Der Waldbruder | Page 7

Jacob Michael Reinhold Lenz
getreu ist, da sie ihn offenbarlich hintergeht.
Wissen Sie auch was Neues, Rothe, recht was Neues, da? die Gr?fin Stella Braut ist und das mit einem garstigen alten Mann, der aber viel Geld hat. Diese Nachricht, versichert, wird Herrn Herzen übel schmecken. Wenn er sie nur nicht gar zu plump erf?hrt, ich glaube, er erschie?t sich.
Wissen Sie mir nicht zu sagen, ob man in Braunsberg gute weiche Flockseide bekommt? Und was dort die Chinesischen Blumen gelten. Bringen Sie mir welche mit, die Leute hier sind judenm??ig teuer.
Sechster Brief
Herz an Rothen
Bruder! es ist etwas auf dem Tapet, ich bin der glücklichste unter allen Sterblichen. Die Gr?fin--kaum kann ich es meinen Ohren und Augen glauben--sie will sich mir malen lassen. O unbegreiflicher Himmel! wie v?terlich sorgst du für ein verla?nes verlornes Gesch?pf. Meine letzten harrenden und strebenden Kr?fte waren schon ermattet, ich erlag--ich richte mich wieder auf, ich stehe, ich eile, ich fliege--fliege meinen gro?en Hoffnungen entgegen.
Siebenter Brief
Witwe Hohl an die Gr?fin Stella
Ich habe endlich ein Mittel ausfindig gemacht, liebe Gr?fin, das Bild, das Sie Herrn Rothen in seine Sammlung von Gem?lden versprochen haben, ihm ohne da? es ein Mensch auf der Welt merkt für wen, zu verschaffen. Mein Freund Herz ist in genauer Verbindung mit einem hiesigen Maler, dieser soll, als ob ich ihn heimlich durch Herzen h?tte bestellen lassen, Sie unvermutet auf meinem Zimmer überraschen, Sie müssen sich ein wenig erschrocken stellen, ich bitte Sie sodann um Verzeihung und sage, weil Sie bald weg von hier zu reisen ged?chten, h?tt' ich mir die Gelegenheit zunutz machen wollen, bei Ihrem letzten Besuch wenigstens Ihr Bild auf der Stube zu behalten. Herz hat mir alles dies selbst so angegeben, und Sie k?nnen sich auf ihn verlassen, da? er alles so beim Maler einrichten wird, da? Sie auf keine Weise dadurch kompromittiert werden.
Achter Brief
Herz an Rothen
Eben erhalte ich einen wunderbaren Brief von einem Obristen in hessischen Diensten, der ehmals mit mir in Leipzig zusammen studiert hat, und mir die Stelle als Adjutant bei ihm antr?gt, wenn ich ihn nach Amerika begleiten will. Wie, Rothe! dieser Sprung aus dem Schulmeisterleben auf die erste Staffel der Leiter der Ehre und des Glücks, der Himmelsleiter, auf der ich alle meine Wünsche zu ersteigen hoffe. Was sagst Du dazu? Und ihr Bild nehme ich mit. Mit diesem Talisman in tausend blo?e Bajonetter zu stürzen--Ha, Rothe, da? Du fühlen k?nntest, wie mir das Herz schl?gt! Künftige Woche l??t sie sich malen. O die gro?en Akkorde des Schicksals, des g?ttlichgütigen Schicksals, dem wir in den umw?lkten Stunden durch unsere Verwünschungen soviel Unrecht tun. H?rst Du sie nicht auch? segnest Du sie nicht auch? Wie sich alles, alles vereinigt, alles vereinigen mu?--Warum antwortest Du mir denn nicht?
Neunter Brief
Rothe an den Obristen von Plettenberg
Hier überschick ich Ihnen, mein G?nner! einen mir auf mein Gewissen anvertrauten Brief Ihrer Gr?fin Nichte. Es deucht mir, er enthalte eine nochmalige Vorbitte für den armen Herz, für dessen Schicksal in Amerika ihr bange ist. Er ist in der Tat nicht zum Soldaten gemacht, so sehr er sich's zu sein einbildet. W?re es nicht m?glich, da? Sie ihn dem Kurfürsten zu ** empfehlen k?nnten, zu der erledigten Hofjunkerstelle. Ich werde ihn Ihnen selber nach Zelle bringen und über verschiedene Umst?nde seines Herkommens und seiner bisherigen Schicksale Ihnen mündlich n?here Aufschlüsse geben.
Zehnter Brief
Herz an Rothe
Ewige Wonne ruhe auf diesem Tage und unter dem Schimmer des rosenl?chelnden Himmels müssen sich an demselben zwo gro?e Seelen, die das unerbittliche Schicksal lang voneinander trennte, im h?chsten Taumel der Liebe küssen.
La? mich zu mir selber kommen, Rothe, ich kann nicht reden--kann die Gefühle nicht ausdrücken--aber wenn es je Entzücken auf Erden gibt, so war es das. Sie wiederzusehn--nach so langem Schmachten--so wiederzusehn--siehst Du, alle die Wonne schneidt mir ins Herz, ich sitze da, halb ohne Atem, alle meine Pulse hüpfen, zittern für Freude und eine wollüstige Tr?ne über die andere stürzt sich aus meinen Augen herab.
Die Geschichte dieses Tages--da? Du doch das alles nicht gesehen hast! Wie kann ich's erz?hlen? Ich kam mit dem Maler. Nein, ich schickte den Maler voraus und nach einem Weilchen kam ich nach. Sie sa? ihm schon--sa? da in aller ihrer Herrlichkeit--und ich konnte mich ihr gegenüberstellen und mit nimmersatten Blicken Reiz für Reiz, Bewegung für Bewegung einsaugen. Das war ein Spiel der Farben und Mienen! Wenn der Himmel mir in dem Augenblick aufgetan würde, k?nnt' er mir nichts Sch?ners weisen. Das Vergnügen funkelte aus ihren Augen, o welch eine elysische Jugend blühend und düftend auf ihren Wangen, ihr L?cheln zauberte mir die Seele aus dem K?rper in das weite Land grenzenloser Chim?ren. Und ihr Busen, auf dem sich mein ehrfurchtsvoller Blick nicht zu verweilen getraute, den Güte und Mitleid mir entgegenhob--Bruder, ich m?chte den ganzen Tag auf meinem Angesicht liegen, und danken, danken, danken--
Eilfter Brief
Herz an Rothen
Welch ein schreckliches Ungewitter hat diesen himmlischen?Sonnenschein abgel?st! Rothe, ich wei?
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