Der Wehrwolf | Page 3

Hermann Löns
gewachsen, aus denen wieder Rosen kamen, das Brot hatte geblutet, auf den Koppelwegen lagen Sternschnuppen, drei Tage hintereinander im Juli kamen Unmassen von Schillebolden über die Haide geflogen und hinterher ebensoviele Butterv?gel; es gab mehr Mi?geburten beim Vieh, denn je zuvor, die M?use heckten unm??ig, Pest- und Sterbev?gel lie?en sich sehen, am Himmel zeigten sich feurige M?nner und ein Stern, der wie ein Schwert aussah, fiel herunter.
Daraus sagten manche Leute Krieg, Hunger, Brand und Pest an. Es dauerte auch nicht lange, da? ein gro?es Sterben anging, vorzüglich in den St?dten, wo die Menschen eng aufeinandersa?en und allerlei fremdes Volk zusammenkam. Um den Herrgott wieder um gut Wetter zu bitten, zogen ganze Haufen von halbnackten M?nnern und Weibern mit Ketten um den H?lsen hinter einem Kreuze her, heulten und schrien wie unklug, schlugen sich mit Stricken die Rücken, da? das Blut nur so spritzte, und sangen zum Gotterbarmen.
Als Harm Wulf, der Anerbe vom Wulfshofe, Torf nach der Stadt fuhr, war er einem solchen Zuge begegnet und sehr falsch geworden, denn er hatte junge Pferde vor dem Wagen, und die wollten mit Gewalt vom Wege, als die verrückten V?lker angebrüllt kamen.
Hinterher mu?te er aber darüber lachen; es hatte zu albern ausgesehen, wie sie alle auf einmal die Arme in die Luft schmissen und lossangen: ?Hui halt' auf eure H?nde, da? Gott dies Sterben wende, hui streckt aus eure Arme, da? Gott sich eur' erbarme!?
?Was für ein dummerhaftiges Lied!? dachte er und pfiff das Brummelbeerlied.

Die Mansfelder
Als er am anderen Morgen durch die Haide ging, lachte er auch vor sich hin, aber nicht mehr über die Gei?ler, denn die hatte er l?ngst vergessen.
Er dachte daran, was sein Vater ihm gesagt hatte, da? es n?mlich an der Zeit w?re, da? er freien müsse und den Hof übernehmen solle. Und er dachte an Rose Ul.
Denn das sollte seine Frau werden, das glatteste M?dchen weit und breit, und Ulenvaters einziges Kind, mit der er immer am liebsten beim Erntebiere getanzt hatte. Darum lachte er vor sich hin.
Er drehte eine Maiblume, die er an der alten Wallburg im Holze abgerissen hatte, zwischen den Z?hnen und sah über die Haide, die ganz grün von dem jungen Birkenlaube war und ganz blank von der Sonne.
Vom Bruche her kam zwischen den hohen Machangelbüschen ein Mann angegangen. Er blieb stehen, zeigte mit dem Finger auf die Blume, die Harm im Munde hielt, griente und sagte: ?Friggeblumen, wer die bricht, Junggeselle bleibt er l?nger nicht.?
Harm lachte und gab ihm die Hand. Immer mu?te er sich wundern, wenn er Ulenvater sah; denn der war so ganz anders, als alle Leute, die er kannte. Jedes Wort, das er sprach, hatte einen doppelten Sinn; er hatte den ganzen Kopf voller Dummheiten, aber auch voller Klugheit, und man sagte von ihm, da? er mehr k?nne als Brot essen.
Aber das war man ein Altweiberschnack; er war drei Jahre auf die hohe Schule in Helmstedt gegangen und hatte da flei?ig gelernt, sowohl geistliche Sachen, wie denn auch, was gegen Krankheiten bei Mensch und Vieh gut war; dann aber war der Hoferbe abgestorben und weil weiter kein Sohn da war, mu?te er den Hof annehmen; und nun hie? er zum Spa? der Papenbur.
Er wurde jedoch ein Bauer, wie nur einer, blo? da? er in vielem seinen eigenen Weg ging: so konnte er niemals nach der Kirche hinfinden, denn er sagte: ?Wer da wei?, wie man Würste macht, der i?t schon keine.? Dann hatte er die Gabe, alles, was er sagte, in Reime zu bringen, wenn er gerade wollte; es wurde keine Hochzeit abgehalten, bei der Ulenvater nicht seinen Vers sagte, und jedesmal einen anderen. Er hatte Augen, die hatten gar keine Farbe; wie Wasser sahen sie aus. Die wenigsten Menschen hielten ihnen stand, und wenn er einen Hund ansah, und war der auch noch so b?se, er machte, da? er fortkam.
Nun stand er da, als wenn er nicht bis drei z?hlen konnte, griente und sagte, indem er auf das Schie?gewehr wies, das Harm auf den Rücken hatte: ?All wieder nach dem Saufang?? Und dann lachte er lauthals, denn der Saufang war dicht beim Ulenhofe, und wenn Harm am Saufang war, dann dauerte es nicht lange und Rose hatte vor dem Hofe zu tun.
Das war auch jetzt so. Als Wulf dort angekommen war und gesehen hatte, da? der Fang noch aufstand, steckte er drei Finger in den Mund und pfiff wie der Schwarzspecht. Es dauerte eine Weile, da h?rte er hinter sich ein Ger?usch; als er sich umdrehte, sah er bei einer Eiche etwas Feuerrotes, und das war ein roter Rock, und nun gab es ein Jagen um den Baum und dann ein Quieken.
?Ach, Junge,? pustete das M?dchen und ihre Brust ging auf und ab, ?du bringst mich ja rein von Atem! Und schickt sich das wohl?? Aber dann lie? sie sich doch dahinziehen, wo das Moos ganz eben und trocken
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