Der Verschwender | Page 2

Ferdinand Raimund
und
Menschen, die keines geben. Das bestimmt meine Dienstfertigkeit.
Fritz. Ich finde, daß er sehr höflich ist.
Johann. Da wird er vermutlich sehr wenig geben. Wer mich mit
Höflichkeit beschenkt, macht mich melancholisch. Aber wenn mir
einer so einen Dukaten hinwirft und zuruft: Schlingel, heb ihn auf! da
denk ich mir: Ha! welch eine Lust ist es, ein Schlingel zu sein!

Zweiter Auftritt
Vorige. Pralling.
Pralling (tritt einen Schritt aus seinem Kabinett und ruft). He!
Bediente!
Beide (sehen sich um). Ja! Befehlen?
Pralling. Ich habe schon zweimal geklingelt. Wollen Sie so gefällig
sein, mir Rum zu bringen?
Johann (vornehm nickend). Sogleich, mein Herr! (Zu Fritz.) Hast du
den gehört? Der hat mir in sechs Wochen noch keinen Pfennig
Trinkgeld gegeben, und ein solcher Mann hat bei mir keinen Anspruch
auf Rum zu machen. Den laß ich warten.
Fritz. Oh, auf den acht ich auch nicht. Der Herr hält ja nicht viel auf
ihn.
Johann. Das ists, auf was man sehen muß. Auch der Kammerdiener
mag ihn nicht.
Fritz. Nun, wenn ihn der nicht mag, da kann er sich bald aus dem
Schlosse trollen. Der wird ihn schon gehörig zu verleumden suchen.

Johann. Ja, der reitet auf der Gunst des gnädgen Herrn, und niemand
kann ihn aus dem Sattel werfen.
Fritz. Du kennst ja seinen Wahlspruch: Alles für den Nutzen meines
gnädgen Herrn, und dabei stopft er sich die Taschen voll.
Johann. Das wird aber auch eine schöne Wäsche geben, wenn dem
seine Betrügereien einmal ans Tagslicht kommen. Ich kenne keinen
raffinierteren Schurken. Da ist unsereiner gerade nichts dagegen.

Dritter Auftritt
Vorige. Wolf aus dem Kabinette rechts. Sein Betragen ist gegen Diener
sehr nobel stolz, gegen Höhere sehr demütig.
Wolf (hört die letzten Worte). Schon wieder Konferenz? Von wem war
hier die Rede?
Johann. Von einem guten Freund.
Wolf. Nu ihr seid solcher Freundschaft wert! Ist alles besorgt? Die
Gäste bedient?
Johann. Auf das pünktlichste!
Wolf. Der gnädge Herr läßt euch verbieten, von den Gästen Geschenke
anzunehmen. Ihr habt sie von seiner Freigebigkeit zu fordern.
Beide. Dann haben wir dadurch gewonnen.
Wolf. Seid uneigennützig. Das ist eine große Tugend.
Johann. Aber eine sehr schwere--nicht wahr, Herr Kammerdiener?
Wolf. Wo ist der Valentin? Hat er die Quittung von der Sängerin
gebracht?
Fritz. Er ist noch nicht zurück, obwohl der gnädige Herr befohlen hat,

er müßte bei der Jagd erscheinen, damit die Herren auf der Jagd etwas
zu lachen hätten.
Wolf (lächelnd). Ein wahrhaft unschädlicher Bursche.
Johann. Da sollten doch der Herr Kammerdiener ein Werk der
Barmherzigkeit ausüben und den gemeinen Kerl aus dem Hause
bringen.
Wolf. Gott bewahre mich vor solcher Ungerechtigkeit. Das wäre gegen
die Gesinnung meiner gnädgen Herrschaft. Der Bursche ist zwar plump
und roh, doch gutmütig und treu. Dann steht er in der Gunst des Herrn,
der seine Diener alle liebt wie eigne Kinder. Ja das ist wohl ein seltner
Mann, der in der Welt nicht seinesgleichen findet. Und wollte man sein
Lob in Büchern schreiben, man würde nie damit zu Ende kommen.
Drum dankt dem Himmel, der euch in dies Haus geführt, denn wer ihm
treu dient, der hat sich wahrlich selbst gedient. Das Frühstück für den
gnädgen Herrn!
Fritz. Sogleich! (Geht ab.)
Johann (im Abgehen). Die Moralität dieses Menschen wird mich noch
unter die Erde bringen. (Ab.)
Wolf. Das sind ein paar feine durchgetriebne Schufte. Die muß ich mir
vom Halse schaffen.

Vierter Auftritt
Voriger. Baumeister Gründling.
Gründling. Guten Morgen, Herr Kammerdiener, kann ich die Ehre
haben, Herrn von Flottwell meine Aufwartung zu machen?
Wolf. Herr Baumeister, ich muß um Verzeihung bitten, aber Seiner
Gnaden haben mir soeben befohlen, Sie bei jedermann zu
entschuldigen, denn Sie machen heute eine Jagdpartie.

Gründling. Wissen Sie nicht, Herr Kammerdiener, ob Herr von
Flottwell meinen Plan zu dem Bau des neuen Schlosses für gut
befunden hat?
Wolf. Er hat ihm sehr gefallen. Nur hat sich der Umstand ereignet, daß
ihm auch ein anderer Baumeister einen ähnlichen Plan vorgelegt hat
und sich erbietet, das Schloß in derselben Größe um zehntausend
Gulden wohlfeiler zu bauen.
Gründling. Das tut mir leid, aber als ehrlicher Mann kann ich es nach
seinen Anforderungen nicht wohlfeiler bauen. Ich übernehme diesen
Bau überhaupt mehr aus Ehrgeiz als aus Gewinnsucht, hat aber Herr
von Flottwell einen Künstler gefunden, von dem er sich Schöneres oder
Besseres verspricht, so werde ich mich zu bescheiden wissen.
Wolf. Das heißt, es ist Ihnen nichts daran gelegen.
Gründling. Im Gegenteil, es ist meiner Ehre sehr viel daran gelegen.
Wolf. Ja dann müssen Sie Ihrer Ehre auch ein kleines Opfer bringen.
Gründling. Es wäre sehr traurig für die Kunst, wenn es mit ihr so weit
gekommen wäre, daß die Künstler Opfer bringen müßten, um
Gelegenheit zu finden, ein Kunstwerk hervorzubringen. Die Kunst zu
unterstützen, ist ja der Stolz der Großen, und eine ökonomische
Äußerung wäre an dem geldberühmten Herrn von Flottwell etwas
Unerhörtes.
Wolf. Sie
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