Der Verschwender | Page 9

Ferdinand Raimund
starb. Vom Undank nicht beweint, von dir allein. Du wardst der Güter Herr, und nun erkannt ich erst, da? alles, was ich für dein Wohl zu tun gedachte, durch deine Leidenschaft dir einst zum Unglück werden kann. Ich konnte meinem Herzen l?nger nicht gebieten, ich führte dich hieher und hab seit dieser Zeit mein h?chstes Glück in deiner Lieb gefunden. Nun ist der Traum vorüber. Meine Perlen sind verschwendet, und die letzte mu?t ich heut noch deinem Wohle opfern. Einst hab ich nicht bedacht, da? sie das Sinnbild bittrer Tr?nen werden k?nnte.
Flottwell. O Cheristane! was hast du getan? Ich la? dich nicht und werfe alles hin, wenn du mir bleibst. Und ziehst du fort, nimm auch mein Leben mit.
Cheristane. Oh, du bist freigebig gleich einem K?nig, du k?nntest eine Welt verschenken, um einer Mücke Dasein zu erhalten. Doch ich will deine Gro?mut nicht mi?brauchen. Schenk mir ein Jahr aus deinem Leben nur. Ein Jahr, das ich mir w?hlen darf, auf das du nie mehr Anspruch machst.
Flottwell. Oh, nimm es hin! Nimm alles hin! Nimm dir das glücklichste, das einzige, das die nichtswürdge Seligkeit umf?ngt, die ich noch ohne dich genie?en kann.
Cheristane. Ich danke dir, ich werde dich nicht hart berauben. Und nun bin ich gefa?t, fall ab, du irdscher Tand! Nur dieser Fels mag ein geheimnisvoller Zeuge sein, da? Cheristane einst auf Erden hat geliebt. (Wehmütige Musik. Sie verwandelt sich in die Gestalt einer reizenden Nymphe. Zugleich verwandelt sich die Hütte in einen Fels, der mit Blumen umwunden ist, von Palmen gleich Trauerweiden überschattet wird und in welchem der Name Cheristane eingegraben ist. Die praktikablen Blumen neigen sich, und aus den Gestr?uchen heben sich zarte Genien und sinken trauernd zu Cheristanens Fü?en.) Die Sonne sinkt, die Blumen neigen ihre H?upter, und meine Genien weinen still, weil sie mit mir die sch?ne Erde meiden müssen. Die Zeit ist da! Verbannung winkt!
(Musik.)
Flottwell (stürzt bewegt zu ihren Fü?en). O Cheristane! T?te mich!
Cheristane. Hab Dank für deine sü?e Treu, mein teurer Erdenfreund! Was mich betrübt, ich darf es dir nicht sagen, darf dir nicht unser künftig Los enthüllen, doch k?nntest du des Donners Sprache und des Sturms Geheul verstehen, du würdest Cheristane um dich klagen h?ren. Oh, k?nnt ich meine Lieb zu dir in aller Menschen Herzen gie?en, ich würde reich getr?stet von dir ziehn! (Sie geht in die Kulisse. Die Genien folgen ihr. Musik beginnt. Cheristane fliegt auf Rosenschleiern, die ein geschwelltes Segel formen, von Genien, welche zart gemalt sind, umgeben, so da? das Ganze eine sch?ne Gruppe bietet, langsam aus der Kulisse über den See, in welchem sich pl?tzlich die ganze Gruppe abspiegelt. In diesem Augenblick blickt sie noch einmal wehmutsvoll auf Flottwell und ruft.) Julius, gedenke mein! (Dann verhüllt sie sich schnell in den dunklen Schleier ihres Hauptes, das sie trauernd beugt, und pl?tzlich verwandeln sich die rosigen Segelschleier in Trauerfl?re, sowie die Gruppe der Genien nun in abendlicher Beleuchtung gemalt wie durch einen Zauberschlag erscheint. Der rosige Himmel umw?lkt sich düster, und nur aus einem unbew?lkten Feld schimmern ihr noch bleiche Sterne nach. Indem Cheristane in die entgegengesetzte Kulisse schwebt und)
Flottwell (auf den Fels sinkt und ausruft) O Gott, la? mich in meinem Schmerz vergehn! (f?llt der Vorhang langsam.)

Zweiter Aufzug
Drei Jahre sp?ter

Erster Auftritt
Morgen. Im Hintergrunde die Hauptfronte von Flottwells neuerbautem Schlosse. An dem Fu?e der breiten Stufen, welche zu dem palastartigen Portale führen, sitzt ein Bettler. Abgetragne Kleider, doch nicht zerlumpt. Wanderstab. Sein Haar ist grau, und tiefer Gram malt sich in seinen Zügen. Die Morgensonne beleuchtet ihn. Seitw?rts ist ein Gittertor, durch welches man in den Schlo?garten sieht. In der Ferne erblickt man auf einem Hügel das früher bewohnte Schlo? Flottwells. Die Fenster des neuen Schlosses sind ge?ffnet, in dem gro?en Saale brennen noch Lichter.
Flottwell und einige G?ste lehnen am Fenster.
Chor (im Tafelsaale). La?t brausen im Becher den perlenden Wein! Wer schlafen kann, ist ein erb?rmlicher Wicht. Und guckt auch der Morgen zum Fenster herein, Ein rüstiger Zecher lacht ihm ins Gesicht. Ha! ha! ha! ha! (Schallendes Gel?chter.)
Der Bettler (zugleich mit dem Chor). Oh, h?rt des armen Mannes Bitte Und reicht ihm einen Bissen Brot! Der Reichtum thront in eurer Mitte, Mich drückt des Mangels bittre Not. (Das Gel?chter beantwortet gleichsam sein Lied.)
Chor. Die düsteren Sorgen werft all über Bord! Ein Tor, der die Freude nicht m?chtig erfa?t. Das Leben h?lt ja nur dem Fr?hlichen Wort, Wer niemals geno?, hat sich selber geha?t. Ha! ha! ha! ha!
Bettler. Oh, la?t mich nicht vergebens klagen, Seid nicht zu stolz auf eure Pracht! Ich sprach wie ihr in goldnen Tagen, Drum straft mich jetzt des Kummers Nacht. (Er senkt sein Haupt.)
(Valentin und Rosa kommen aus dem Garten.)
Valentin. Ich hab dir schon hundertmal gesagt, da? du mit dem Kammerdiener nicht so grob sein sollst. Du wei?t, was er für ein boshafter Mensch ist, am End verschw?rzt er uns beim Herrn.
Rosa. Still sei und
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