heiligen römischen Reiche einmal wieder alles
koppheister ging, dann kamen sie vor Tau und Tag über die Haide
geritten, steckten die Burg an allen vier Ecken an und schlugen alles,
was einen Bart hatte, vor den Kopf.
Das half ihnen auf die Dauer aber doch nichts; die fremden Herren
nahmen ihnen mit Gewalt und List ein Recht nach dem andern, und
schließlich wurden sie alle zinspflichtige Lehnsmänner bis auf den
Wulfsbauern; denn der hatte einen Freibrief als Sattelmeier, weil ein
Wulf einmal den Herzog Billung vor seinen Feinden gerettet hatte.
Wenn sich nun auch heute das Kloster und morgen der Ritter alle Mühe
gab, den Wulfshof anzumeiern, die Wulfsbauern wußten sich davor zu
wahren.
Sie hatten ja auch sonst ihre liebe Not, denn bald war Krieg im Lande,
bald rührten sich die Raubritter. Wenn der Bauer pflügte, hatte er
währenddem den Speer und die Armbrust bei seiner Jacke liegen, und
mehr als einmal fing er mit seinen Leuten ein paar Schnapphähne ab
und brachte sie über die Seite. Da das aber einmal so war, so machte er
sich weiter keine Gedanken darüber; seine Augen blieben hell und das
Lachen verlernte er auch nicht.
Als die Bauern die neue Lehre annahmen und dem Pater aufsagten,
mußte der Wulfsbauer zu ihm gehen und ihm das klarmachen, weil der
Pater ein guter alter Mann war und die Bauern glaubten, kein anderer
könne ihm die Sache so gelinde beibringen, wie Harm Wulf, dessen
Hauptredensart es war: »Es ist alles man ein Übergang«, und dabei
schlug er den Wolf in der Kuhle tot und lachte dazu.
Hinterher kamen ja wohl einmal Zeiten, daß auch der Wulfsbauer eine
krause Stirn und dunkle Augen kriegte und nicht mehr so laut lachte.
Das war Anno 1519, als Hans Magerkohl, der Bischoff von Hildesheim,
sich mit dem Braunschweiger Herzog kämmte und die Bauern dabei
Haare lassen mußten. In Burgdorf krähte der rote Hahn lauthals und ein
Wulf, der dort in eine Ackerbürgerstelle hineingeheiratet hatte, kam mit
dem weißen Stocke wieder nach dem Wulfshofe und starb bald vor

Herzeleid, denn die braunschweigischen Kriegsvölker hatten seine
junge Frau zuschanden gemacht.
Ein Trupp von dem Gesindel kam auch bis vor den Wulfshof; aber da
es nur bei zwanzig waren, fanden sie nicht wieder zurück; der Bauer
schlug sie mit seinen Söhnen und Knechten tot, fuhr sie in das Bruch
und rodete sie bei.
Auch sein Sohn verlernte später auf einige Zeit das Lachen, denn als
man den neunten Juli des Jahres 1553 schrieb, kam es auf dem
Vogelherde bei Sievershausen zu dem großen Treffen zwischen dem
Braunschweiger und dem Sachsen auf der einen und dem Kalenberger
und dem Brandenburger auf der anderen Seite.
Schrecklich ging es vor und nach der Schlacht in der Haide zu; doch
der Wulfsbauer hatte beizeiten Wind gekriegt und die Frauensleute, die
Kinder und das Vieh und alles, was Geldeswert hatte, im Bruche
geborgen; er selber aber und seine Leute hatten sich mit den anderen
Bauern zusammengetan, und wo sie einen Haufen Fußvolk oder Reiter
trafen, denen ging es schlecht. Über zweihundert von ihnen schossen
und schlugen die Bauern tot. Wenn sie sie eingruben, lachte der
Wulfsbauer und sagte: »Man soll alle Arbeit mit Freuden tun,
vorzüglich, wenn sie sich lohnt«; damit meinte er dann die Waffen und
das bare Geld, das die Kriegsleute bei sich hatten.
Wenn es auch noch so hart herging, ihre grallen Augen und ihr helles
Lachen verloren die Wulfsbauern so leicht nicht; es mußte schon sehr
schlimm kommen, daß es anders mit ihnen wurde.
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